Archive

E1 NATO-Ausschluss ermöglichen

29.11.2018

NATO-Ausschluss ermöglichen

Wir fordern, dass im Rahmen der Treffen des Nordatlantikrates notwendige Änderungen am Nordatlantikvertrag umzusetzen sind, um den Ausschluss eines Vertragspartners aus dem Nordatlantischen Bündnis zu ermöglichen, wenn dieser, die im Nordatlantikpakt beschriebenen gemeinsamen Grundideale, nicht mehr respektiert.
Konkret ist das gegenwärtig bei der Türkischen Republik der Fall. Deren Ausschluss ist geboten bis die politischen Verhältnisse wieder den Idealen einer freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechen.

I4 Reform des Namensrechts bei Eheschließung gemäß §1355 BGB

29.11.2018

Reform des Namensrechts bei Eheschließung gemäß §1355 BGB

Wir fordern eine Reform des Namensrechts bei der Eheschließung gemäß §1355 BGB und die Einführung einer Möglichkeit des Führens von Doppelnamen für beide Ehepartner.

B7 Demokratie in der Schule lehren und leben.

29.11.2018

Demokratie in der Schule lehren und leben.

Die SPD-Fraktionen der Landtage sowie des Bundestags sollen darauf hinwirken, dass das pädagogische Schulkonzept sowohl in Bayern, als auch bundesweit überarbeitet wird, so dass demokratische Grundlagen der Gemeinschaft der Menschen, die in unserem Land leben, während der gesamten Schulzeit gelehrt und gelebt werden. Zum Beispiel sollen gemeinschaftliche Aufgaben gestellt werden, die auch gemeinschaftlich benotet werden. Es muss gezeigt werden, dass der Beitrag jedes Schülers/in für das Gemeinwohl wichtig und notwendig ist.
 
Des Weiteren ist das Fach Sozialkunde in den Lehrplänen auf mehrere Jahrgangsstufen auszuweiten und die Wochenstundenzahl deutlich zu erhöhen. Ebenso ist im Fach Wirtschaft und Recht vertieft auf arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und andere gesellschaftspolitische Aspekte vertieft einzugehen.

B6 Den Ausbildungsreport ernst nehmen: Wie wir die Berufsbildung von Morgen gestalten

29.11.2018

Den Ausbildungsreport ernst nehmen: Wie wir die Berufsbildung von Morgen gestalten

Wird nach dem Grund für den Erfolg der deutschen Volkswirtschaft gefragt, so ist das duale Ausbildungssystem häufig die erste Antwort. Durch die Kombination aus praxisrelevanter Bildung am Arbeitsplatz und einer Mischung aus Allgemeinwissen und fachspezifischer Bildung in den Berufsschulen vermag es das duale Ausbildungssystem, vermutlich wie kein anderes Bildungssystem, hochqualifizierte Facharbeiter*innen hervorzubringen und damit das Fundament für die Herstellung  jener Qualitätsprodukte zu legen, für die das Label „Made in Germany“ weltweit steht. Auch für die Beschäftigten ist das duale Ausbildungssystem ein Erfolgsmodell: So liegt die Arbeitslosenquote bei Personen ohne Berufsabschluss in Deutschland bei 20%, während Personen mit betrieblicher bzw. schulischer Berufsausbildung eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 4,2% aufweisen[1]. Auch steigt die Arbeitszufriedenheit, wenn eine Berufsausbildung absolviert wurde[2], sowie das Lebenseinkommen: Im Durchschnitt verdient eine Person mit abgeschlossener Berufsausbildung um 242.000 EUR mehr als eine Person ohne entsprechende Ausbildung[3].

Dennoch ist die Entwicklung des dualen Ausbildungssystems in Deutschland alarmierend. So wurde im letzten Berichtsjahr mit 1,337 Millionen Personen ein historisches Minimum an Menschen in dualer Ausbildung seit Aufzeichnungsbeginn 1993 erreicht. Zudem wurden in den letzten drei Jahren die geringsten Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen gemessen. Dass die Abnahme der Personen in Berufsausbildung mitnichten ein Ergebnis der demografischen Entwicklung ist, wird durch eine rückläufige Auszubildendenquote, d.h. dem Verhältnis von Personen in Ausbildung relativ zur Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, versinnbildlicht[4]. Dieser Trend wird sowohl von der Angebotsseite, als auch von den Nachfrager*innen nach Ausbildungsplätzen bestimmt. Zwar ist das Ausbildungsplatzangebot 2015 relativ zum Vorjahr leicht gestiegen, dennoch markiert der Wert mit 563.055 das zweitgeringste Ausbildungsplatzangebot seit der Wiedervereinigung. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen durch Privatpersonen rückläufig: Mit 602.886 nachgefragten Ausbildungsplätzen in 2015 setzt sich der Abwärtstrend in der Nachfrage weiter fort. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Attraktivität der dualen Ausbildung für Ausbilder*innen wie auch für Auszubildende in den letzten Jahren gesunken ist. Über die tatsächliche Nachfrage nach Auszubildenden durch die Betriebe lässt sich im Übrigen streiten, erreichte die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze in 2015 ihr historisches Maximum[5]. Häufig ist das Melden von Überkapazitäten bei Ausbildungsplätzen lediglich ein Vorwand, um den Pool an Bewerber*innen und / oder die Reputation des Unternehmens zu erhöhen. Auch sind die Passungen von Nachfrage und Angebot geographisch höchst unterschiedlich: Während im Norden und Westen Nachfrager*innen Schwierigkeiten beim Finden eines (passenden) Ausbildungsplatzes haben, treten im Osten wie im Süden Probleme beim Finden von Auszubildenden durch die Anbieter*innen auf. Passungsprobleme, d.h. das gleichzeitige Vorhandensein von erfolglosen Nachfrager*innen und unbesetzten Ausbildungsplätzen, treten vor allem in Ostdeutschland auf. Überangebote von Ausbildungsplätzen sind im Hotel- und Gaststättengewerbe, Übernachfragen im Bereich Web- und Mediendesign zu finden[6]. Zudem sind Probleme regional höchst diversifiziert: Während in Großstädten ein hoher basaler Versorgungsgrad[7] vorliegt, ist dieser in den umliegenden Einzugsgebieten gering. Im Ergebnis führt dies zu einem erhöhten Pendler*innenaufkommen im Umkreis der Städte. Eine besonders hohe Mobilitätsbereitschaft liegt in ländlichen Gebieten mit geringer Siedlungsdichte vor.[8] Gerade hier mangelt es häufig an öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, welche Mobilität garantieren soll.
Im Ergebnis lässt sich entsprechend feststellen, dass im Bereich der Berufsausbildung angebotsseitige wie nachfrageseitige Probleme auftreten. Zudem treten regional Passungsprobleme auf. Höhere Mobilität führt im Einzugsbereich größerer Städte zu Pendler*innenbewegungen hin zum Ausbildungsort in der Stadt. In ländlichen Gebieten ist die Verfügbarkeit von öffentlicher Verkehrsinfrastruktur entscheidend. Diese gesamtwirtschaftlichen Probleme sind Ergebnisse von Einzelentscheidungen, sowohl von (potentiellen) Arbeitnehmer*innen sowie von (möglichen) Ausbildungsbetrieben. Ferner spielt die politische Investitionsbereitschaft eine herausragende Rolle. Im Folgenden werden Anreizmechanismen vorgestellt, die zur Steigerung von Ausbildungsplatzangeboten wie Ausbildungsnachfragen führen können. Daraus leiten wir unsere politischen Forderungen ab.



