Archive

V2 Garantiert ankommen- Mobilitätsgarantie für Bayern!

22.09.2023

Wir fordern:

In Bayern und Deutschland soll eine Mobilitätsgarantie nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen eingeführt werden. Das zeitnahe Erreichen eines Reisezieles soll garantiert und Mehrkosten durch den ausfall- oder verspätungsbedingten (mehr als 20 min) Umstieg auf andere Verkehrsmittel kompensiert werden.

Für den Umstieg von Nah- auf Fernverkehr soll das bestehende Ticket durch ein kostenloses Upgrade weiter nutzbar sein. Für Taxi, Fernbus sowie Car-/Bike-/E-Roller-Sharingsysteme sollen einfache Möglichkeiten der Ticketübertragung mit den Verkehrsbetrieben und unternehmen ausgehandelt werden. Diese sollen möglichst ohne Vorauszahlungen und unbürokratisch möglich sein.

Begründung:

Den Umstieg auf Bus und Bahn muss angenehmer und attraktiver gestaltet werden. Verspätungen von Bussen, Ausfällen von Zügen – Beispiele von vielen, warum heute noch öfter auf das Auto zurückgegriffen wird, als auf den öffentlichen Nahverkehr. Wer pünktlich sein will, kann sich auf Bus und Bahn häufig nicht verlassen. Hier liefert die Mobilitätsgarantie Sicherheit: Wenn sich der Bus oder die Bahn (RE/RB) im Nahverkehr um mindestens 20 Minuten verspätet oder ausfällt, kann auf einen Fernverkehrszug (IC/ICE), auf ein Taxi oder auf das Car-/Bike-/E-Roller-Sharingsystem ohne Mehrkosten umgestiegen werden und das Ziel dennoch erreicht werden.

Grundsätzlich soll die Erstattung so barrierefrei und niedrigschwellig wie möglich ablaufen, damit alle von der Mobilitätsgarantie profitieren können. Nicht jede*r kann mal eben das Geld für ein ICE-Ticket auslegen. Wir sehen die Mobilitätsgarantie als kurzfristiges Mittel, das den Weg zu unserem Ziel des ticketfreien ÖPNVs ebnen soll. Des Weiteren setzt die finanzielle Mehrbelastung zusätzliche Anreize, Verspätungen oder Zugausfälle zu vermeiden.

U6 Natur für alle- Schwammerlparagraph ausweiten!

22.09.2023

Wir fordern:

In Deutschland soll das sog. “Jedermannsrecht” nach skandinavischem Vorbild eingeführt werden. Dies ermöglicht der Allgemeinheit die Erfahrbarkeit der Natur unabhängig der Besitzverhältnisse des Bodens, sofern kein oder nur geringer Einfluss ausgeübt wird.                 Das Jedermannsrecht soll für alle gelten, die sich in Deutschland aufhalten. Zur Nutzung ist kein Geld oder Erlaubnis notwendig und es kann nicht ohne guten Grund verwehrt werden. Das  Recht darf nur ausgewirkt werden, wenn es keinen oder minimalen Schaden auf die Umwelt auswirkt und keine Störungen erzeugt. Die Grundbesitzverhältnisse haben keinen Einfluss auf die Ausübung des Rechts. Ausgenommen sind Privatgelände, kultivierte Felder, Gelände unter spezieller Nutzung (u.a. Übungsgelände) sowie Naturschutzgebiete.                                                 Das Jedermannsrecht erlaubt es, die Natur für Freizeitaktivitäten wie etwa Ski- und Radfahren, Spazierengehen, Gassigehen mit Hunden und Pferdereiten zu überqueren. Wird der Einfluss auf die Natur geringgehalten (z.B. Müll wieder eingesammelt) erlaubt das Jedermannsrecht Kampieren und Picknicken auf jeder Fläche in der Natur für eine begrenzte Zeit. Sofern es sich nicht um geschützte Arten handelt, haben alle das Recht in geringen Mengen wilde Beeren, Blumen und Pilze zu pflücken oder etwa Tannenzapfen zu sammeln. Angeln ist in Einklang mit allen bestehenden Schutzregeln, Vorgaben sowie Angelschein in allen natürlichen Gewässern zu erlauben. Die Jagd ist davon ausdrücklich ausgenommen.

Begründung:

Grund und Boden sind kein Gut, wie jedes andere – es gibt keine Fabrik, die mehr und mehr Boden produziert. So scheint es reichlich absurd, dass im 21. Jahrhundert Boden wie jedes andere kapitalistische Gut gehandelt wird. Die explodierenden Mietpreise sind nur ein Ausdruck davon. Wir als demokratische Sozialist:innen wissen, dass Grundbesitz über das eigene Zuhause hinaus nie Privatsache sein darf. Wir müssen die Debatte fortführen, die Hans-Jochen Vogel Zeit seines Lebens vorangetragen hat, und darüber reden, wie wir die begrenzte Ressource Boden in unserer Gesellschaft organisieren wollen.                                                                                                 Zu der Debatte müssen zweifelsohne Besitzverhältnisse einbezogen werden, aber das ist nur der grobe Hammer: Wir müssen auch über die Nutzung des Grunds reden. Das skandinavisch “Jedermannsrecht” ist ein fantastisches Werkzeug, um die Machtverhältnisse der Besitzenden aufzuweichen, indem mit dem Eigentum über den Boden nicht auch jegliche Macht über diesen einhergeht: Wer keinen Schaden verursacht, darf auch gegen den ausdrücklichen Willen des Besitzers den Grund nutzen.                                                                                                                    Dank dem Genossen Hoegner ist das Jedermannsrecht bereits in Artikel 141 der bayerischen Verfassung, dem sog. “Schwammerlparagraphen”, angelegt. Gerade aber für die Landnutzung zum Kampieren wäre eine explizites Rechtsgebung wünschenswert. Außerdem sollte dies ebenso in ganz Deutschland eingeführt werden. Für den Anfang sollen Gemeinden einen Fernwandercampingplatz für eintägige Übernachtungen zur Verfügung stellen, welche ein Minimum an Ausstattung, wie Sanitäranlagen und Müllentsorgung bereitstellen. Kleinere Gemeinden mit geringer Fläche oder Einwohnerzahl, soll es möglich sein mit einer Nachbargemeinde einen solchen Platz zu betreiben.

S2 Solidarität für Betroffene von Long Covid und ME/CFS

12.09.2023

Adressat*innen: Bezirkskonferenz der Jusos Oberbayern, SPD Bezirksparteitag,
 Bezirksvorstand der SPD Oberbayern, Landeskonferenz der Jusos Bayern, Landesparteitag
 der Bayern SPD, SPD Landesvorstand, Juso Bundeskongress, SPD Bundesparteitag SPD-
 Landtagsfraktion, SPD-Bundestagsfraktion

 

 Forschung:

 Die SPD wird aufgefordert, im Bundestag einen Antrag auf Etablierung eines
 biomedizinischen Long Covid und Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue-Syndrom
 (ME/CFS) Therapieforschungsfonds auf Bundesebene mit einem Volumen von mindestens 500
 Millionen Euro zu forcieren. Dessen Mittel sollten für alle Schritte des Prozesses,
 von der Erforschung der Pathomechanismen bis zur Finanzierung von Zulassungsstudien
 von Medikamenten wie z.B. BC007, zur Verfügung gestellt werden. Über die Vergabe der
 Mittel sollte das BMG unter Einbeziehung von z.B. dem Fatigue Zentrum Charité und
 Patient*innenorganisationen entscheiden.

 

 Anerkennung:

 Obwohl viele Menschen nach einer Coronainfektion mit massiven Beschwerden zu kämpfen
 haben, werden diese Beschwerden regelmäßig geleugnet und gar keine oder überraschend
 niedrige Grade der Behinderung gewährt. Dies geschieht meistens trotz erfolgter
 Diagnose. Daher fordern wir alle relevanten Stellen auf, sicherzustellen, dass diese
 Schwierigkeiten für Betroffene aufhören.

 

 Teilhabe:

 Einige Betroffene sind bei individueller Rücksichtnahme auf Ihre Symptome in der Lage
 eingeschränkt am Leben teilzuhaben. Leider ist es so, dass Schulen, Berufsschulen,
 Universitäten und Arbeitgeber*innen oft solche Maßnahmen verweigern. Das schließt
 Millionen Menschen unnötigerweise aus dem Erwerbs- und Sozialleben aus. Es braucht
 Nachteilsausgleiche. Die Möglichkeit soll geschaffen werden, auch Online an Bildung
 teilzuhaben. Arbeitgeber*innen sollten Betroffenen durch u.a. flexible Arbeitszeiten,
 Home-Office, Zuteilung von einfacheren Aufgaben oder Teilzeit den Verbleib im
 Erwerbsleben ermöglichen.

A1 Die Mindestlohnkommission – ist das eine Kommission oder kann die weg?

12.09.2023

Antragsteller*innen: Bezirksvorstand Jusos Oberbayern

 Adressat*innen: Bezirkskonferenz Jusos Oberbayern, Landeskonferenz Jusos Bayern,
 Bundekongress Jusos, SPD Oberbayern Bezirksparteitag, SPD Bayern Landesparteitag, SPD
 Bundesparteitag

 

 Antrag:

 Die Mindestlohnkommission muss dringend reformiert werden. Die kürzlich getroffene
 Entscheidung, den Mindestlohn nur um 41 Cent zu erhöhen ist ein Schlag ins Gesicht
 der Arbeitnehmer*innen und zeigt den dringenden Reformbedarf dieser Kommission.

 

 Konkret fordern wir:

  •  Die Festlegung des Mindestlohns muss sich auf den zuvor geltenden Betrag
     beziehen. Auch politisch beschlossene Erhöhungen müssen dabei selbstverständlich
     berücksichtigt werden.
  •  Eine Entscheidung gegen die geschlossene Abstimmung der Arbeitnehmer*innen-Seite
     darf zukünftig nicht möglich sein.
  •  Die Bundesregierung muss die Möglichkeit bekommen, die Höhe des Vorschlags der
     Mindestlohnkommission nach oben korrigieren können, wenn es die politische
     Situation erfordert oder muss Vorschläge zur Korrektur an die
     Mindestlohnkommission zurückweisen können
  •  Die Bundesregierung soll schnellstmöglich, spätestens zum 01.01. die EU-
     Mindestlohnrichtlinie umsetzen. Diese beinhaltet einen Mindestlohn bei 60% des
     Medianeinkommens. Für Deutschland liegt der Betrag damit aktuell bei 14€.

V1 Automobilindustrie transformieren - Mobilitätswende, Eigentumswende, Industriewende

12.09.2023

Adressat*innen: Juso Bezirkskonferenz, Juso Landeskonferenz, Juso Bundeskongress, SPD
 Bezirksparteitag, SPD Landesparteitag, SPD Bundesparteitag

 Mitglieder der Jusos München, der IG Metall Jugend München und von Fridays for Future
 München haben auf einem gemeinsamen Seminar über die Transformation der
 Automobilindustrie diskutiert. Dabei haben wir gelernt, dass es sowohl bereichernd
 als auch anstrengend ist, den eigenen Organisationshintergrund zu verlassen.
 Gleichzeitig Verbindendes zu bestärken und Trennendes zu überwinden ist eine
 notwendige Voraussetzung für eine demokratische Veränderung unserer Gesellschaft.