Nachfrageseitige Maßnahmen

Nach Beendigung der schulischen Ausbildung hängt die Entscheidung für oder gegen die duale Berufsausbildung wesentlich von dessen Attraktivität gegenüber Alternativen wie Lohnarbeit und Studium ab. Ein Faktor, der dabei maßgeblich ist, ist die Ausbildungsqualität. Je höher die Qualität der Ausbildung ist, desto mehr wird während der Ausbildung erlernt. Entsprechend ist die Ausbildungsqualität ein Maß für die persönliche Rendite der Ausbildung.
Eine wesentliche Rolle kommt hierbei den Berufsschulen zu. Dabei kommt es einerseits auf eine stets aktuelle Ausstattung mit Lern- und Arbeitsmitteln an, um den geänderten Arbeitsrealitäten in den Betrieben im Zeitalter der Digitalisierung gerecht zu werden, aber auch auf geänderte Präferenzen von Menschen, beispielsweise in sozialen Berufen reagieren zu können. Gleichzeitig muss in den Berufsschulen gewährleistet werden, dass das gelehrte tatsächlich auch für die Arbeitsrealität der Auszubildenden von Relevanz ist. Entsprechend ist der Austausch zwischen Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen von erheblicher Bedeutung. Auch muss ein sinnvoller Betreuungsschlüssel in den Schulen eingehalten werden, um eine sinnvolle Wissensvermittlung zu gewährleisten. Gerade im praktischen Unterricht ist direkte Betreuung der Berufsschüler*innen maßgeblich, sowohl für den Lernerfolg wie auch für den Arbeitsschutz. Auch müssen Beteiligungsmöglichkeiten für Schüler*innen gegeben sein: Durch die Ausrichtung des Unterrichts nach den Bedürfnissen der Auszubildenden steigt einerseits die Relevanz des vermittelten Stoffs und andererseits auch die Motivation. Der Ausbildungsreport 2017 der DGB-Jugend stellt in keinem der genannten Bereiche Fortschritte relativ zum Stand von 2012 fest.
Um eine qualitativ angemessene Lehre in den Berufsschulen zu gewährleisten, fordern wir Jusos daher die zeitgemäße Ausstattung der Berufsschulen mit Lern- und Arbeitsmitteln. Dabei sind ausreichende Mittel durch den Staat bereit zu stellen, um die Ausstattung von Berufsschulen mit Computerinfrastruktur, aktuellen Maschinen, Arbeitsmaterialien und Lehrbüchern sicher zu stellen. Berufsschulen müssen sowohl mit der technischen Entwicklung der Arbeitsgeräte im Betrieb, wie auch mit der Digitalisierung in den privaten Lebensbereichen der Menschen, mithalten können.
Ferner fordern wir eine engere Verzahnung und Vernetzung von Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben. In Form von regelmäßigen Treffen von Ausbildungsbetrieb und Berufsschule soll der Austausch zwischen den beiden Lehr- und Lernstätten befeuert werden, um die Vermittlung von berufsrelevantem Wissen zu verbessern. Gleichzeitig sollen Ausbildungsbetriebe im Rahmen eines Ausbildungsplans für jeden Ausbildungsberuf, der gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitgeber*innenverbänden zu erarbeiten ist, stärker in die Ausgestaltung der Ausbildung eingebunden werden.
Zur Verbesserung der Partizipationsmöglichkeiten von Auszubildenden in den Berufsschulen fordern wir die Etablierung von Auszubildendenräten in den Berufsschulen, die jährlich zu wählen sind. Dabei entsenden die jeweiligen Ausbildungszweige innerhalb einer Berufsschule demokratisch gewählte Vertreter*innen, die innerhalb des jeweiligen Rates Belange der Auszubildenden gegenüber der Berufsschule vertreten. Ihnen muss dabei Einfluss auf die Lehre in den Berufsschulen, wie auch auf die Verwendung von Mitteln innerhalb des Fachbereichs eingeräumt werden. Für gesamtschulische Belange bilden Vertreter*innen der jeweiligen Auszubildendenräte ein gemeinsames Azubi-Parlament, welches die Interessen der Gesamtheit der Berufsschüler*innen gegenüber der Schulleitung vertritt. Zudem sind die Vertretungen sowohl fachintern, wie auch fachübergreifend, zwischen den Berufsschulen durch regelmäßige Konferenzen zu vernetzen.

Der größte Einflussfaktor für die Ausbildungsqualität im Betrieb ist das Bestehen einer Interessenvertretung im Betrieb, also eine Jugend- und Auszubildendenvertretung oder ein Betriebs- bzw Personalrat. Sie sorgen arbeitnehmer*innenseitig für die Überprüfung der Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen. Gibt es keine Interessenvertretung im Betrieb, gibt es auch niemanden, der*die diese Aufgaben übernimmt. Entsprechend greifen die von gesetzgeberischer Seite institutionalisierten Mechanismen zur Sicherung der Ausbildungsqualität ins Leere, wenn im Betrieb kein Betriebsrat und keine Jugend- und Auszubildendenvertretung existiert. Darüber hinaus sind die oft nicht verbindlich oder lassen sich einfach umgehen. Für die Garantie einer attraktiven, weil qualitativ hochwertigen, Berufsausbildung muss daher der gesetzliche Rahmen und die Mitbestimmung gestärkt werden.
Ein zentrales Instrument zur Sicherung der Ausbildungsqualität ist dabei der betriebliche Ausbildungsplan. Dieser überträgt die Elemente des Ausbildungsrahmenplans auf den Betrieb und legt die sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung fest.  Entsprechend wird im Ausbildungsplan fixiert, welcher Ausbildungsinhalt in welchem Zeitrahmen durch welche Lehrperson im Betrieb vermittelt wird. Gemäß §11 Berufsbildungsgesetz ist der betriebliche Ausbildungsplan dem Ausbildungsvertrag beizufügen. Dennoch liegt mehr als einem Drittel von 11.876 Befragten kein betrieblicher Ausbildungsplan vor, und in einer Vielzahl der Fälle wird der Ausbildungsplan nicht immer, oder gar selten oder nie, eingehalten.[9] Ohne Kenntnis über den betrieblichen Ausbildungsplan können Auszubildende nicht trennscharf zwischen ausbildungsfremder und ausbildungseigener Tätigkeit unterscheiden. Außerdem können sie nicht mit absoluter Sicherheit das Erlernen eines Ausbildungsinhalts einfordern. Entsprechend schwächt das Fehlen des betrieblichen Ausbildungsplans die Position der Auszubildenden. Da der Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplan bereits besteht, muss die Durchsetzung des Anspruchs verbessert werden. Dazu ist es zunächst notwendig, die Auszubildenden über ihre Rechte zu informieren. Direkt nach Ende der Probezeit müssen sie über die Berufsschulen unter Einbeziehung des DGB über ihre rechtliche Stellung informiert werden. Zudem soll eine Checkliste mit Dokumenten an die Auszubildenden verteilt werden, welche die neben dem Ausbildungsvertrag erforderlichen Dokumente ausweist. Bei der Meldung der Auszubildenden an die Berufsschulen durch die Betriebe soll bestätigt werden müssen, dass alle gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen an den*die Auszubildende*n übergeben wurden. Am ersten Berufsschultag sollen neben dem Ausbildungsvertrag Anlagen, insbesondere der betriebliche Ausbildungsplan, vorgelegt werden müssen. Fehlen entsprechende Anlagen, so wird dies unverzüglich der zuständigen Kammer gemeldet und die entsprechenden Unterlagen durch die Kammer und Berufsschule beim Ausbildungsbetrieb angefordert und dem*der Auszubildenden übergeben. Zudem sollen Abweichungen vom Ausbildungsplan grundsätzlich nicht erlaubt sein. Änderungen am Ausbildungsplan sind im Einvernehmen beider Parteien unter engen Vorgaben nur dann zulässig, sofern sie dem Gesamtausbildungsziel explizit zuträglich sind.
Das alleinige Vorliegen eines betrieblichen Ausbildungsplans garantiert jedoch noch nicht, dass während der Ausbildung keine ausbildungsfremden Tätigkeiten ausgeübt werden müssen. Um sicher zu stellen, dass die Ausbildung tatsächlich ihrem Namen gerecht wird, sind Ausbildungsbetriebe durch die zuständige Kammer regelmäßig zu überprüfen. Insbesondere sind dabei die Auszubildenden anzuhören. Zudem müssen unabhängige Kontrollinstanzen geschaffen werden, bei denen das Verrichten fachfremder Tätigkeiten angezeigt werden kann. Gewerbeaufsichtsämter sind mit mehr Personal auszustatten, damit regelmäßige, unangekündigte Kontrollen stattfinden können. Diese sind mindestens einmal pro Jahr in jedem Betrieb und in Verdachtsfällen anlassbezogen durchzuführen. Berufsbildungsausschüsse sind mit einem Anhörungsrecht zu versehen und mit ein Unterausschuss zur Ausbildungsqualität ist zu etablieren.
Gleichzeitig ist der Missbrauch des Ausbildungsverhältnisses zur Verrichtung ausbildungsfremder Tätigkeiten rechtlich schärfer zu ahnden: In Härtefällen muss die Ausbildungsberechtigung entzogen werden können.
Eine weitere, zentrale Instanz zur Prüfung der Ausbildungsqualität ist das Berichtsheft, welches durch den*die Auszubildende zu führen ist. Es macht eine Gegenüberstellung des Status Quo der Ausbildung und dem im Ausbildungsplan formulierten Ausbildungsziel möglich und dient daher der Kontrolle des Betriebs wie auch des*der Auszubildenden. Da Ausbildung im Betrieb immer ein Wechselverhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden bedeutet, muss auch beim Formulieren des Berichtshefts Rücksprache mit den Ausbildenden möglich sein. Ferner ist das Berichtsheft Bestandteil der betrieblichen Ausbildung und damit während der Arbeitszeit zu führen. Dennoch wird das Berichtsheft in vielen Fällen nicht am Arbeitsplatz, sondern zu Hause von den Auszubildenden geführt, weil Ausbildungsbetriebe hierfür keine Zeit einräumen. Zudem ist das Berichtsheft nicht für alle Ausbildungen obligatorisch. Entsprechend fordern wir die Einführung von Berichtsheften für alle Ausbildungsberufe als Zulassungsvoraussetzung für die Abschlussprüfung. Zudem ist in das Berufsbildungsgesetz aufzunehmen, dass das Berichtsheft während der Arbeitszeit am Ausbildungsort zu führen ist.
Ferner ist es für eine Ausbildung unerlässlich, dass Ausbilder*innen erreichbar sind. Nur bei Wissensvermittlung durch Ausbildungspersonen ist sichergestellt, dass fachliche wie didaktische Qualifikation für die Vermittlung der ausbildungsrelevanten Kenntnisse vorliegt. Entsprechend muss bei den Ausbilder*innen das Bewusstsein geschaffen werden, dass ihre Präsenz und Erreichbarkeit für den Erfolg der Ausbildung zentral sind. Zu diesem Zweck fordern wir, dass einheitliche Standards bei der Ausbildung zu Berufsausbilder*innen festgelegt werden, die die Anwesenheit und Erreichbarkeit von Ausbilder*innen für alle Ausbildungsberufe in den Mittelpunkt rücken. Ferner sollen didaktische, pädagogische und jugendpsychologische Kompetenzen vermittelt werden. Die Auffrischung dieser Kompetenzen ist durch regelmäßige Lehrgänge sicher zu stellen. Die Verbindlichkeit ist in der Ausbildungseignungsverordnung zu fixieren. Für eine angemessene Betreuung der Auszubildenden muss ein rechtsverbindlicher Schlüssel von maximal 8 Auszubildenden pro Ausbilder*in festgeschrieben werden.