 Gemeinsame Ausgangsanalyse: Die Klimakrise und die Notwendigkeit zu handeln

 Die Klimakrise bedroht unsere Welt existenziell. Wir sind uns darüber einig, dass die
 aktuellen Zustände radikale Antworten erfordern. Wir sind uns auch darüber einig,
 dass die Antworten Politische sein müssen. Die Verhaltensänderung von Individuen ist
 nicht ausreichend und deshalb nicht geeignet, um die Klimakrise aufzuhalten.

 Unterschiedliche Interessen resultieren aus unterschiedlichen Lebenswelten und
 Lebensrealitäten. Es ist die Aufgabe der demokratischen Gesellschaft, diese
 Interessenkonflikte zu akzeptieren und zu moderieren. Durch inhaltlichen Austausch –
 wie zum Beispiel das oben erwähnte Seminar – ist es möglich, andere Interessen besser
 zu verstehen und zu erkennen, dass Interessenkonflikte nicht immer ein “Entweder-
 Oder” bedeuten müssen. Vielmehr sind unterschiedliche Interessen oft ein Ausdruck von
 verschiedenen Blickwinkeln auf dasselbe Problem.

 In der aktuellen Demokratie haben verschiedene Interessenvertreter*innen
 unterschiedliche Stellungen. Dabei kommen gerade junge Menschen zu wenig zu Wort und
 Wirtschaftslobbyist*innen sorgen dafür, dass die Interessen großer Konzerne viel
 stärker gewichtet werden als die Interessen der Vielen in unserer Gesellschaft oder
 die klaren Warnungen aller seriöser Klimamodelle.

 Das verbleibende CO2-Budget, das uns noch zur Verfügung steht, um das 1,5-Grad-Ziel
 zu erreichen, wird, wenn wir dem aktuellen kapitalistischen Kurs folgen, um ein
 Vielfaches überschritten werden. Nur, wenn wir es schaffen, Emissionen drastisch zu
 reduzieren, ist der Erhalt der Welt, wie wir sie kennen, möglich. Nur durch radikale
 Veränderung ist eine Sicherung guten Lebens auf diesem Planeten möglich.

 Unser gemeinsames Ziel: Klimagerechtigkeit

 Bei der Transformation der Automobilindustrie ist aus Klimaschutz-Perspektive
 Geschwindigkeit ausschlaggebend. Dekarbonisierung muss schnell passieren und anders
 als in der Vergangenheit in der Industrie als eine Herausforderung der Gegenwart und
 nicht der Zukunft verstanden werden. Eine Orientierung am CO2-Budget gemäß dem
 Pariser Abkommen macht den kurzfristigen Handlungsdruck sichtbar. Klimagerechtigkeit
 bedeutet für uns, den nationalen Ausstoß von Klimagasen vor 2035 auf null zu
 reduzieren. Darüber hinaus sollte auch die globale Verantwortung Deutschlands – als
 reiches Land des globalen Nordens mit hohen historischen Emissionen – gegenüber
 Ländern des globalen Südens, die schon heute viel stärker von den Folgen der
 Erderhitzung betroffen sind, bedacht werden.

 Unter einer Transformation verstehen wir einen grundlegenden Wandel. Es ist ein
 Prozess der wesentlichen Veränderung vom aktuellen IST-Zustand hin zu einem
 angestrebten Ziel. Zur Bewältigung einer Transformation bedarf es einer oder mehreren
 Strategien. Transformation passiert auch, wenn wir sie nicht gestalten – wir müssen
 sie nach unseren Vorstellungen beeinflussen.

 Die Transformation der Automobilindustrie umfasst für uns vor allem drei
 Diskussionsstränge: Zuerst wollen wir klären, wie wir mit Autos und ihrer Rolle im
 Verkehr umgehen wollen. Dann beschreiben wir, wie die aktuellen Eigentumsverhältnisse
 der Transformation der Automobilindustrie hin zu einer CO2-sparenden Produktion
 entgegenstehen. Abschließend zeichnen wir unsere Vision der Industrie der Zukunft.

 Unsere Diskussionen verliefen oft entlang der Feststellung, dass einerseits ein
 kurzfristiges klimapolitisches Handeln notwendig ist, andererseits in der
 kapitalistischen Produktionsweise Klimagerechtigkeit nie erreicht werden kann. Wir
 wünschen uns Veränderungen, die grundlegend sind. Deshalb wollen wir kurzfristig und
 solidarisch für Klimaschutz in der kapitalistischen Welt, in der wir leben, kämpfen.

 Gleichzeitig arbeiten wir an einer Gesellschaftsutopie, die solidarisch und mit
 Verantwortung gegenüber künftigen Generationen am Erhalt unserer Lebensgrundlage
 arbeitet, gute Arbeits- und Lebensbedingungen sichert und Kapitalinteressen, die dem
 entgegenstehen, überwindet. Wir wissen aber, dass diese grundlegenden Veränderungen
 nur demokratisch gelingen können.

 MOBILITÄTSWENDE: MOBILITÄT FÜR UNS MENSCHEN – NICHT DIE AUTOS

 Unsere Analyse: Das aktuelle Verkehrssystem ist klimaschädlich und sozial ungerecht.

 Aktuell ist unser Mobilitätssystem auf das Verkehrsmittel Auto ausgerichtet. Dies
 wird bspw. an der Gestaltung von Städten sichtbar. So werden zum Beispiel in München
 45% der Wege mit dem Auto zurückgelegt.

 Ein Auto in Deutschland kostet unsere Gesellschaft rund 5000 € im Jahr.

 Diese Kosten beinhalten vor allem gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen. Sie
 entstehen durch gesundheitliche Schäden für die Bevölkerung, z.B. Lärmbelastung und
 Schadstoffbelastung, aber auch die langfristigen Auswirkungen der Klimakrise. Diese
 Kosten tragen auch Menschen, die kein Auto fahren. Der ÖPNV hingegen wird
 nutzer*innenorientiert finanziert. Mobilitätskonzepte, deren Hauptfokus der
 motorisierte Individualverkehr ist, können nicht sozial gerecht sein. Diese
 Ungerechtigkeiten werden sichtbar in den Aspekten Sicherheit, finanzielle
 Exklusivität durch hohe Haltungs- und Betriebskosten und mangelnde Barrierefreiheit.

 Das autozentrierte Mobilitätskonzept beinhaltet auch eine starke Komponente der
 Geschlechterungerechtigkeit: Das soziale Geschlecht hat nämlich in Kombination mit
 anderen ökonomischen und sozialen Faktoren aufgrund von Rollenzuschreibung und –
 erwartungen Auswirkungen darauf, wie wir uns fortbewegen (wollen). Wer viel Care-
 Arbeit übernimmt, hat oft kleinteiligere Wege zu bewältigen die einfacher zu Fuß, mit
 dem Fahrrad oder ÖPNV zurückgelegt werden können. Die autozentrierte Verkehrsplanung
 ist in einer Gesellschaft, in der das Auto Männlichkeit rekonstruiert, Ausdruck der
 tief in der Gesellschaft verankerten patriarchalen Strukturen.

 Doch auch der ÖPNV und öffentliche Räume wie Parks oder Grünflächen entsprechen
 momentan nicht ausreichend unseren Ansprüchen an barrierearme und
 geschlechtergerechte Planung.

 Viele FINTA* (Frauen, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender) Personen
 meiden, besonders am Abend oder in der Nacht, bestimmte Wege aus Angst vor sexuellen
 Übergriffen. Wer es sich leisten kann, weicht deshalb notgedrungen auf die Nutzung
 eines Autos aus.

 Der öffentliche Personennahverkehr, Fußgänger*innenwege und Fahrradwege sind voller
 Barrieren und schließen Personen mit Mobilitätseinschränkungen genauso wie Familien
 mit Kinderwagen systematisch aus.

 Die meisten Menschen sind auf die Nutzung eines Autos geprägt und der Besitz gilt
 immer noch als Statussymbol. Es gibt Personengruppen, die auf das Auto angewiesen
 sind. Insgesamt entsteht durch die aktuell stark erhöhten Sprit-Preise infolge des
 Ukraine-Kriegs und des Gewinnstrebens der Mineralölkonzerne eine hohe finanzielle
 Belastung ohne Ausweg für einen Großteil der Bevölkerung.

 Unsere Gesellschaft braucht also eine umfassende und rasche Mobilitätswende.

 Wir fordern die Umgestaltung vom autogerechten Mobilitätssystem hin zu einem
 menschengerechten. Jeder Mensch soll sich unabhängig von ökonomischen, sozialen,
 demografischen und körperlichen Voraussetzungen frei im Verkehrssystem bewegen
 können.

 Weniger Individualverkehr und mehr ÖPNV

 Im Mobilitätsverhalten muss es eine Verlagerung weg vom motorisierten
 Individualverkehr (MIV) hin zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geben. Damit
 dies gelingt, muss der ÖPNV massiv ausgebaut werden und der MIV auf das Mindestmaß
 begrenzt werden.

 Ausbau des ÖPNVs (bedürfnisorientiert, barrierearm)

 Dabei ist es elementar, dass der Aus- und Umbau des ÖPNVs bedürfnisorientiert
 geschieht. So sollen Barrieren überwunden werden, zum Beispiel durch verständliche
 Stationsansagen und Beschilderungen und gut zugängliche Aufzüge. Außerdem sollen
 feministische Perspektiven in die Planung des Umbau des ÖPNVs einfließen. Das heißt
 bessere Ausleuchtung von Bahnhöfen und eine höhere Taktung der öffentlichen
 Verkehrsmittel. Ein klimaneutraler ÖPNV muss mit erneuerbaren Energien betrieben
 werden. Die Kosten des ÖPNVs sollen außerdem solidarisch durch einen
 einkommensabhängigen Beitrag auf die gesamte Gesellschaft verteilt werden.

 Autofreie Zonen in Städten

 Die Reduzierung des MIV soll durch Pilotprojekte, wie z. B. das autofreie Tal in
 München, vorangetrieben werden. Unser Ziel ist es, den MIV aus den Innenstädten zu
 verbannen. Für einen barrierearmen und gerechten Zugang (nicht alle Menschen können
 zu Fuß gehen oder Fahrrad bzw. ÖPNV nutzen) sind Mobilitätsmöglichkeiten wie Shared
 Taxis notwendig. Push-Maßnahmen, wie die alternative Nutzung und die gezielte
 Bepreisung von Parkplätzen, können dabei die Bevölkerung zur umwelt- und
 sozialverträglichen Mobilität bewegen.

 Umverteilung des öffentlichen Raums

 Durch die Begrenzung des MIVs werden v. a. in der Stadt neue Flächen frei. Diese
 neuen Freiräume können beispielsweise für kulturelle und soziale Projekte verwendet
 werden. Außerdem entsteht mehr Platz für die Mobilitätsformen des Umweltverbundes, z.
 B. für Fußgehende und Fahrradfahrende. Besonders Synergien mit der Klimaanpassung
 durch neue Grünflächen müssen genutzt werden. Langfristig kann eine Neuverteilung der
 Fläche stattfinden, die unbedingt zugunsten der Menschen und der Umwelt passieren
 muss.

 Wir brauchen auch eine Antriebswende

 Wenn MIV, dann klimaneutral

 Wie zuvor gezeigt, braucht es vordergründig eine Verlagerung des Verkehrs vom MIV hin
 zum Umweltverbund. Allerdings ist auch klar, dass ein gewisser Restbedarf an MIV
 bleiben wird. Dies betrifft beispielsweise mobilitätseingeschränkte Personen,
 Lieferverkehr und Handwerker*innen. Die essentielle Herausforderung in der
 Transformation der Automobilindustrie ist es somit, Produkte anzubieten, die hohen
 sozialen und ökologischen Standards folgen. Dafür braucht es eine Antriebswende – das
 bedeutet eine Abkehr von Antrieben, die mit fossiler Energie betrieben werden – 
 
sowie den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen bzw. den Einsatz recyclingfähiger
 Materialien im Sinne einer Kreislaufwirtschaft.