Ein ganz wesentlicher Hebel hinsichtlich der Ausbildungsqualität ist, neben den genannten institutionellen Maßnahmen und der Interessenvertretungen, die festgelegte Ausbildungszeit, welche sowohl die Arbeitszeit im Betrieb, wie auch die Nach- und Vorarbeitszeit für die Berufsschule umfasst, sowie der Umgang mit Überstunden. Infolge der Mehrfachbelastung von Auszubildenden durch Arbeit in der Ausbildungsstätte, Berufsschule sowie Vor- und Nachbereitung des gelernten Inhalts ist ausreichend Zeit für Regeneration, Freizeit und Ehrenamt für den langfristigen Erfolg der Ausbildung unerlässlich. Dennoch werden gerade von Auszubildenden, aufgrund von Betriebshierarchie und ungünstiger Verhandlungsposition mit Hinblick auf die Übernahme, Überstunden und Wochenendarbeit häufig erwartet. Dies konterkariert jedoch den eigentlichen Zweck der Ausbildung, nämlich nicht die Profitorientierung, sondern das Erlernen einer Fachtätigkeit. Um den Missbrauch der Ausbildung zu verhindern und eine ausreichende Regeneration, auch in Hinblick auf die Berufsschule, zu gewährleisten, fordern wir daher ein Verbot von Überstunden für Personen in Ausbildung. Ferner kommt dem Wochenende eine besondere Rolle für die Regeneration zu. Insofern darf Wochenendarbeit in der Ausbildung nur dann geleistet werden, sofern die dort vermittelten Ausbildungsinhalte während der Woche unter keinen Umständen vermittelt werden können. Selbiges gilt für Schichtdienste. Für Minderjährige sind Überstunden, Schichtdienst und Wochenendarbeit generell zu verbieten.
Ferner sind Betriebe gelegentlich kreativ, was die Auslegung gesetzlicher Vorschriften hinsichtlich der Anrechnung von Berufsschulzeiten auf die Arbeitszeit anbelangt. Um dies künftig zu verhindern und Prozesskosten zu vermeiden, fordern wir daher die Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen im Berufsbildungsgesetz dahingehend, dass Berufsschulzeiten einschließlich Wege- und Pausenzeiten vollständig auf die Arbeitszeit angerechnet und vergütet werden. Die Rückkehrpflicht nach der Berufsschule in den Betrieb muss – unabhängig vom Alter des*der Auszubildenden und der Dauer des Berufsschultages – abgeschafft werden. Dabei ist ein Berufsschultag stets als voller Arbeitstag anzurechnen. Ferner wird, um eine ausreichende Vorbereitung für Prüfungen zu gewährleisten, fünf Tage Sonderurlaub für Auszubildende vor allen Teilen der Abschluss-, bzw Zwischenprüfungen eingeräumt.
Schlussendlich bringen stärkere gesetzliche Leitplanken nichts, solange sie nicht umfassend kontrolliert und bei Nichteinhaltung schmerzvoll sanktioniert werden. Entsprechend bedarf es einer Verstärkung der Betriebskontrollen, insbesondere auch zu Nachtzeiten und am Wochenende, um Verstöße zu identifizieren. Sanktionen dürfen dabei nicht bei kleinen Geldbußen enden, sondern müssen empfindliche Strafen und bei gravierenden Verstößen auch zwingend den Entzug der Ausbildereignung zur Folge haben. Außerdem müssen Ausnahmeregelungen und Öffnungs-
klauseln beim Jugendarbeitsschutz gestrichen werden. Arbeitsschutz und die Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen Ausbildungsrahmens dürfen sich nicht an den Bedürfnissen einzelner Betriebe oder Branchen orientieren, sondern müssen stets auf die Auszubildenden ausgerichtet werden.
Schlussendlich wollen wir auch über die Vergütung von Ausbildung reden. Schließlich sind alle blumigen Worte über die Wichtigkeit der dualen Ausbildung, die nur zu gerne als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet wird, nichts außer Schall und Rauch, sofern sie sich nicht in der Bezahlung niederschlagen. Die Ausbildungsvergütung zeigt die Wertigkeit der Ausbildung auf, die ihr die Wirtschaft beimisst. Dabei legt sie sowohl zwischen den Ausbildungsberufen eine Art Hierarchie fest, wie auch relativ zu Alternativen zur Berufsausbildung, beispielsweise dem Studium. Ferner fungiert sie als finanzielle Hilfe für die Auszubildenden und hilft, deren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem sichert sie qualifizierten Nachwuchs, da sie mit Entlohnung lockt.
Letztere Funktion hat die Ausbildungsvergütung in den letzten Jahrzehnten zunehmend verfehlt. So liegt die Ausbildungsvergütung im ersten Jahr durchschnittlich bei 695 EUR brutto und damit etwas unterhalb des Niveaus des BAföG-Höchstsatzes. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Vielzahl an Ausbildungsberufen im ersten Lehrjahr weit unter den Sätzen des BAföG bezahlt. In der Konsequenz erscheint das Studium aufgrund höherer Fördersätze häufig gesellschaftlich erwünschter als die Berufsausbildung, was zu einer Umlenkung von Jugendlichen führt, die sich ansonsten gegebenenfalls für die duale Ausbildung entschieden hätten. Neben der Wertschätzung bildet die Vergütung der Ausbildung immer auch die Basis finanzieller Eigenständigkeit. Mit einer Ausbildungsvergütung unterhalb des BAföG-Höchstsatzes ist allerdings ein eigeneständiges Leben nicht möglich. Um allen Auszubildenden ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Eigenständigkeit zu garantieren und eine angemessene Wertschätzung, auch relativ zu anderen Alternativen, zu bieten, fordern wir eine Mindestausbildungsvergütung in Höhe des BAföG-Höchstsatzes ab Ausbildungsbeginn. Zur Wahrung der Tarifautonomie und Stärkung der Gewerkschaften gegen das Umgehen der Tarifbindungen mit außertarifären Lösungen wollen wir Allgemeinverbindlichkeitserklärungen ausweiten. Wir streben ein Ausbildungssystem an, in dem jeder Ausbildungsberuf durch einen entsprechenden Ausbildungstarif gesichert ist.
Zusätzlich zur vergleichsweise geringen Entlohnung werden Auszubildende durch Mehrkosten für Schulgeld und Lernmittel belastet. Wir fordern daher, dass alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Ausbildung für den*die Auszubildende anfallen, vom Betrieb getragen werden müssen.
Schlussendlich ist Sicherheit für Beschäftigte ein wichtiger Aspekt. Gerade für Jugendliche spielt die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis über die Ausbildung hinaus bestehen bleibt, eine gewichtige Rolle. Entscheidungen wie der Bezug einer Wohnung oder das Gründen einer Familie werden immer auch maßgeblich von der beruflichen Sicherheit geprägt, ebenso wie größere, immobile Investitionsentscheidungen. Wir fordern deshalb eine allgemeine Übernahmeverpflichtung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Gerade kurzfristige Ankündigungen hinsichtlich der Übernahme führen bei vielen Auszubildenden zu unnötig großer Unsicherheit und üben Leistungsdruck aus. Entsprechend fordern wir eine Ankündigungsfrist bei geplanter Nichtübernahme: Wird ein*e Auszubildende*r nicht übernommen, so muss dies ein Jahr vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mitgeteilt werden und entsprechend durch wichtige Gründe erläutert werden. Lässt der*die Arbeitgeber*in diese Frist verstreichen, so besteht der Rechtsanspruch auf eine unbefristete Stelle in Vollzeit für den*die Auszubildende.

All jene genannten Maßnahmen tragen zur Attraktivität der dualen Berufsausbildung bei. Sie korrigieren Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre, gewährleisten die Durchsetzbarkeit institutioneller Rahmenbedingungen und motivieren durch direktere und inklusivere Partizipationskanäle. Gleichzeitig gilt es aber auch das Angebot an Ausbildungsplätzen zu verändern und Anreize für ein Mehr an Ausbildung von Seiten der Betriebe zu setzen.