 Batterieelektrische Antriebe sind die Nachhaltigsten für MIV

 Die aktuell effizienteste und nachhaltigste Antriebstechnologie ist die von Batterie-
 Elektrofahrzeugen (Abkürzung: BEV). Daher soll sowohl von staatlicher als auch
 unternehmerischer Seite diese Technologie und ihre weitere Erforschung und
 Verbesserung gefördert werden.

 Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge (Abkürzung: FCEV) lehnen wir
 als Lösung für die Antriebswende der Privat-PKWs ab. Allgemein haben Brennstoffzellen
 einen sehr ineffizienten Wirkungsgrad und Grüner Wasserstoff wird in naher Zukunft in
 anderen Bereichen (Luftfahrt, Schwerlasttransport, Chemieindustrie) benötigt.

 Deshalb sollte auch für genau diese Bereiche die Forschung für mit Grünem Wasserstoff
 betriebene Technologien durchaus weiter gefördert werden.

 Jedoch muss unbedingt verhindert werden, dass die Hoffnung auf technologischen
 Fortschritt die sofort nötigen Veränderungen in Verhalten und den Einsatz bereits zur
 Verfügung stehender Technologien ausbremst.

 Die Vorteile der Sektorkopplung nutzen

 Im Kontext von Elektroautos sehen wir auch Chancen in der sogenannten Sektorkopplung.
 Beispielsweise können Elektroautos mit Solarzellen auf dem Dach gebaut werden, sodass
 die Batterie mit selbst erzeugtem Solarstrom geladen, also der Mobilitäts- mit dem
 Energiesektor gekoppelt wird.

 Hybrid-Fahrzeuge sind nicht Teil der Lösung

 Die bestehenden Förderungen von Hybrid-Fahrzeugen bewerten wir angesichts der darin
 verbauten und überwiegend genutzten, auf fossilen Kraftstoffen basierenden
 Verbrennungsmotoren als absolut kontraproduktiv. Aus einer Vielzahl von Gründen sind
 diese kein sinnvoller Beitrag zur Mobilitätswende, sondern lediglich ein fossiler
 Lock-In.

 Bedarfsorientierte Anreize für E-Mobilität

 Angesichts der heutigen Preise neuer Elektrofahrzeuge wird deutlich, dass der Zugang
 zu solchen als eine Frage sozialer Gerechtigkeit betrachtet werden muss. Denn
 Menschen, die auf motorisierten Individualverkehr angewiesen sind, müssen auch
 bezahlbaren Zugang zu nachhaltigen Formen des motorisierten Individualverkehrs haben.
 Dies gilt nicht nur für das E-Auto selbst, sondern auch für eine angemessene
 Ladeinfrastruktur. Daher fordern wir bedarfsorientierte Anreize und Subventionen im
 Bereich der Elektromobilität und staatlich gesicherte Ladeinfrastruktur. Wir sind
 davon überzeugt, dass nicht jede*r ein eigenes Auto besitzen muss. Car-Sharing und
 Mobilitätsstationen können einen wichtigen Beitrag leisten, Hürden zur
 gemeinschaftlichen Nutzung von Elektromobilität abzubauen.

 Stadt und Land unterschiedlich betrachten

 Ländliche Regionen bei der Mobilitätswende nicht abhängen!

 Wir erkennen an, dass unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse in städtisch und
 ländlich geprägten Regionen vorherrschen. Deshalb müssen für Stadt und Land
 unterschiedliche Mobilitätskonzepte entwickelt werden. Dabei muss besonders darauf
 geachtet werden, dass strukturschwache Regionen nicht weiter abgehängt werden. Der
 Ausbau des ÖPNV und der Fahrradinfrastruktur ist auch in ländlichen Regionen
 unabdingbar. Viele Menschen dort sind auf ihr Auto angewiesen, das ÖPNV-Netz ist
 nicht ausreichend ausgebaut. ÖPNV, der nur wenig ausgelastet ist, bringt keine
 Einsparung von Emissionen gegenüber dem MIV. Deshalb müssen insbesondere in
 ländlichen Regionen Mobilitätskonzepte anders gedacht werden. So müssen Angebote des
 ÖPNV besser getaktet, bedarfsorientierter gestaltet und besser aufeinander abgestimmt
 werden.
 Auch wenn auf dem Land der MIV nicht restlos zu ersetzen sein wird, sind wir
 der Auffassung, dass er auch in ländlichen Gebieten reduziert werden muss. Die
 Mobilität auf dem Land muss in Zukunft multimodal (aus verschiedenen Verkehrsmitteln
 bestehend) sein, um Emissionen zu reduzieren.

 Park&Ride als Schnittstellenlösung zwischen Stadt & Land

 Der Ausbau von Park&Ride-Angeboten und deren kostenlose Nutzung für alle Bürger*innen
 ermutigt zur Nutzung des ÖPNV für Teilstrecken. Gerade für Pendler*innen kann dies in
 Verbindung mit einer niedrigpreisigen Tarifgestaltung im ÖPNV eine zugängliche
 Mobilitätslösung für die Verbindung zwischen Stadt und Land bieten. Auch der
 Tourismus und Tagesausflugsverkehr kann so von der Straße auf die Schiene verlagert
 werden.

 Lieferverkehr

 Effizientere Organisation der Lieferketten

 Beim Umbau unseres Mobilitätssystem muss besonders in der Stadt der Lieferverkehr
 mitgedacht werden. Die Lieferung von Päckchen, Lebensmitteln oder Post wird momentan
 von vielen unterschiedlichen Logistikdienstleister*innen mit großen Transportern
 geliefert. Durch zentrale Logistikstellen in Quartieren können Lieferketten
 effizienter gestaltet werden. Diese Logistikstellen können als Teil der
 Daseinsvorsorge von Kommunen aufgebaut werden. Der Transport vom Logistikzentrum zu
 den Empfänger*innen soll mit Lastenfahrrädern durchgeführt werden.

 Wir fordern einen deutlichen Ausbau der Schieneninfrastruktur zum Warentransport, um
 insbesondere auf langen Strecken eine emissionsarme Alternative zu interregionalen
 und internationalen Transportwegen mit LKW zu schaffen.

 AKTUELLE EIGENTUMSVERHÄLTNISSE STEHEN DER TRANSFORMATION DER AUTOMOBILINDUSTRIE
 ENTGEGEN

 Die Ausbeutung von Mensch und Natur gehen in der kapitalistischen Produktionsweise
 miteinander Hand in Hand, finden aber auf unterschiedliche Art und Weise statt.

 Wenige Menschen haben die ökonomische Macht, über die Ressourcen und Produktionsweise
 zu entscheiden, deren Verbrauch jedoch Auswirkungen auf uns alle hat. Solange fossile
 Energieträger vorhanden sind, gibt es ein ökonomisches Interesse, diese zu verkaufen,
 die Nachfrage danach aufrechtzuerhalten und damit auf Kosten nachfolgender
 Generationen zu wirtschaften sowie die Entscheidungsgewalt darüber außerhalb
 demokratischen Zugriffs zu halten.

 Solange die Eigentumsverhältnisse so sind und solange Entscheidungen über
 beispielsweise Energieträger von einigen wenigen getroffen werden, ist echter
 Klimaschutz, der das 1,5 Grad Ziel erreicht, nicht realisierbar.

 Entscheidungen werden so getroffen werden, dass sie kurzfristig den Gewinn erhöhen,
 ohne die Folgen für die aktuelle und nachfolgende Generationen zu berücksichtigen.

 Unser Ziel ist die Abkehr von der Gewinnmaximierung hin zu einer nachhaltigen,
 ressourcenschonenden, demokratischen Gesellschaft. Denn solange Arbeiter*innen auf
 ihre Arbeit angewiesen und gleichzeitig nicht im Besitz von Produktionsmitteln sind,
 wird die Ausbeutung von Mensch und Natur weitergehen.

 Deshalb müssen die Produktionsmittel vergesellschaftet werden. Dadurch werden
 Kapital, Unternehmen und Gesellschaft umstrukturiert und gesellschaftliche Teilhabe
 gestärkt. So werden entscheidende Fragen der Ressourcenverwendung zum Erhalt einer
 lebenswerten Welt und guten Arbeits- und Lebensbedingungen gemeinschaftlich
 getroffen.

 Fragen, auf die wir Antworten finden müssen, sind: Wer entscheidet letztendlich, wenn
 eben nicht top-down entschieden wird? Welche Institutionen sind sinnvoll? Wer darf z.
 B. entscheiden, welche und wie viele Ressourcen verbraucht werden dürfen? Wie gehen
 wir mit dem Interessenkonflikt um, dass Arbeiter*innen in erster Linie den Erhalt
 ihres Arbeitsplatzes zum Ziel haben, während das Erreichen einer klimaneutralen
 Produktion dem vermeintlich entgegensteht obwohl auch die Zukunft von
 Industriearbeiter*innen vom Erhalt unserer Lebensgrundlage abhängt? Wie machen wir es
 begreifbar, dass es einen fundamentalen Widerspruch zwischen Kapital und Klimaschutz
 gibt?

 Die Demokratisierung aller Lebensbereiche

 Wir erkennen an, dass wir die Eigentumsfrage nicht kurzfristig lösen werden. Auch ein
 Mehr an demokratischer Mitbestimmung löst die kapitalistischen Realitäten nicht auf.
 Dennoch braucht es im ersten Schritt eine Weiterentwicklung der demokratischen
 Strukturen in den Unternehmen und der Zivilgesellschaft.

 Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Entscheidungen nicht zwangsläufig zur
 Mehrung von Kapital getroffen werden müssen. Vielmehr soll es um das Wohl der
 Gesellschaft gehen. Egoismus und Konkurrenz unter den Beschäftigten sind keine
 naturgegebene Zwangsläufigkeit, sondern eine konstruierte Erzählung, die Solidarität
 ebenso verhindert wie Gemeinwohl und Klimaschutz.

 Wir trauen den Menschen zu, demokratische Entscheidungen zu treffen und damit
 gemeinsam Verantwortung zu übernehmen für eine gerechtere, sozialere und
 ökologischere Gesellschaft. Langfristig macht die Demokratisierung die
 Vergesellschaftung von Produktionsmitteln nicht überflüssig, sondern bereitet ihr den
 Weg.

 Den Privatbesitz von Produktionsmitteln wollen wir überwinden. Dies bedeutet, dass in
 Unternehmen ab einer bestimmten Größe alle Mitarbeiter*innen am Eigentum beteiligt
 sein müssen.

 Die Grundlage für demokratische Mitbestimmung ist die Stärkung politischer Bildung,
 die für alle zugänglich ist.

 Mitbestimmung im Betrieb

 Wo sich Arbeitsplätze stark verändern oder ersetzt werden, muss die Qualität des
 Arbeitsplatzes erhalten bleiben. Das kann nur mit einer starken Mitbestimmung sowie
 planbaren, staatlichen Vorgaben und betrieblichen Investitionen funktionieren. Das
 bisherige Vorschlagsrecht der Betriebsräte zur Sicherung von Arbeitsplätzen muss zu
 einem Mitbestimmungsrecht aufgewertet werden. Planung, Gestaltung und Änderung der
 Arbeitsplätze, der Arbeitsumgebung und der Arbeitsorganisation einschließlich der
 Arbeitsverfahren und der Arbeitsabläufe müssen mitbestimmungspflichtig sein.