Angebotsseitige Maßnahmen

Neben den genannten Maßnahmen, die eine Ausbildung für Jugendliche wieder attraktiver machen und damit mit Versäumnissen der letzten Jahre aufräumen, gilt es sicherzustellen, dass Betriebe ausreichend Ausbildungsplätze anbieten. Wie eingangs erwähnt, ist die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze seit Jahren rückläufig.
Der zentrale Grund für den Rückgang der Zahl der Ausbildungsplätze ist, dass Ausbildung Kosten verursacht. Zwar fallen in Landwirtschaft und freien Berufen Ausbildungskosten nur in geringem Umfang an (was maßgeblich an der mangelnden Tarifbindung liegt), dennoch kostet die Berufsausbildung die Betriebe Geld. Ein Ausbildungsplatz im Handwerk verursacht dabei Nettokosten im Umfang von durchschnittlich 2513 EUR, in Industrie und Handel 4607 EUR und im öffentlichen Dienst rund 7234 EUR[10]. Rekrutieren Arbeitgeber*innen hingegen erst Erwerbspersonen mit abgeschlossener Berufsausbildung, so sparen sie sich diese initialen Kosten zunächst ein. Entsprechend profitieren Betriebe, die nicht, oder unterhalb des eigenen Bedarfs, ausbilden, von Betrieben, welche über ihren Bedarf ausbilden. Um diese Fehlanreize zu vermeiden, müssen Kosten für die Ausbildung gesamtheitlich von den Betrieben getragen werden. Zu diesem Zweck fordern wir Jusos die Etablierung einer Ausbildungsumlage: Alle Betriebe, die nicht, oder unterhalb ihres Bedarfs, ausbilden, leisten Zahlungen in einen Ausbildungsfonds. Gleichzeitig erhalten Unternehmen, die über ihre Kapazitäten hinaus ausbilden, Zahlungen aus diesem Fonds. Damit werden Kosten für die Ausbildung gerecht unter allen Betrieben verteilt. Gleichzeitig sind wir der Überzeugung, dass die Ausbildung nachhaltige Pflicht von Unternehmen sein muss. Entsprechend werden nicht nur Ausgleichszahlungen zur Verteilung der Kostenlast für die Ausbildung in den Fonds geleistet, sondern ferner auch Zahlungen darüber hinaus, welche der fehlenden Bereitschaft zur Ausbildung und damit zum nachhaltigen Aufrechterhalten des Wirtschaftssystems Rechnung tragen. Schließlich entstehen einer gesamten Volkswirtschaft Kosten, wenn betriebliche Bildung aufgrund kurzfristigen Gewinnkalküls durch den Staat übernommen werden muss.
Zudem sinkt die Zahl der ausbildenden Kleinbetriebe seit Jahren. Gründe hierfür liegen in der Unerfahrenheit mit dem Ausbildungssystem, im Umgang mit dem gestiegenen Umfang an Bewerbungen sowie dem Fehlen von geeigneten Ausbilder*innen und Arbeitsgeräten.
Wir Jusos fordern daher die Auflage eines großflächig angelegten Ausbildungsprogramms der Bundesarbeitsagenturen für kleinere Unternehmen, welches bei der Sichtung der Bewerbungen zur Hand geht und geeignete Bewerber*innen vermittelt. Zudem sollen durch Mitarbeiter*innen des Arbeitgeber*innenservice der Bundesagentur gezielt auf Ausbildungspartnerschaften, Tandem- und Verbundausbildungen hingewiesen werden.
Schlussendlich muss der Staat dann korrigierend eingreifen, wenn der Markt versagt. Liegen nicht genügend Ausbildungsplätze vor, so muss der Staat die vorhandene Nachfrage durch die Schaffung entsprechender Ausbildungsplätze sättigen. Zu diesem Zweck fordern wir Jusos die Einführung einer gesetzlichen Ausbildungsplatzgarantie. Diese Umfasst das Versprechen an jede*n Jugendlichen*n, dass, sofern kein Ausbildungsplatz gefunden wurde, eine duale Berufsausbildung für mindestens drei Jahre mit mindestens 50% betrieblicher Praxis garantiert wird. Betriebe, die aufgrund geänderter Wirtschaftslage Auszubildende suchen, können Auszubildende aus den Ausbildungsstätten abwerben. Außerbetriebliche Ausbildungen werden mit dem branchen- und ortsüblichen Maßstäben vergütet. Die außerbetriebliche Ausbildung wird mit den Mitteln des Ausbildungsfonds finanziert.
Alle genannten Maßnahmen zielen darauf ab, das Angebot an Ausbildungsplätzen zu erhöhen. Dennoch kann es vorkommen, dass Anbieter*in und Nachfrager*in zwar existieren, aber nicht zueinander finden. In diesen Fällen spricht man von Missmatch. Werkzeuge zur Vermeidung und Reduzierung von Missmatch finden sich im Folgenden.

Infrastrukturmaßnahmen

Ferner wirkt sich fehlende Infrastruktur hinderlich auf die freie Wahl der Ausbildung sowie das Finden passender Ausbildungsplätze aus. Zwar decken Berufsschulen in der Fläche die klassischen Handwerks-, Industrie- und Handelsberufe ab, allerdings oftmals nicht alle in der Fläche verbreiteten Tätigkeiten. So müssen für konventionelle Ausbildungen wie die des*der Steuerberatungsgehilf*in häufig bis zu hundert Kilometer vom Ausbildungsort zur Berufsschule zurückgelegt werden. Dies mindert die Wahlfreiheit für Minderjährige massiv, sofern keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, die zu Schulbeginn ein Erreichen der Schule ermöglichen. Gleichzeitig werden Auszubildende durch Kosten für Mobilität belastet. Um eine wirkliche Wahlfreiheit der Ausbildungsberufe zu gewährleisten fordern wir daher ein kostenfreies Azubi-Ticket, welches die Mobilität im gesamten Bundesland der Ausbildung garantiert. Findet die Ausbildung in einem sich zum Wohnort unterscheidenden Bundesland statt, so ist die kostenfreie Mobilität jedenfalls bis zur Ausbildungsstätte zu sichern. Langfristig sollen alle Personen in Ausbildung, also Schüler*innen, Auszubildende, Studierende und Freiwillige zu einem landesweiten Auszubildendenticket zusammengefasst werden. Kann mittels öffentlicher Verkehrsinfrastruktur trotzdem keine pünktliche Anreise zum Berufsschulstandort gewährleistet werden, so sind Alternativen, wie berufsschulnahe, kostenfreie Auszubildendenwohnheime, in Betracht zu ziehen.
Um Missmatch auf dem Ausbildungsmarkt zu reduzieren, ist über eine Erhöhung der Mobilität nachzudenken. Sitzt beispielsweise die*der passende Bewerber*in in Bayern, während sich die Stelle in Brandenburg befindet, so können überregionale Vermittlungsmaßnahmen über die Bundesagentur für Arbeit beim Matchen der beiden Parteien helfen. Ferner können Azubi-Wohnzulagen oder Begrüßungsgelder für Auszubildende die Anreize zum Umzug erhöhen. Ferner ist über eine stärkere Kooperation zwischen Arbeitsagenturen und Ausbildungsbetrieb nachzudenken: Verfügt ein*e Bewerber*in zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht über die notwendigen Kompetenzen für den Beginn eines Ausbildungsverhältnisses bei einem Betrieb, und bleibt dieser Ausbildungsplatz ansonsten unbesetzt, so soll ein Qualifizierungsabkommen mit der Bundesagentur für Arbeit geschlossen werden können. Dabei garantiert die Bundesagentur, die Vorqualifizierung der Bewerber*innen zu übernehmen. Im Gegenzug garantiert die Ausbildungsstätte, dass nach erfolgter Qualifizierung die*der Bewerber*in einen Ausbildungsplatz erhält.