 Bei Betriebsänderungen muss der Interessenausgleich über die Einigungsstelle
 durchsetzbar sein. Die Einigungsstelle hat dabei auch die überbetrieblichen
 Auswirkungen zu berücksichtigen.

 Um die Position der Beschäftigten weiter zu schützen, brauchen wir einen besonderen
 Rechtsanspruch auf Umschulung, Fort- und Weiterbildung für von der Transformation
 betroffene Branchen und staatliche Strukturhilfen. Darüber hinaus müssen Betriebsräte
 insgesamt ein Mitbestimmungs- und Initiativrecht für die Berufsbildung erhalten.

 Mitbestimmungsstrukturen schaffen die Voraussetzung dafür, den Wandel sozial gerecht
 zu gestalten. Dennoch sehen wir bei diesen aktuell ein großes Verbesserungspotenzial
 im Hinblick auf die rechtlichen Grundlagen.

 Konkret fordern wir ebenfalls die Aufhebung der maximalen Gremiengröße der Jugend-
 und Auszubildendenvertretung und des Betriebsrates, die deutliche Verbesserung der
 Prävention und Bekämpfung von Union Busting (die systematische Unterdrückung und
 Sabotage von Gewerkschaften) sowie die Schaffung unabhängiger Beratungs- und
 Unterstützungsstellen. Gewerkschaften müssen ein digitales Zugangsrecht zu Betrieben
 erhalten.

 Transformationsprozesse demokratisieren

 Die Entscheidung, wie staatliche Strukturhilfen und finanzielle Mittel zur Gestaltung
 der Transformation eingesetzt werden, darf nicht den Unternehmer*innen und ihrem
 Kapitalinteresse überlassen werden. Wir wollen regionale Transformationsräte
 einrichten, in denen Delegierte des Betriebsrates und der JHV der Betroffenen
 Industriebetriebe gemeinsam mit Delegierten der lokalen Klimaräte und Vertreter*innen
 der Kommunalpolitik darüber beraten, wie die Mittel eingesetzt werden, um einerseits
 industrielle Produktion zu erhalten und zu transformieren, sowie andererseits eine
 Reduktion der CO2 Emissionen zu erreichen und Arbeitsplätze zu sichern.

 Die Beschäftigten in der Industrie sehen sich nicht nur der Angst eines
 Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt. Gleichzeitig kämpft die Industrie mit einem
 enormen, hausgemachten Fachkräftemangel. Ein Grund für diesen Fachkräftemangel ist
 der Mangel an Ausbildungsplätzen. Während einzelne Unternehmen gar keine
 Ausbildungsplätze anbieten, bilden andere Unternehmen über Bedarf aus oder ihre
 ausgelernten Fachkräfte werden abgeworben. Dieses Ungleichgewicht wollen wir mit
 einer umlagefinanzierten Ausbildungsplatzgarantie, ähnlich bestehender Umlagen wie z.
 B. für Unternehmensinsolvenzen, beseitigen.

 Ausschuss für Klimawirtschaft in den Industriebetrieben

 Wir wollen einen Ausschuss für Transformation und Klimawirtschaft in den
 Industriebetrieben, der im Betriebsverfassungsgesetz als Pflichtausschuss verankert
 ist und in jedem Betrieb mit Betriebsrat eingerichtet werden muss. Dieser setzt sich
 aus Betriebsrät*innen (BR); Jugend- und Auszubildenden-Vertreter*innen (JAV),
 Expert*innen aus einem lokalen Klimarat und Arbeitgeber*innen zusammen. Um die
 Aufgaben zu bewältigen, soll der BR-Schlüssel im Verhältnis zur Belegschaft
 ausgeweitet werden. Der Transformations- und Klimaauschuss ist ein Ausschuss mit
 tatsächlichen Entscheidungskompetenzen. Unter diese Entscheidungen fallen einerseits
 die Ausrichtung der Produkte nach Kriterien der Nachhaltigkeit, zur Einsparung von CO
 2-Emissionen sowie die Reduktion des Ressourcenbedarfs und andererseits
 Entscheidungen über Produktionsformen und Produktionsbedingungen.

 Produktion global denken

 In einer globalisierten Wirtschaft ist es notwendig, nicht nur die lokale Produktion
 zu betrachten. Es gilt die gesamte Lieferkette zu betrachten. Ohne konkrete Ansätze
 detailliert diskutiert zu haben, erscheint uns ein verbessertes Lieferkettengesetz,
 das sowohl ökologische Aspekte als auch Mindeststandards für Arbeits- und
 Produktionsbedingungen berücksichtigt, in diesem Zusammenhang sinnvoll.

 Unsere Ansätze müssen stets nicht nur national, sondern über die EU hinaus global
 umgesetzt werden.CO2-Ausstoß in Lieferkette und Produktion, der nicht auf null
 reduziert werden kann, muss durch negative Emissionen ausgeglichen werden, um
 Klimaneutralität sicherzustellen. Entsprechende Technologien, etwa Carbon Capture and
 Storage, oder Ausgleichszertifikate dürfen nicht für Greenwashing missbraucht werden
 und können Reduktionsmaßnahmen nicht ersetzen.

 Es braucht generell eine Umverteilung von Nord nach Süd. Der immer weiter wachsende
 Kapitalismus des globalen Norden bedeutet Verluste, Einschränkungen und Klimaschäden
 für den globalen Süden. Arbeits- und Umweltstandards müssen nach einem konsequenzen
 Lieferkettengesetz, das ohne Ausnahmen gelten muss, überprüft werden. Zudem müssen
 die Länder des globalen Südens, die am meisten unter Umweltschäden und
 Klimakatastrophen leiden, die viel mehr als sie der globale Norden verursacht hat,
 unterstützt werden. Es braucht dafür internationale Zusammenarbeit. Zudem müssen
 Klimamigrant*innen unterstützt und aufgenommen werden. Auch hier sind besonders
 FLINTA-Personen betroffen. Sie benötigen besondere Unterstützung und besonderen
 Schutz.

 UNSERE VISION DER INDUSTRIE DER ZUKUNFT

 Die Bekämpfung der Klimakrise erfordert umfangreiche Veränderungen in allen Bereichen
 der Industrie. Die notwendigen Transformationsprozesse lösen bei vielen Menschen
 Vorbehalte und Ängste aus.

 Der Verlust des Arbeitsplatzes kann für die Beschäftigten in Industrieberufen als
 eine konkretere Bedrohung als die Vernichtung unserer Lebensgrundlage durch das
 Artensterben und die Folgen der Klimakrise wahrgenommen werden. Diese subjektive
 Wahrnehmung der Bedrohung der Lebensgrundlage nehmen wir ernst.

 Die Transformation der Produktion kann nur gelingen, wenn die Mitarbeitenden in die
 Transformationsprozesse mit einbezogen werden. Die Mitarbeitenden selbst haben das
 größte Interesse, dass ihre Arbeitskraft und Expertise langfristig gebraucht wird.
 Deswegen sind wir davon überzeugt, dass die Mitarbeitenden selbst ein Interesse daran
 haben, die industrielle Produktion so zu gestalten, dass sie nicht unsere
 Lebensgrundlage zerstört und Ressourcen künftiger Generationen verwendet.

 Die Industrie ist verpflichtet, Sorge dafür zu tragen, den Mitarbeitenden
 zukunftsfähige Arbeit zu geben. Genauso darf die Industrie der Welt nur noch so viele
 Ressourcen entnehmen, wie es nötig ist, um ein Gleichgewicht zwischen Verbrauch und
 natürlicher Regeneration zu schaffen. Alles andere wäre eine nicht wieder gut zu
 machende Ungerechtigkeit gegenüber nachfolgenden Generationen.

 Entwicklung

 Eine zentrale Eigenschaft, der bei der Entwicklung von neuen Produkten Rechnung
 getragen werden muss, ist die Möglichkeit des Recycling.

 Deshalb fordern wir weniger verschiedene Bauteile. Das ermöglicht eine einfachere
 Produktion und Reparatur – der Recycling-Prozess wird also erleichtert.

 Bei Produkten sollten in Zukunft immer auch Pläne mit ausgearbeitet werden, die
 beschreiben, wie einem Produkt ein zweites Leben gegeben werden kann und wie es
 wieder in seine Bestandteile zerlegt werden kann.

 Produktion

 Bei der Produktion entsteht der wesentliche Teil der Schadstofffreisetzung: Begonnen
 beim Abbau der Materialien über den Transport und Verarbeitung bis hin zu Montage und
 Vertrieb. Überall müssen die Belastungen der Umwelt daher erfasst, erheblich
 reduziert und gegebenenfalls ausgeglichen werden.

 Prozesse sollen so gestaltet werden, dass “Abfälle” wie z. B. Abwärme auch
 unternehmensübergreifend noch anders genutzt werden können. Produkte sollen aus
 recycelten Rohstoffen hergestellt werden und so wenig neue Rohstoffe wie möglich
 beanspruchen.

 Herstellungsanlagen und -prozesse müssen klimaneutral sein. Verpackungen sollen
 wiederverwendet oder recycelt werden. Transportwege müssen kurz gehalten werden.

 Gebrauch

 Verbraucher*innen sollen in nachhaltigem Konsum unterstützt werden, indem Produkte in
 Gebrauchs- und Verbrauchsgüter aufgeteilt werden, sodass Verbrauchsgüter einfach
 nachproduziert und ausgetauscht werden können. Gebrauchsgüter müssen auf lange Zeit
 produziert werden können, um den langfristigen Gebrauch des Produkts zu ermöglichen.
 Komponenten des Produkts sollen bei Weiterentwicklung ausgetauscht werden können.

 Der sogenannten „geplanten Obsoleszenz“ sagen wir den Kampf an. Geplante Obsoleszenz
 bedeutet, dass Produkte frühzeitig, meist kurz nach Ablauf der Garantie und vom
 Hersteller gewollt kaputt gehen und durch ein neu produziertes Produkt ersetzt werden
 müssen.

 Reparatur

 Produkte müssen reparierbar sein. Sowohl Ersatzteile als auch Pläne zur Reparatur
 müssen einer möglichst breiten Öffentlichkeit bereitgestellt werden. Genauso muss es
 eine Möglichkeit geben, produktspezifische Reparaturwerkzeuge zu beschaffen oder
 herzustellen, damit auch unabhängige kleine Betriebe Reparaturen durchführen können.
 Durch unabhängige Angebote und einer verhinderten Monopolisierung von
 Reparaturdienstleister*innen werden die Verbraucher*innen geschützt. Eine aktive
 Sharing Economy soll auch bei Werkzeugen gelebt werden.

 Recycling

 Einsparung von Ressourcen und deren Wiederverwertung sind nicht nur kostengünstiger,
 sondern auch in Hinblick auf den Einsatz von Arbeitskraft, Zeitaufwand und
 Produktionsmittel einiges effizienter.

 In ihre Bestandteile zerlegbare Produkte sind das Ziel. So können noch zu
 gebrauchende und reparierbare Bestandteile wiederverwendet werden. Ist dies nicht
 mehr möglich, müssen die Produkte recycelt werden.

 Darüber wie die Produkte recycelt werden können, muss der*die Kund*in beim Kauf
 ebenso informiert werden wie über die Recyclingraten der verbauten Materialien. Der
 Staat muss die Reparatur als Dienstleistung fördern. Dadurch entstehen neue
 Arbeitsbereiche, besonders für kleine Handwerksbetriebe, mit neuen Arbeitsplätzen.
 Zusätzlich werden bestehende gestärkt.