All diese genannten Maßnahmen stärken die duale Ausbildung. Sie helfen Ausbildungsinteressierten, die geeignete Stelle für sie zu finden, und sichern Stabilität, Eigenständigkeit und gute Ausbildungsqualität. Sie stellen ferner Gerechtigkeit unter den Betrieben her und garantieren, dass genügend Ausbildungsplätze vorhanden sind. Sie tragen zudem zum Ausgleich zwischen den Regionen, zwischen Stadt und Land sowie zwischen West und Ost bei. Mit der Etablierung oben genannter Maßnahmen wird daher für eine gerechte und solidarisch finanzierte Ausbildung gesorgt, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und den wirtschaftlichen Erfolg der Zukunft sicherstellt.

[1] Vgl. Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquote, Bundesagentur für Arbeit
[2] Vgl. Arbeitszufriedenheit, DIW
[3] Vgl. IAB Kurzbericht 1/2014
[4] Vgl. IAB Expertise Berufliche Berufsausbildung und Weiterbildung in Deutschland
[5] Vgl. Berufsbildungsbericht 2016
[6] Vgl. Berufsbildungsbericht 2016
[7] Der basale Versorgungsgrad misst das Verhältnis von Ausbildungsplatzangeboten relativ zu Personen in Ausbildung vor Ort und ist daher ein Indikator für die Versorgungslage einer Region mit Arbeitsplätzen
[8] Vgl. Berufsbildungsbericht 2016
[9] Vgl. Ausbildungsreport 2017, DGB-Jugend
[10] Daten: Statistisches Bundesamt

P7 Unvereinbarkeit von Doppelmandaten in Parlamenten oberhalb der Landesebene

29.11.2018

Wir fordern eine rechtliche Neuordnung, die eine Unvereinbarkeit von Mandaten in Bundestag, Landtag und Europäischem Parlament miteinander festschreibt.

U2 Wir sind Teil der Wolf-gang

29.11.2018

Wir sind Teil der Wolf-gang

Wir fordern ein klares Signal der Politik für die Rückkehr des Wolfes nach Bayern und dessen verbleib.
Dem Wolf kommt eine relevante Bedeutung für das Ökosystem Wald zu und nicht nur deshalb steht er unter besonderem Schutz. Die „Wolfspassage“ im Koalitionsvertrag, steht im Gegensatz zu den Forderungen von Umweltverbänden und uns. Deshalb wünschen wir deren „Entnahme“. Die Überprüfung – vielmehr die Aufweichung- dieses Schutzstatus ist nicht nur unnötig, sondern zeichnet in der Öffentlichkeit ein falsches Bild dieser von Natur aus seltenen und sich selbst regulierenden Tierart.
Wir schließen uns der Forderung des BN, nach einem Förderprogramm zur strukturellen Anpassung der bisherigen Beweidungsformen an. Mögliche Herdenschutzmaßnahmen (Zäune, Herdenschutzhunde usw.), wie sie bereits in anderen Bundesländern existieren, würde die Tötung von Wölfen gänzlich hinfällig machen. Jedoch ist bereits heute die „Entnahme“ von „Problemwölfen“ rechtlich möglich. Die Möglichkeit eines Förderprogramms für Nutztierhalter_innen in Form eines „Biodiversitäts-Bonus“ erscheint uns sinnvoll.
Außerdem ist der Stat/die jeweilige Landesregierung in der Pflicht eine bessere Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und nicht das Märchen vom „bösen“ Wolf und das „Rotkäppchensyndrom“ zu nähren. Eine klare  Aufklärungsarbeit und Kommunikation in der Politik ist hierbei erforderlich.
 
„Rechtlicher Status des Wolfes – Auszug:
Der Wolf (Canis lupus) wie auch ein Wolfshybride (Wolfs/Hundmischling) gehört nicht zu den jagdbaren Tieren.
Er unterliegt u.a. auch:
-dem Tierschutzrecht
Gemäß §1 und § 17 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Der Tierschutz ist im Grundgesetz in der Staatszielbestimmung des Art. 20a verankert.
-dem Artenschutzrecht
Der Wolf ist in Anhang A der EG-VO Nr. 338/97, sowie im Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgeführt. Er ist deshalb nach § 10 Abs. 2, Nr. 10 und Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders und streng geschützt.“

P6 Digitaler und individuell zugeschnittener SPD-Kalender

29.11.2018

Wir fordern einen digitalen Kalender für SPD- und Juso-Mitglieder, der alle Veranstaltungen der Untergliederungen und Arbeitsgemeinschaften, die das einzelne Mitglied betreffen, übersichtlich visualisiert.

Durch die Fülle an E-Mails, die man als Mitglied bekommt, ist es – gerade als Neumitglied – schwer einen Überblick über anstehende SPD-Termine zu bekommen. Es gibt zwar durchaus E-Mails, die einen auf Veranstaltungen hinweisen, diese werden aber teilweise parallel von verschiedenen Untergliederungen und/oder Arbeitsgemeinschaften verschickt: So weist einen der Ortverein auf Ortvereinsveranstaltungen, der Unterbezirk auf Unterbezirksveranstaltungen, und der Juso-Unterbezirk auf Juso-Unterbezirksveranstaltungen, etc., hin. Dies führt zu einer fehlenden Übersichtlichkeit von anstehenden Terminen. Durch einen digitalen Kalender, der auf das einzelne Mitglied spezifisch zugeschnitten ist, lässt sich das beheben. So soll dieses Tool berücksichtigen, in welchen Untergliederungen/Arbeitsgemeinschaften ein Mitglied tätig ist und dann die Termine dieser Untergliederungen in einem Kalender visualisiert darstellen.

Diese Anwendung lässt sich in bestehende Portale, wie zum Beispiel den Web-O-Maten der BayernSPD, einbauen.

Wir halten diesen Kalender für einen simplen, aber – gerade für Neumitglieder – sehr hilfreichen Beitrag zu #spderneuern.

B3 Psychische Störungen machen keinen Halt vor Kindern - Für mehr Fachpersonal in schulischen Einrichtungen