 Digitalisierung in Unternehmen

 Unternehmen müssen ihre bestehenden, teilweise nicht zukunftsfähigen Geschäftsfelder
 transformieren. Diese können durch konsequente Digitalisierung erschlossen werden.
 Dazu darf Digitalisierung nicht länger lediglich als eine Form der Automatisierung
 oder Möglichkeit neuer Verwaltung wahrgenommen werden. Stattdessen müssen die
 Potenziale von digitalen Geschäftsmodellen und Plattformen erkannt werden. Schafft
 man diese Digitalkompetenz im eigenen Unternehmen, ist man nicht auf Tech-Konzerne
 angewiesen, die immer weiter in das Geschäftsfeld der Automobilindustrie vorrücken.

 Viele Firmen nutzen zur Zeit Nachhaltigkeitskonzepte zum Entwickeln von Prototypen
 für Ausstellungen und Veranstaltungen. Dabei wird versucht, Greenwashing zu
 betreiben, da diese Prototypen in den wenigsten Fällen wirklich umgesetzt werden und
 in die Produktion gehen.

 Dies zeigt, dass die Konzepte bereits in der Automobilindustrie angekommen sind,
 jedoch mehr in die Tat umgesetzt werden müssen.

 CO2-Bepreisung und Umverteilung

 Die Folgen der Erderwärmung erzeugen schon heute hohe Kosten. Ein Beispiel sind die
 häufigeren Waldbrände und Überschwemmungen. Diese Kosten werden in absehbarer Zeit
 steigen. Ebenso wird auch die nötige Transformation viel Geld kosten und Anreize
 benötigen.

 Die Gefahr besteht, dass diese Kosten nicht gerecht verteilt werden. Um dem
 entgegenzuwirken, ist das Ziel, klimaschädigende Konzerne nach dem Verursacher*innen-
 Prinzip auf eine sozial gerechte Weise in die Verantwortung zu nehmen.

 Wo Ordnungspolitik, etwa Produktstandards, an ihre Grenzen kommt, kann die CO2
 Bepreisung in ausreichender Höhe zusätzliche Anreize für klimaschonendes Wirtschaften
 setzen. Unterschiedliche Modelle der CO2-Bepreisung berücksichtigen soziale Aspekte
 unterschiedlich stark. Konzepte wie das Klimageld, also eine pauschale Rückverteilung
 pro Kopf mit progressiver Wirkung (Menschen aus der unteren Einkommenshälfte haben
 durchschnittlich einen wesentlich geringeren CO2-Ausstoß und erhalten mehr Geld, als
 sie abgeben), können darauf eine Antwort liefern.

 Im Kontext der Industrie geht es vor allem darum, dass die Industrieunternehmen die
 CO2-Preise bezahlen, um einen Anreiz zur Umstellung der Produktion zu haben. Das ist
 entscheidender als eine Konsumveränderung durch die privaten Haushalte.

 Gleichzeitig muss Vermögen auch unabhängig von Klimapolitik im großen Stil umverteilt
 werden. Klimapolitik darf nicht unsozial sein, soziale Fragen dürfen aber auch nicht
 als Vorwand gegen Klimaschutz verwendet werden.

 Kräfte bündeln für eine bessere Zukunft!

 Als Mitglieder mit verschiedenen Organisationshintergründen haben wir gesehen, wie
 wichtig der Austausch untereinander ist. Wie wichtig es ist, demokratisch miteinander
 zu diskutieren, sich mit unterschiedlichen Standpunkten auseinanderzusetzen und auch
 die eigene Perspektive immer wieder kritisch zu hinterfragen.

 Aus dem gemeinsamen Projekt wollen wir auch in Zukunft eine Zusammenarbeit ableiten.
 Uns eint das Ziel und wir können voneinander über die Wege, wie wir dieses Ziel
 erreichen können, vieles lernen.

 Unser Anspruch ist es, die Positionen auf die wir uns gemeinsam verständigt haben
 nach außen zu tragen und die Menschen in unserer (Stadt-)Gesellschaft zu überzeugen,
 diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen. Wir werden uns politisch im Rahmen unserer
 unterschiedlichen Möglichkeiten dafür einsetzen, dass unsere gemeinsamen Visionen
 Realität werden.

E1 Flucht und Asyl, aber sicher!

12.09.2023

Adressat*innen: Unterbezirkskonferenz Jusos München, Bezirkskonferenz Jusos
 Oberbayern, Landeskonferenz Jusos Bayern, Bundeskongress der Jusos,
 Unterbezirksparteitag SPD München, Bezirksparteitag SPD Oberbayern, Landesparteitag
 SPD Bayern, SPD Bundesparteitag

 

 Wir verurteilen den Kompromiss, den der EU-Ministerrat zur weiteren Verschärfung von
 Asylverfahren in Europa beschlossen hat. Wir sind wütend auf die sozialdemokratischen
 Mitglieder der Bundesregierung, die eine solche Entscheidung – mal wieder begründet
 mit vermeintlicher Notwendigkeit und Alternativlosigkeit – mittragen. Der Kompromiss
 ist Ausdruck eines Rechtsrucks in Europa und stellt eine Verschlechterung für
 Geflüchtete dar.

 

 Konkret kritisieren wir insbesondere die Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen:
 Schon heute gibt es keine einheitliche rechtliche Situation noch einheitliche
 Standards in allen Staaten der EU zur Prüfung auf Asyl. Viele Bescheide des BAMFs
 (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) werden von Gerichten revidiert. Es ist zu
 erwarten, dass die Prüfungen an den Außengrenzen in vielen Fällen zum Nachteil der
 Asylsuchenden ausgehen. Darüber hinaus ist die Unterbringung in Lagern an der
 Außengrenze haftähnlich, wenn die Geflüchteten diese nicht in Richtung der EU
 verlassen dürfen. Von der Flucht oftmals traumatisiert, sind Geflüchtete damit für
 Hilfsorganisationen schwer zugänglich. Dies als Verbesserung der Situation
 darzustellen ist zynisch und unangemessen.

 

 Ohne eine diplomatische Lösung und Suche nach einem Gespräch mit den Staaten in West
 und Zentralafrika, ist auch die Idee eines schnellen Asylverfahrens an den EU Grenzen
 bereits jetzt zum Scheitern verurteilt, wenn die Menschen, die Asyl nicht bekommen,
 nicht zurückreisen können. Die sichere Rückreise ist in dem Fall nicht möglich, weil
 es keine Einigung mit den Herkunftsländern und Transferländern (wie die des
 Westbalkans) gibt. Dies wird nur zu ähnlich elenden Zuständen wie in Moria führen.

 

 Unabhängig davon sieht der Kompromiss vor, dass bei abgelehnten Asylanträgen auch
 eine Abschiebung in Drittstaaten möglich sein soll. Hierfür sollen Abkommen mit
 vermeintlich sicheren Drittstaaten geschlossen werden, Abschiebungen werden damit
 erleichtert und wahrscheinlicher und gleichzeitig unsicherer und gefährlicher.

 

 Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht. Basierend auf der Herkunft, die
 Erfolgswahrscheinlichkeit zu beurteilen, widerspricht der Idee, jede individuelle
 Situation einzeln zu prüfen.

 

 Der Aussage der Bundesregierung, dass dies für Geflüchtete aus Syrien oder
 Afghanistan nicht gilt, wird von vielen NGOs widersprochen: Wenn Menschen über
 sichere Drittstaaten fliehen – was fast immer der Fall ist – können die
 Mitgliedstaaten laut dem Text des Kompromisses entscheiden, diese Menschen in die
 Grenzverfahren aufzunehmen.

 Hochproblematisch ist auch, dass die Definition sicherer Drittstaaten zukünftig in
 die Entscheidungsmacht der Nationalstaaten übergehen soll. Das wird zur Folge haben,
 dass gerade die Staaten an den EU-Außengrenzen Probleme in den Drittstaaten
 ignorieren und diese als „sicher“ deklarieren werden, um Asylsuchende in die
 Grenzverfahren zu bringen und um sie im Zweifel auch in Transitländer abschieben zu
 können

 

 Auch der hochgepriesene Verteilungsschlüssel innerhalb der EU läuft ins Leere, wenn
 sich einzelne Mitgliedstaaten freikaufen können. Durch die Ausgleichszahlungen wird
 die Nicht-Unterbringung von Geflüchteten zum marktwirtschaftlichen Gut innerhalb der
 Europäischen Union.

 

 Unabhängig von den konkreten Problemen des Kompromisses ist es vor allem die
 generelle ideologische Ausrichtung, die ihm zugrunde liegt, die höchst problematisch
 ist: Der Beschluss des Ministerrats verstärkt die Festung Europa und trägt zu einer
 weiteren Abschottung bei. Flucht wird weiterhin kriminalisiert, das Sterben im
 Mittelmeer findet weiterhin kein Ende und Fluchtrouten werden weiterhin unsicher
 bleiben.

 

 Den Anstieg der rechts-populistischen Parteien in der EU unterbindet man nicht, indem
 man die Politik und Rhetorik dieser Parteien in den eigenen Beschlüssen und Reformen
 umsetzt. Es schleicht sich der Eindruck ein, dass die Regierungen unbedingt eine
 Reform vor der nächsten Europawahl umsetzen möchten, damit man in einem Jahr sagen
 kann, man hätte die Anzahl der Asylsuchender gesenkt – aber um welchen Preis? Um den
 Preis, dass man mit dem Leben der Tausenden von Menschen pokert und die eigene
 „Werte“ und Rechtsprinzipien für nichtig erklärt. Das höchste Ziel der Regierungen
 der EU und der Institutionen der EU, um ihre sogenannten humanistischen Werte wieder
 glaubwürdig zu machen, sollte ein Vision Zero (Null Tote an den EU-Grenzen) für das
 Mittelmeer und eigene Grenzen sein.

 

 Unsere Asylpolitik muss auch einen besonderen Fokus auf den Schutz der Kinderrechte
 haben. Kinder erleben in den Krisen Traumatisierung und verlieren ihre
 Lebensgrundlage. Mit der UN-Kinderrechtskonvention haben sich fast alle Staaten
 weltweit auf den Schutz von Kindern geeinigt. Aus diesem Grund ist es mehr als
 wichtig dass die Mitgliedsstaaten der EU sich für den Schutz der Kinder, besonders
 auf ihren Grenzen einsetzen, die internationale Vereinbarungen einhalten und die
 finanziellen Mindeststandards für die Humanitäre Missionen für Kinderschutz sichern
 (der Bedarf ist weltweit nur zu 43% gedeckt).

 

 Wir fordern die Mitglieder des Europäischen Parlaments und die Bundesregierung auf,
 sich im anstehenden Trilog gegen die Ratifizierung dieses Kompromisses einzusetzen.
 Außerdem fordern wir konkret:

  •  Das Recht auf Asyl muss individuell geprüft werden, die Herkunft darf dabei
     keine Rolle spielen
  •  Keine Lager an den Außengrenzen
  •  Keine Abschiebung in Drittstaaten
  •  Strenge Prüfungen der Anerkennung von Staaten als sichere Drittstaaten und
     Entscheidungen darüber gemeinsam in der Europäischen Union
  •  Eine faire Verteilung in Europa, aus der sich niemand freikaufen kann
  •  Es braucht endlich sichere Fluchtrouten sowohl über Land als auch über Wasser.
     Das Sterben muss endlich ein Ende haben. Die von der Bundesregierung
     bereitgestellten Mittel müssen endlich an Initiativen der privaten Seenotrettung
     fließen.

I2 Somme, Sonne, Sozialismus: Für eine sommerliche, solidarische und demokratische Gesellschaft

12.09.2023

Antragsempfänger*innen: Bezirkskonferenz der Jusos Oberbayern, Landeskonferenz der
 Jusos Bayern

 

 Der Sommer ist die Zeit im Jahr, in der die Bäume saftig grün sind, die Sonne scheint
 den ganzen Tag, der Mensch sucht am nahen Gewässer Schatten und Kühle um zu dösen und
 die Vögel zwitschern bis spät in den Abend und Grillen zirpen. So stellen wir uns
 einen Sommertag vor.

 

 Doch wie alles im Kapitalismus ist auch der Sommer nicht gerecht verteilt. Was für
 die einen ein entspannter Abend auf der Dachterasse mit kühlendem Getränk ist, ist
 für andere ein langer Tag in Betonwüsten am Rande des Hitzschlags, was für die einen
 Naherholung bedeutet, bedeutet für andere endloser Stau im Heimatdorf, was für die
 einen Sommerurlaub im Süden bedeutet, bedeutet für andere nach den Ferien wieder
 nichts erzählen zu können und nach jedem Sommer kommt ein Winter, den die einen kaum
 spüren und die anderen schon im Herbst frieren.

 

 Wir wollen einen Sommer für alle, eine sommerlich, solidarische und demokratische
 Gesellschaft an der alle partizipieren. Wir wollen dem Kapitalismus die Ressource
 Sommer entziehen und den Sommer umverteilen. Sommer – Sonne – Sozialismus!

  

  

  1.  36 Grad und es wird noch heißer

 Mit zunehmender Hitze, vor allem in dicht bebauten Städten, nimmt auch die Zahl der
 Hitzetoten zu. Alleine in den Sommern 2018 bis 2020 starben in Deutschland etwa 20000
 Menschen an Hitze – berechnet anhand der temperaturbedingten Übersterblichkeit. Vor
 allem ältere Menschen sind betroffen. Dabei sind Hitzetote vermeidbar – bereits seit
 2017 gibt es die acht Handlungsempfehlungen für Hitzeaktionspläne des
 Umweltbundesamts. In Bayern sind bisher allerdings kaum Kommunen beteiligt. Es muss
 ein Hitzeaktionsplan anhand dieser acht Empfehlungen auf Landesebene beschlossen
 werden, den die Kommunen individuell anpassen können und bei deren Umsetzung sie von
 der Landesebene unterstützt werden.

 

 Dieser soll insbesondere die Nutzung eines Hitzewarnsystems, Information und
 Kommunikation und besondere Beobachtung von Risikogruppen beinhalten. Einige
 Arbeitnehmende sind durch ihren Beruf besonders gefährdet, Opfer von Hitze zu werden.
 Wir werden uns dafür einsetzen, dass alle Menschen ausreichenden Arbeitsschutz
 erfahren, der ab bestimmten Stufen greift und dessen Einhaltung kontrolliert wird.
 Zusätzlich zu einem besseren Warn- und Schutzsystem müssen auch die Gesundheits- und
 Sozialsysteme auf Hitzewellen vorbereitet werden. Zum Beispiel können damit
 barrierefrei zugängliche, kühle Rückzugsorte geschaffen werden. Langfristig sind die
 beste Prävention eine angepasste Stadtplanung und bauliche Änderungen mit mehr
 Grünflächen und Flächenentsiegelung, denn je dichter eine Stadt bebaut und je stärker
 der Boden einer Stadt versiegelt ist und je weniger Grün es in den Städten gibt, umso
 schlechter kann sie auch nachts wieder auskühlen. Hier soll auch geprüft werden
 zunehmend ungenutzte Flächen zu begrünen, wie zum Beispiel Dachflächen von
 Bushaltestellen. Gerade bei Neubauten soll die Möglichkeit von Fassadenbegrünung
 verpflichtend geprüft werden, denn diese kann ein Aufheizen der Fassade massiv
 verringern und so auch positive Effekte für den Innenraum schaffen und eine
 Alternative zu Klimaanlagen darstellen. Steingärten müssen landesweit verboten und
 sollen durch Begrünung ersetzt werden. Auch die Luftqualität hat einen enormen Effekt
 auf die Hitze in den Städten – stärkere Luftverschmutzung führt zu einem stärkeren
 Aufheizen, deshalb ist auch die Verkehrswende ein wichtiger Teil der Hitzeprävention
 in den Städten. Wo ein Auto parkt, könnte auch ein Baum wachsen.

 

 Mit zunehmender Hitze ist auch die Versorgung mit Trinkwasser umso wichtiger, denn
 Dehydrierung ist eine der gefährlichsten Gesundheitsfolgen anhaltender Hitze. Nicht
 allen Menschen ist ein Zugang zu Trinkwasser immer und überall garantiert. Wir
 fordern, dass Trinkwasser barrierefrei in allen Kommunen kostenlos zur Verfügung
 steht. Absinkende Grundwasserspiegel und die damit verbundene Gefährdung der
 Wasserversorgung, sind inzwischen auch bei uns in Oberbayern ein Problem. Mit dieser
 wertvollen Ressource müssen wir deshalb schonender umgehen – die Grundlage dafür ist
 eine wirksame Bayerische Wasserstrategie. Dabei setzen wir auf die ortsnahe
 Wasserversorgung durch die Kommunen. Wir bekräftigen daher unsere Forderung nach mehr
 adäquaten Wasserschutzgebieten in Bayern mit entsprechenden Kontrollsystemen. Die
 Qualität von Trinkwasser muss durch entsprechende Kontrollen sichergestellt und der
 Eintrag von schädlichen Stoffen wie Stickstoff aus der Landwirtschaft konsequent
 reduziert werden. Wo immer Einträge entstehen oder entstanden sind, sind die Kosten
 der Aufbereitung des Wassers entsprechend dem Verursacher*innenprinzip zu
 organisieren – das heißt, dass Industrieunternehmen, die Wasserverschmutzung
 verursachen, für Aufbereitungskosten aufkommen. Der Problematik Nutzwasser vs.
 Trinkwasser wollen wir durch vermehrtes Wasserrecycling durch Förderung des Baus von
 Regenwasserzisternen begegnen. Rigorosere Wassersparmaßnahmen lassen sich trotzdem
 nicht vermeiden. Hier soll vor allem bei Industrie und Landwirtschaft angesetzt
 werden, da diese den größten Hebel darstellen. Dafür soll ein Runder Tisch geschaffen
 werden, um  entsprechende Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Es müssen Pläne für die
 Wasserwirtschaft entwickelt werden, die die Trinkwasserversorgung schützen, regionale
 Wasserversorgungsverbünde sollen Engpässe ausgleichen helfen. Die überregionale
 Zusammenarbeit bei der Wasserversorgung wollen wir stärken, die Wasserinfrastruktur
 der Kommunen muss modernisiert werden. Dafür braucht es Förderprogramme des
 Freistaats. Gleichzeitig darf die Trinkwasserversorgung nicht privatisiert werden –
 wir lehnen den Ausverkauf von Trinkwasser an Investoren ab.

 Die Kommunen müssen in der kommunalen Entwicklungsplanung die Voraussetzung für den
 Aufbau von Schwammstädten bzw. Schwammdörfern, in denen Niederschläge u.a. im Boden
 gespeichert oder wiederverwendet werden können. Wir wollen die Kreislaufwirtschaft
 auch in der Wasserwirtschaft fördern, weitere Flächenversiegelungen müssen stark
 eingeschränkt werden. An unseren umfassenden Beschlüssen zum Schutz der
 Wasserversorgung halten wir fest.

 Neben aller Prävention und Resilienz der Kommunen gegen den Klimawandel, muss das
 Hauptziel natürlich der Kampf gegen den Klimawandel bleiben. Wichtige Bausteine dafür
 sind für uns der dezentrale Ausbau erneuerbarer Energien, sowie die Verkehrswende
 inklusive eines Verbots von Kurzstreckenflügen.

 

 

  1.  Den Sommer mit vollen Zügen genießen

 Teil einer demokratisierten Gesellschaft ist, dass jede*r am gesellschaftlichen Leben
 teilnehmen kann – ohne auf ein bestimmtes Fortbewegungsmittel angewiesen zu sein.
 Gleichzeitig bedeutet das für uns, dass öffentliche Räume allen offenstehen und von
 allen genutzt werden können. Sie sollen Austausch und Kontakt ermöglichen und
 fördern.

 

 Mit dem 49-Euro-Ticket ist ein Schritt zu besserem öffentlichem Nahverkehr (ÖPNV)
 gemacht: Unübersichtliche Tarifstrukturen fallen weg, der ÖPNV wird leichter nutzbar.
 Gleichzeitig lohnt sich das Ticket für manche nicht – und viele können es sich nicht
 leisten. Wir wollen ein 0-Euro-Ticket für alle!

 

 Dabei vergessen wir auch nicht die Perspektive der Arbeiter*innen bei den
 Verkehrsunternehmen. Viele werden für ihre Arbeit nicht angemessen bezahlt. Das
 betrifft u.a. die Zugbegleiter*innen, das Sicherheits- und Servicepersonal sowie
 Werkstätten. Der Staat muss Tariftreue zur Bedingung seiner Zusammenarbeit mit
 Verkehrsunternehmen machen, langfristig muss die Deutsche Bahn zurück in die
 öffentliche Hand.

 

 Ein attraktiver ÖPNV sorgt auch dafür, dass Menschen vom Auto in Bahn, Tram und Bus
 umsteigen – auf dem Land und in der Stadt.

 Besonders in Tourismusregionen ist das oft schwer, der ÖPNV und der Regionalverkehr
 sind nicht ausreichend ausgebaut.

 Gerade in diesen Regionen kann dadurch aber nachhaltiger Tourismus möglich werden.
 Dazu müssen stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert sowie die Reaktivierung Kriterien
 gesenkt werden, es braucht mehr Verbindungen und mehr regionale Knotenpunkte, so dass
 die Reisezeit kürzer wird. Vor Ort braucht es Förderungen für Busse. Wenn das Angebot
 ausgebaut ist, kann auch der Autoverkehr reduziert werden und Parkflächen können
 anders genutzt werden.

 

 Auch in Städten braucht der ÖPNV noch Verbesserungen – Verkehrsmittel müssen endlich
 24 Stunden durchgängig fahren und Takte müssen ausgebaut, nicht ausgedünnt werden. An
 ÖPNV-Knotenpunkten außerhalb der Innenstädte braucht es kostenfreie Park&Ride-
 Anlagen, damit der Umstieg für Menschen, die auf dem Land ein Auto brauchen,
 unkompliziert ist.

 

 Der ÖPNV muss für alle barrierefrei sein, egal, ob Menschen im Rollstuhl oder mit
 einem Kinderwagen mitfahren. Aktuell ist in Zügen für Kinderwagen oft kein Platz, im
 Regionalverkehr müssen sich Personen mit Behinderung vor einer Fahrt anmelden. 
 Fahrradanhänger an Bussen oder Wagen sorgen für mehr Platz im Fahrgastbereich – und
 für mehr Platz für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer*innen. Auch braucht es
 Orientierungspunkte für Blinde Personen an den Zügen und Bussen.

 

 Mit diesen Verbesserungen kann in den Städten der öffentliche Raum mehr sein als
 Straße und Parkplatz. Wir wollen Städte zu Naherholungsgebieten machen und dazu Parks
 und Grünzüge fördern und schützen. Dabei müssen diese Orte auch für alle Menschen
 zugänglich und für die Freizeit nutzbar sein. Gleichzeitig braucht es mehr
 öffentlichen Raum ohne Konsumzwang und einen Ausbau der Stadtarchitektur, z.B. mit
 Bänken, Trinkbrunnen und öffentlichen Toiletten.