29.11.2018

Die Burden of Disease-Studie der WHO aus dem Jahr 2001 zeigt, dass Depressionen die häufigste Ursache für mit Beeinträchtigung gelebte Lebensjahre in den Industrieländern sind. Betroffen sind auch Kinder und Jugendliche. So gibt das statistische Bundesamt an, dass sich die Zahl der behandelten Fälle seit 2010 verzehnfacht hat. Die Dunkelziffer an unbehandelten Fällen liegt mit Sicherheit noch viel höher. Die Folgen, die sich aus dieser Krankheit für die Betroffenen ergeben, sind als fatal einzustufen.
Dabei dürfen in der Analyse von Depressionen und mentaler Gesundheit Erklärungsansätze im Zusammenhang mit dem kapitalistischen System nicht vernachlässigt werden. Depressionen entstehen nicht nur aufgrund von biologischen oder intrapersonellen, psychischen Faktoren. Auch soziale und strukturelle Gegebenheiten bedingen wechselseitig das Entstehen und die Aufrechterhaltung einer Depression, deren komorbiden Störungen oder anderen psychischen Krankheiten. Einflussreiche Stressoren, die zu einer Depression beitragen sind fehlende Autonomie, wenig soziale Unterstützung im Umfeld und „gelernte Hilflosigkeit“ aufgrund von gefühlt nichtkontrollierbaren Ereignissen. Psychische Gesundheit ist auch eine Frage des sozioökonomischen Hintergrunds. Menschen, die in Armut leben und/oder finanziell abhängig sind, sind wesentlich häufiger von Depressionen betroffen als der Rest der Bevölkerung. Das trifft besonders auf Frauen* und Alleinerziehende zu. Das Leben in benachteiligten Stadtvierteln (z.B. schlechtere Infrastruktur, weniger Grünflächen oder gesunde Einkaufsmöglichkeiten) verstärkt das Risiko, an Depression zu erkranken um ein weiteres. Gesteigerte Leistungsanforderungen auch im Kindesalter tragen dazu bei, nicht adäquat auf Stressoren eingehen zu können und somit eine Depression auszubilden. Dies setzt sich auch im Erwachsenenalter beispielsweise in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten fort.
Im schlimmsten Fall kann eine Depression zum Tod führen. In Deutschland ist der Suizid die zweithäufigste Todesursache bei Menschen unter 25. Um das zu verhindern, benötigen alle Betroffenen professionelle Hilfe, um den Weg zurück in ein glückliches Leben zu finden. Doch um diese professionelle Hilfe zu erhalten, muss erst einmal das Umfeld der Betroffenen darauf aufmerksam werden. Bei Kindern und Jugendlichen betrifft das natürlich zuerst die Eltern und die gesamte Familie.  In zweiter Linie sollte auch die Schule, die Lern- und Lebensraum für die Schüler*innen ist und wo sie viel Zeit verbringen, bei der Prävention tätig werden. Und hier beginnt das Problem.
Eine Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus aus dem Jahr 2011 zeigt, dass Suizid in den Aufgabenbereich des KIBBS fällt. KIBBS steht für „Kriseninterventions- und -bewältigungsteam bayerischer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen“. Dieses Team kommt erst nach der sogenannten Krise zum Einsatz. Als Beispiele werden hier der (Unfall)Tod eines Schülers, einer Schülerin oder einer Lehrkraft, Gewaltdrohungen, ein Amoklauf oder auch ein Suizid angeführt. Die pädagogische Prävention und ein Sicherheitskonzept, welches mit der Polizei vor Ort zu erstellen ist, fallen in den Zuständigkeitsbereich der Schule.
Weitere Akteur*innen sind Schulpsycholog*innen, welche für einzelne Schulen zuständig sind und innerhalb ihrer Sprechzeiten vor Ort erreichbar sind. Diese sind jedoch stark überfordert, da sie oft in Teilzeitverhältnissen arbeiten und zudem noch für mehrere Schulen gleichzeitig zuständig sind. Das lässt sich an einem Beispiel anhand der Seite der staatlichen Schulberatung in Bayern festmachen. Laut Kultusministerium besuchten beispielsweise das Gabelsberger-Gymnasium in Mainburg im Landkreis Kelheim in Niederbayern im Schuljahr 2015/2016 1216 Schüler*innen. Auf diese Anzahl von Kindern und Jugendlichen kommt ein Schulpsychologe, welcher einmal in der Woche für 45 Minuten an der Schule ist. Weiterhin sind in Bayern fast alle Schulpsycholog*innen gleichzeitig (Fach)Lehrkräfte. Die Schulpsychologie nimmt dabei nur einen geringen Anteil ihrer Arbeitszeit ein. Am Gymnasium haben die meisten Schulpsycholog*innen, die in Vollzeit arbeiten, an ihrer eigenen Schule bei insgesamt 23 Anrechnungsstunden vier Unterrichtsstunden für schulpsychologische Tätigkeiten zur Verfügung. Das entspricht etwa 400 Minuten, also etwas mehr als 6,5 Zeitstunden. Betreut ein*e Schulpsycholog*in mehrere Schulen, so beträgt die Zeit für schulpsychologische Tätigkeiten acht Unterrichtsstunden (dreizehn Zeitstunden), unabhängig davon, wie viele Schulen betreut werden. Zu schulpsychologischen Tätigkeiten zählen neben der Beratung von Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften auch die Planung und Durchführung von Gruppenmaßnahmen (z.B. Mobbingprävention) und Methodentrainings (z.B. Lernen lernen). Eine kontinuierliche Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit Beratungsbedarf ist so nicht möglich.
Eine weitere Möglichkeit, um suizidgefährdete Schüler*innen zu erkennen, wäre die Jugendsozialarbeit an Schulen. Laut der Homepage des JaS stellen die Jugendämter vor Ort im Rahmen der Jugendhilfeplanung fest, bei welchen Schulen ein jugendrechtlicher Handlungsbedarf besteht. Explizit werden Schulen mit gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen genannt. Gymnasien erfüllen diese Kriterien nicht, und auch an Realschulen kommt das JaS nur sehr selten zum Einsatz.
Letztlich sind auch die Lehrer*innen, welche tagtäglich mit den Schüler*innen zu tun haben, nicht ausreichend ausgebildet, um Anzeichen einer Depression und Suizidgefährdung zuverlässig zu erkennen.
Insgesamt muss ein umfangreiches Netz zur Früherkennung geschaffen werden, damit weitere Schritte von der Diagnose bis zur Therapie in die Wege geleitet werden können. Daher fordern wird:

  • Eine regelmäßige Fortbildung für alle Lehrer*innen aller Schularten zu psychischer Gesundheit und Depressionen bei Schüler*innen.
  • Mindestens ein*e Schulpsycholog*in pro Schule welche*r an mindestens zwei Schultagen vor Ort ist. Für die ausreichende psychologische Versorgung fordern wir eine Mindestanrechnungsstundenzahl von vier Stunden pro Woche und Schule, die ein*e Schulpsycholog*in betreut. Bei Schulen mit mehr als 400 Schüler*innen fordern wir mindestens ein*e Anrechnungsstunde pro 100 Schüler*innen.
  • Zwei Sozialarbeiter*innen pro Schule, welche den*die Schulpsycholog*in bei der Beratung unterstützt und zusätzlich mit jeder Klasse ein Programm zur Aufklärung über Depressionen durchführt. Diese sollen täglich an der Schule im Einsatz sein.
  • Zur Verhinderung von Stigmatisierung psychisch Erkrankter müssen psychischen Störungsbilder in verschiedenen Fächern, insbesondere in Biologie und Ethik (Religion), behandelt werden. Dabei sollten Lehrkräfte explizit auf schulische und außerschulische Beratungsstellen für Betroffene und Angehörige hinweisen

U1 Umweltschutz ins Grundgesetz!

29.11.2018

Umweltschutz ins Grundgesetz!