 

 

  1.  Allen ein Platz an der Sonne

 Sommerzeit ist Ferienzeit – für viele Arbeitnehmer*innen und Familien ist das die
 Zeit der Erholung und Freizeit.

 

 Kinder aus ärmeren Familien sind davon jedoch häufig ausgeschlossen, ihnen bleibt ein
 Sommerurlaub oft verwehrt. Gleichzeitig fallen mit geschlossenen Schulen und
 Kindergärten wichtige Lebens- und Erlebnisräume über Wochen weg. Wir wollen, dass
 alle Kinder die Möglichkeit bekommen, ihre freie Zeit im Sommer zu genießen. Dazu
 braucht es Förderungen für ärmere Familien, damit Urlaube möglich sind. Angebote für
 Ferienfreizeiten müssen umfassend finanziert werden, sodass zusätzliche Beiträge
 entfallen können. Für jedes Kind muss es unabhängig vom Einkommen der Eltern möglich
 sein, Sommerferien zu verbringen, von denen es erzählen kann. Bereits vorhandene
 Unterstützungen für den Aufenthalt in gemeinnützigen Familienferienstätten müssen so
 ausgeweitet werden, dass nicht nur die Unterbringungskosten gefördert oder
 bezuschusst werden, sondern auch Ausflüge möglich sind und die Kosten auch dafür
 übernommen werden. Die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Begleiter*innen müssen
 wenigstens nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt werden.

 Auch ist klar: Viele Menschen müssen in Ferienzeiten arbeiten, um ihre Familie
 versorgen zu können. Beste Garantie für Freizeit von der Arbeit sind deshalb
 Gewerkschaften, die Tarifverträge mit guten Bedingungen für Familien, höheren
 Urlaubsanspruch und Urlaubsgeld durchsetzen können. Arbeitskampf ist für uns deshalb
 gleich mehrfach der Kampf dafür, allen einen Platz an der Sonne zu geben.

 

 Auch zu Hause muss Urlaub und Freizeit verbracht werden können und Erholung möglich
 sein. Besonders Schwimm- und – im Sommer – Freibäder sind für viele willkommene
 Abwechslung und Abkühlung in den Sommermonaten.

 Für viele Kommunen ist der Betrieb eigener Bäder aber finanziell kaum zu stemmen.
 Gleichzeitig müssen die Eintrittspreise auch ohne besondere Vergünstigungen niedrig
 sein. Es braucht deshalb höhere Zuschüsse von Land und Bund für den Bau, Erhalt und
 Betrieb sowie für die Personalkosten von kommunalen Bädern. Sie fördern das
 gesellschaftliche Leben vor Ort und steigern die Attraktivität von Wohngegenden.

 

 Gleichzeitig sind kommunale Bäder nötig, damit alle Kinder Schwimmunterricht bekommen
 können. Die aktuell hohen Nichtschwimmerquoten müssen dringend sinken, dazu braucht
 es flächendeckende, kostenfreie und ausfinanzierte Schwimmkurse.

 In diesem Zusammenhang ist es auch von zentraler Bedeutung, dem Mangel an
 Rettungsschwimmer*innen entgegenzusteuern. Wir wollen das Engagement als
 Rettungsschwimmer*in besser vergüten. Mit Blick auf die hohen
 Nichtschwimmer*innenzahlen sorgen sie für Sicherheit, ohne sie müssten viele Bäder
 schließen.

 

 

  1.  Auch im Sommer: Preissteigerungen nicht aus dem Blick verlieren

 Während wir entspannt im Freibad oder am Badesee liegen wollen, ist es deutlich
 spürbar, dass der letzte Winter seine Spuren hinterlassen hat: Aufgrund steigender
 Energiepreise aber auch, weil Konzerne die Gelegenheit nutzen, um ihre Profite zu
 vergrößern, erleben wir weiterhin enorme Folgen der Inflation. Egal ob die Pommes im
 Freibad oder die Lebensmittel im Supermarkt, viele Menschen erleben weiterhin
 Reallohnverluste – auch trotz guter Abschlüsse – und immer mehr Menschen machen sich
 Sorgen, wie sie am Ende des Monats alle ihre Rechnungen bezahlen sollen.

 

 Deswegen darf uns die Leichtigkeit des Sommers nicht darüber hinwegtäuschen, dass
 auch im kommenden Winter damit zu rechnen ist, dass die Energiepreise weiterhin teuer
 sind, dass Heizen weiterhin eine Belastung für viele Haushalte ist und dass die
 Teuerungen bei vielen Menschen die Rücklagen auffressen. Daher halten wir daran fest,
 dass beispielsweise durch eine Abschaffung der Mehrwertsteuer und durch z.B. die
 Einführung von Übergewinnsteuern die Krise nicht weiter auf dem Rücken derjenigen
 ausgetragen wird, die wenig haben, während diejenigen, die viel haben, in
 Krisenzeiten ihr Vermögen auch noch vermehren.

S1 Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung

12.09.2023

Wir fordern die Einführung staatlicher Förderprogramme, um Anlaufstellen in Städten
 und Gemeinden zu schaffen, deren Ziel es ist, Menschen ohne Krankenversicherung und
 Menschen, deren Versicherungsstatus unklar ist, über ihre Ansprüche für medizinische
 Grundversorgung aufzuklären und potentiell Wege in die gesetzliche
 Krankenversicherung zu finden.

 Zudem fordern wir die Aufhebung des AufenthG §87 Abs. 2 Nr. 1, welcher
 Sozialbehörden verpflichtet, Menschen ohne Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde
 zu melden, sollten diese einen Krankenschein beantragen, um die Ihnen zustehende
 medizinische Grundversorgung wahrnehmen zu können. Diese Praxis führt dazu, dass
 Menschen ihre Abschiebung riskieren, um medizinisch versorgt werden zu können.

    Begründung

    Deutschland hat sich durch die Unterzeichnung des UN-Sozialpakts dazu verpflichtet, das Recht aller Menschen auf Gesundheit anzuerkennen und die Bereitstellung medizinischer Versorgung für alle sicherzustellen. Obwohl man in Deutschland auch ohne Krankenversicherung ein Anrecht auf eine Behandlung bei akuten Erkrankungen, Schmerzzuständen und bei Schwangerschaft hat, ist es für viele aus unterschiedlichen Gründen schwer, dieses Recht wahrzunehmen. In einigen Großstädten gibt es bereits durch die “Medinetze” ehrenamtlich organisierte anonyme Anlaufstellen für Meschen mit unklarem Versicherungsstatus, allerdings mangelt es an einem flächendeckenden Angebot zur Unterstützung in solchen Fällen.

    Insbesondere Menschen ohne Aufenthaltstitel sind oft davon betroffen, auf keinerlei medizinische Versorgung Zugriff zu haben, ohne dass sie Gefahr laufen, gemeldet und abgeschoben zu werden. Deshalb ist es wichtig, dass der verlängerte Geheimnisschutz innerhalb von Krankenhäusern durchgesetzt wird, so dass selbst das Verwaltungspersonal von Einrichtungen keine Meschen an die Ausländerbehörde melden darf. Aus demselben Grund fordern wir einerseits die Aufhebung der Meldepflicht der Sozialbehörden gegenüber den Ausländerbehörden, so dass Krankenscheine ohne Abschieberisiko beantragt werden können, andererseits sollen die neu geschaffenen Anlaufstellen lediglich staatlich gefördert aber nicht staatlich betrieben werden, um mehr Distanz zu gewährleisten, so dass eine Informationsweitergabe ausgeschlossen werden kann.

    Es kann in einem industrialisierten Land wie Deutschland nicht sein, dass Menschen der Zugang zu medizinischen Einrichtungen erschwert wird und diese im schlimmsten Fall vor die Wahl zwischen Gesundheit und persönlicher Sicherheit gestellt werden. Gesundheit ist ein Menschenrecht muss als solches allen zur Verfügung stehen, unabhängig von Aufenthaltsstatus und finanzieller Lage!

    G1 Queerfeminismus endlich in der SPD etablieren!

    12.09.2023

    Adressat*innen: Bezirkskonferenz der Jusos Oberbayern, SPD Bezirksparteitag,
     Bezirksvorstand der SPD Oberbayern, Landeskonferenz der Jusos Bayern, Landesparteitag
     der Bayern SPD, SPD Landesvorstand, Juso Bundeskongress, SPD Bundesparteitag

     Das Sommerfest der SPD Bundestagsfraktion im vergangenen Sommer ist durch die
     Angriffe mittels KO-Tropfen in trauriger Erinnerung geblieben. Nun hat die
     Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen eingestellt, da kein Täter ermittelt werden
     konnte. Für die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden von FINTAs*(Frauen, Inter,
     Non Binary, Trans, Agender) in der SPD ein fatales Zeichen.

     Im Grundgesetz steht in Artikel 3 Absatz 3:

     „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
     Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder
     politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen
     seiner Behinderung benachteiligt werden.”

     Trotzdem erfährt die Hälfte der Gesellschaft täglich eine Benachteiligung aufgrund
     des eigenen Geschlechts. Wir kämpfen für eine gerechte Gesellschaft und echte
     Gleichstellung aller Geschlechter in unserer Gesellschaft. Dabei sollten wir den
     Blick in unserer eigenen Partei nicht verschließen.

     Stammtischrunden in Ortsvereinen, Vorstandssitzungen, Konferenzen auf den
     unterschiedlichsten Ebenen sind aktuell für FINTA*-Personen kein sicherer Ort.
     Angefangen bei unangenehmen Sprüchen, grenzüberschreitendem Verhalten bis hin zu
     sexueller Belästigung. All das ist Alltag in unserer Partei und die meisten FINTA*s
     haben es bereits erlebt.

     Sexismus ist die Diskriminierung, Unterdrückung und Abwertung einer Person aufgrund
     ihres Geschlechts. Sexismus ist geprägt von den traditionellen Rollenbildern und der
     Vorstellung, dass Männer aufgrund ihres Geschlechts überlegen sind.

     Sexismus beginnt nicht erst mit sexueller Belästigung oder offen sexistischen
     Sprüchen. Sexismus beginnt bereits viel früher. Bemerkungen, Berührungen oder das
     Verhalten von vielen unserer Genossen ist unangenehm und überschreitet Grenzen.

     Ein weiteres Problem stellt das Misgendern von TINA* (Trans, Inter, Nicht Binär,
     Agender) Genoss*innen da. Diese verletzende Praxis kann unbeabsichtigt aber auch
     absichtlich passieren, im letzteren Fall mit dem Bewusstsein und dem Kalkül verletzen
     zu wollen. Das Misgendern ist nur eine der Formen, mit der Transfeindlichkeit zum
     Ausdruck gebracht wird. Unangebrachte Fragen, Ausgrenzung und verletzende Kommentare
     sind weitere Formen, die auch bei uns vorkommen. Als Feminist*innen können und wollen
     wir solche Verhaltensweisen nicht akzeptieren! Wir stehen solidarisch an der Seite
     unserer TINA*-Genoss*innen und verurteilen jede Form der Ausgrenzung und Verletzung,
     die diese innerhalb unserer Partei erfahren.

     Dass sich in unserer Partei dennoch viele FINTA*s engagieren, hat sich die SPD nicht
     allein selbst zu verdanken, sondern basiert häufig auf dem Durchhaltevermögen der
     individuellen Personen, die sich diesen Problemen entgegenstellen.

     Um ein Raum zu werden in dem sich FINTA*s sicher fühlen und gerne sind, müssen wir
     weiterhin an unserem Feminismus arbeiten und diesen auch innerparteilich hochhalten.
     Für uns ist klar: Unser Feminismus schließt niemanden aus, wir stehen an der Seite
     von allen, die Sexismus, Transfeindlichkeit oder Einschränkungen ihres
     Selbstbestimmungsrechtes erfahren, sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer
     Strukturen. Unser Feminismus ist ein queerer Feminismus, der vor allem
     Gesellschaftliches in den Blick nimmt und von überholten Vorstellungen, die
     wissenschaftlich widerlegt sind, Abstand nimmt.

     Opfer zu schützen heißt, ihnen zu glauben, sie kurz- und langfristig zu unterstützen
     und Täter*innen zu konfrontieren. Wenn Vorfälle unter den Teppich gekehrt werden,
     führt das dazu, dass Opfer sich alleine fühlen und Täter*innen an anderer Stelle
     weitermachen können. Nur wenn Sexismus offen zur Sprache gebracht wird, schützen wir
     potentielle Opfer. Dabei sind wir alle gefordert, denn wir alle können Zeug*innen von
     sexistischem Verhalten werden und am besten schützen wir Opfer durch sofortiges
     Einschreiten in der Situation. Denn:

     Wer schweigt, stimmt zu!

     “Silence is Violence”, “Wer schweigt, stimmt zu”, “Wegschauen ist wie Zuschlagen” –
     es gibt viele markige Parolen, die alle dasselbe beschreiben – und sie sind
     zutreffend. Für Betroffene ist es egal, warum Umstehende nicht einschreiten und ihnen
     nicht helfen. Denn es macht für die unmittelbaren Auswirkungen der Übergriffe keinen
     Unterschied, ob jemand nichts tut, weil er*sie Angst hat, es nicht als Übergriff
     wahrnimmt oder es wirklich in Ordnung findet, was gerade passiert. Darum fordern wir
     alle Genoss*innen auf, aufmerksam zu sein: Lasst Übergriffe jeder Art nicht einfach
     stehen! Widersprecht, greift ein. Lasst Betroffene nicht allein und lasst Täter*innen
     nicht das Gefühl, ihr Verhalten sei in Ordnung! Wir fordern deshalb konsequente
     offene Aufarbeitung diskriminierender Vorfälle innerhalb der Partei und ein
     entsprechendes Bildungsprogramm auf allen Ebenen, um Menschen für sexistisches und
     queerfeindliches Verhalten zu sensibilisieren und Einschreiten zu trainieren.

     Sexismus geht größtenteils von Männern aus, doch alle Menschen können Misogynie und
     Sexismus internalisiert haben und diskriminierendes Verhalten an den Tag legen.
     Sexismus ist in jedem Fall inakzeptabel und muss sanktioniert werden ungeachtet des
     Geschlechts der Täter*innen bzw. des Opfers. Um dies besonders sichtbar zu machen,
     sprechen wir explizit von Täter*innen.

     Täter*innen schützen, heißt Probleme kriegen!

     “Wer schweigt, stimmt zu!” gilt gerade auch für Vorstände, die Täter*innen decken,
     warum auch immer. Es gibt keine Rechtfertigung, Übergriffigkeit zu decken.
     Auch bei uns gibt es Machtstrukturen, die dazu führen, dass Einzelne mit
     Fehlverhalten ungestraft davonkommen können, während Opfer oft aus Angst vor
     negativer Presse für die SPD oder persönliche Konsequenzen innerhalb des Verbandes
     schweigen. Das ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr. Nicht die Person, die
     Fehlverhalten anspricht und damit eventuell negative Presse ermöglicht, ist dafür
     verantwortlich, sondern die Person, die sich Fehl verhalten hat.

     Jeder Mensch wurde unterschiedlich sozialisiert und hat unterschiedliche persönliche
     Grenzen. Dadurch kann es zu unbewussten und ungewollten Grenzüberschreitungen kommen.
     Trotzdem sind das Grenzüberschreitungen denen nachgegangen werden muss und das heißt
     nicht, dass wir Menschen direkt verbannen möchten, sondern vielmehr, dass wir, in
     solchen Fällen, mit Bildungsarbeit und dem gemeinsamen Gespräch für eine Atmosphäre
     sorgen wollen, in der wir uns wohlfühlen können. Bei bewussten, wiederholten und
     systematischen Grenzüberschreitungen erwarten wir harte und unmittelbare
     Konsequenzen.

     Eine Partei, die sich immer wieder darauf beruft, feministisch zu sein und in der
     Tradition von (queer)feministischen Freiheitskämpfer*innen zu stehen, hat die
     Pflicht, diese Standards auch in den eigenen Reihen anzuwenden, Verdachtsfällen aktiv
     nachzugehen und Täter*innen konsequent zu sanktionieren.

     Es ist die Aufgabe von uns allen, diskriminierendes und übergriffiges Verhalten zu
     verurteilen und zu sanktionieren. Wir fordern den Bezirksvorstand der SPD Oberbayern,
     den Landesvorstand der Bayern SPD und den Vorstand der Bundespartei auf, endlich zu
     handeln und FINTA*s in der Partei zur Seite zu stehen. Wir erwarten, dass Konzepte
     zum Schutz von FINTA*s und zur Sanktionierung von sexistischem und übergriffigem
     Verhalten erarbeitet und vorgestellt werden. Diese müssen so konkret wie möglich
     regeln, wie mit solchen Fällen umgegangen werden soll. Insbesondere erwarten wir,
     dass sich alle Vorstände verpflichten, sich an diese Konzepte zu halten. An erster
     Stelle muss hierbei zwingend die Sicherheit von FINTA*s stehen. Täter*innen muss klar
     sein, dass die SPD keine Partei ist, in der sie sicher sind oder geschützt werden.

     Unsere Forderungen, kurz zusammengefasst:

    •  Das Einrichten einer anonymen, bürokratiearmen und zentralen Beschwerdestelle
       innerhalb der SPD.
    •  Eine konsequente Aufarbeitung der Beschwerden.
    •  Aufmerksamkeit für das Thema, in dem vor Veranstaltungen ausdrücklich auf dieses
       Problem hingewiesen wird und über die interne wie auch über externe
       Beschwerdemöglichkeiten informiert wird.
    •  Ein durch die Vorstände der SPD Bayern und Oberbayern erarbeitetes Konzept zum
       Schutz von FINTA*s inklusive Sanktionen für Täter*innen
    •  Sensibilisierung der Mitglieder für Sexismus und Queerfeindlichkeit und
       Empowerment zum Einschreiten – Solidarität mit allen Betroffenen!
    •  Das Ende des Täter*innen-Schutzes!
    •  (Queer-)Feminismus in der SPD etablieren!

    I1 Verbot von Wettanbieter- und Casinowerbungen

    12.09.2023

    Adressat*innen: Bezirkskonferenz der Jusos OBB, die Landeskonferenz Bayern und der
     Bundeskongress

     

     Sei es die Tipico-Filiale in der eigenen Stadt, der Spielautomat im Imbiss, oder aber
     das Casino am Stadtrand, so haben alle etwas gemeinsam: Es sind Rückzugs- und
     Gefahrenorte für Menschen, die an einer Spielsucht erkrankt sind, und junge Menschen,
     die dadurch Zugang zu Glücksspielen finden. Laut einer Studie der Bundeszentrale für
     gesundheitliche Aufklärung gab es 2021 ca. 430.000 Menschen mit problematischen
     Glücksspielverhalten, überwiegend junge männliche Erwachsene unter 25. Die Spielsucht
     betrifft jeden, unabhängig von Geschlecht, Familienstatus, oder Einkommen, sie
     zerstört ganze Existenzen und reißt diese in den Abgrund.

     Dem gilt es entgegenzuwirken, weshalb wir ein generelles Verbot von Casino- und
     Wettanbieterwerbungen online wie offline fordern. Dieses Verbot soll deutschlandweit,
     verbindlich, zu jeder Uhrzeit und unabhängig von der Art des Mediums (Fernsehen,
     Social Media, Videospiele) gelten, gleichermaßen für legale, in Deutschland
     lizensierte und illegale Anbieter.

     Besonders bei illegalen Anbietern von Online-Casinos muss die Kontrolle des Verbots
     stärker forciert werden, da diese ohne gültige Lizenz in Deutschland nach aktueller
     Regelung keinerlei Werbung schalten dürfen, jedoch in Deutschland 90 % der Werbung
     von diesen illegalen Online-Casinos stammen.

     Darüber hinaus fordern wir strengere Auflagen für Spielhallen oder Wettanbieter, die
     strikte Alterskontrollen und Sperrgebiete beinhalten. Konkret sollen solche Lokale in
     Innenstädten, in unmittelbarer Nähe von Schulen und Kindergärten (min. 1 km
     Luftlinie) sowie Universitäten/Hochschulen (min. 1 km Luftlinie) nicht betrieben
     werden dürfen. Des Weiteren sollen große Billboards oder Schilder, insbesondere mit
     Beleuchtung, vor den Lokalen nicht gestattet werden.

     Außerdem fordern wir die Umsetzung folgender Punkte:

    •  Der Zugang zu Online-Angeboten darf ausschließlich durch Vorlage der BUND-ID
       gewährleistet werden, um die Identität der Spieler zu verifizieren und den
       Zugang für Minderjährige zu verhindern.
    •  Casinos sind verpflichtet, ihren Kunden einen Selbstausschluss anzubieten,
       sollten sie problematisches Spielverhalten zeigen. Bei Online-Angeboten soll zur
       Erkennung von problematischem Glücksspielverhalten Software eingesetzt werden.
       Bei physischen Casinos sind die Mitarbeiter dazu verpflichtet, Schulungen in
       Bezug darauf zu durchlaufen und Kunden auf potenziell problematisches Verhalten
       anzusprechen.
    •  Spieler sollen zu jeder Zeit einen Selbstausschluss beantragen können, der
       sofort wirksam wird und in einem zentralen Register vermerkt wird. Dieser
       Selbstausschluss kann sowohl temporär als auch auf Lebenszeit beantragt werden.
       Ein Widerruf ist möglich und wird innerhalb von 4 Wochen wirksam.
    •  Es ist ein festes Einzahlungslimit festzusetzen, um exzessives Glücksspiel und
       finanzielle Risiken zu begrenzen.
    •  Es sind nur 2 Einzahlungen pro Casino-Besuch möglich, um die Kontrolle über
       finanzielle Ausgaben zu erleichtern und die Gefahr von unkontrolliertem Spielen
       zu reduzieren.
    •  Alle Formen des von sogenannten „Lootboxen“ sind als Glücksspiele einzustufen,
       hiermit sollen vor allem Jugendliche vor Glücksspiel geschützt werden.
    •  Verstöße gegen das Glücksspielrecht führen zum sofortigen Lizenzverlust.
    •  Bund und Länder sind verpflichtet, regelmäßig Kontrollen durchzuführen. Diese
       finden unangekündigt und unter Zuhilfenahme von „Testspielen“ statt.

    Begründung

    Die Werbung für in Deutschland lizensierte Glücksspiel- und Wettanbieter ist bereits aus gutem Grund eingeschränkt. Aus unserer Sicht zählen die Gründe für die aktuellen Einschränkungen jedoch für den Zeitraum zwischen 21 und 6 Uhr gleichermaßen. Ein Verbot der Werbung für Anbieter kommt keinem Verbot von Wett- und Glücksspielanbietern gleich, es sorgt jedoch dafür, dass durch Werbemaßnahmen nicht weiter Menschen in die Spielsucht gezogen werden.