Dieselskandal, der Austritt aus dem Austritt aus der Atomenergie, das Schmelzen der Gletscher in den Alpen… Auch die Themen wie Flächenfraß, Waldsterben, Klimaerwärmung oder Stickoxide in der Luft zeigen auf, dass es umweltrechtliche Maßnahmen dringend braucht!
Bereits 1971 hatte die SPD ein Grundrecht auf Umweltschutz in ihr Umweltprogramm aufgenommen und auch die Grünen hatten sich in der Zeit mit dem Ziel gegründet, dass Bürger*inneninitiativen oder Verbände bei Umweltverschmutzungen klagen können sollten. Die CDU hatte auch nach der Katastrophe in Tschernobyl das Interesse, dass die Aufnahme des Umweltschutzes in das Grundgesetz möglichst harmlos formuliert wird und auch für die Gerichte unverbindlich bleibt. Im Dezember 1983 lehnte eine Sachverständigenkommission des Innenministeriums die Einführung eines Grundrechts ab – und schlug stattdessen die Einführung eines Staatsziels Umweltschutz vor.
Als ablehnende Argumente wurde angebracht, dass die Begriffe „menschenwürdige Umwelt“ sowie „natürliche Lebensgrundlagen“ nur unzureichend zu konkretisieren sind und die Frage nicht justitiabel beantwortet werden könne, worin die vom Staat konkret geschuldete Leistung hinsichtlich der Umwelt bestehen solle.  Man sähe durch die Einführung eines Umweltgrundrechtes eine „Verunsicherung des Verfassungsrechts voraus, die eine Glaubwürdigkeitskrise für das Grundgesetz heraufbeschwören könne.
Erst nach der Wiedervereinigung einigte sich eine von Bundestag und Bundesrat eingesetzte gemeinsame Verfassungskommission 1993 auf eine Grundgesetzänderung und die Aufnahme des Artikels 20 a in die Verfassung. Diesen Kommissionsvorschlag nahmen am 27.10.1994 Bundestag und Bundesrat schließlich an.
So kommentierte bereits 1987 Ursula M. Händel : „Mancher mag einwenden, Papier sei geduldig und die Aufnahme des Staatszieles „Umweltschutz“ allein besage noch gar nichts. Diese Einschätzung, träfe sie zu, gilt für alle Verfassungsgebote. Natürlich mussß ein Verfassungsauftrag Folgen für die Gesetzgebung haben. Doch derzeit hat der Umweltschutz auch in der herrschenden Rechtssprechung wegen der fehlenden verfassungsmäßigen Verankerung in keiner Weise den Stellenwert, den Umweltprobleme inzwischen im Bewußtsein vieler Bürger haben. Wer sich das Ausmaß heutiger Umweltskandale und die in der Regel mehr als lasche Reaktion der Justiz darauf vergegenwärtigt, darf eine Grundgesetzänderung nicht länger blockieren.“
Nach Art 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen durch Legislative, Exekutive und Judikative u.a. die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. Dem Staat ist damit eine ausdrückliche Verpflichtung zum Schutz der Umwelt auferlegt, ohne dass im Gegenzug die Bürger*innen daraus eigene subjektive Rechte auf oder gegen hoheitliches Handeln herleiten können.  Denn einklagbar sind Staatsziele, anders als Grundrechte, nicht.
Solche subjektiven Rechte auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen können sich auf der Ebene des Grundgesetzes nur aus den Grundrechten ergeben. Sie allein sind die Abwehrrechte und Leistungsrechte der Bürger*innen gegenüber dem Staat. Sie sind nicht nur im Falle verfassungsrechtlicher Streitigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht wichtig, sondern auch bei Fragen der Klagebefugnis im Verwaltungsprozessrecht. Die Grundrechte gewährleisten bis heute keine für den Umweltschutz bedeutsame Grundrechtposition, deren subjektiv-rechtlicher Schutz über die in Art. 1 ff. GG genannten Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum) hinausgehen. Somit müssen alle Schädigungen der Umwelt, die sich nicht unmittelbar lebens- gesundheits- oder eigentumsgefährdend auswirken, hingenommen werden.
Einige Landesverfassungen, wie Art. 141 III 1 BayVerf, Art. 39 II BBgVerf. und Art 12 II MVVerf. normieren zwar expressis verbis begrenzte umweltschutzbezogene Grundrechtspositionen, gewährleisten jedoch meist nur ein Recht auf Erholung in der freien Natur bzw. auf freien Zugang zur Landschaft.
Auch sind eine Reihe von europäischen Ländern deutlich weiter. Einige haben bereits in den 80er-Jahren den Umweltschutz in ihre Verfassungen aufgenommen, so zum Beispiel die Schweiz, Niederlande, Spanien, Portugal oder die baltischen Staaten. Auf europäischer Ebene wirkt die EU gemäß Art. 3 II EUV „auf ein hohes man an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hin und benennt in Art. 191 I AUEV verbindliche Ziele der gemeinschaftlichen Umweltschutzpolitik wie die Erhaltung und Schutz der Umwelt oder die umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen.
Wir wollen der EU folgen und nicht der Gegenwart hinterherhinken. Die Bundestagsfraktion wird daher aufgefordert, sich für die Einführung eines speziellen Umweltgrundrechtes in den Grundrechtskatalog des GG einzusetzen.
Die Grundrechtsinhaber*innen hätten dadurch im Ergebnis – unter allerdings noch zu konkretisierenden Voraussetzungen- ein eigenes Recht gegen den Staat auf die Abwehr nachteiliger Beeinträchtigungen der Umwelt.
Durch das seit den 80er Jahren entwickelte Umweltrecht wurden die Begriffe „Umwelt“ bzw. „natürliche Lebensgrundlagen“ konkretisiert. Sie vereinen in sich die gesamte natürliche, die Basis des menschlichen Lebens bildende Umgebung, auch wenn anthropogene Einwirkungen sie mittlerweile erheblich verändert haben. Erfasst werden die Umweltmedien Luft, Wasser, Boden sowie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen in ihren Lebensräumen, einschließlich der Wechselwirkungen.
Die Verankerung eines Umweltgrundrechtes im Grundgesetz könnte ebenfalls  das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Umwelt und ihre Ressourcen verstärken. Ein Grundrecht  schafft häufig ein gewisses Gefühl von Verantwortung und Identifikation.
Auch könnte ein Umweltgrundrecht eine „Kernbestandsgarantie“ für das geltende Umweltrecht implizieren. Es wäre den staatlichen Gewalten unstatthaft, bestimmte rechtliche Mindeststandards zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu unterschreiten. Bei den zahlreichen Regelungsdefiziten, die bis jetzt vorliegen, wären Nachbesserungen einklagbar. Die Gesetzgebung hätte dafür zu sorgen, dass das grundrechtlich geforderte Umweltschutzniveau durch ihre Rechtsetzung erreicht wird.
Ziel muss es in Zukunft sein, eine beschleunigte und vertiefte Prioritätenverschiebung zugunsten der Umwelt zu erreichen. Ein Grundrecht auf Umweltschutz ist ein erster Schritt in Richtung einer solchen Prioritätenverschiebung.  Insbesondere würde der Gesetzgeber dazu gezwungen werden, die Umweltschutzgesetzgebung im neuen Licht des neuen Grundrechtes zu beurteilen und stärker an die Bedürfnisse des Umweltschutzes auszurichten.

Beschluss

P10 Achtung des dritten Geschlechts! Queer*feminismus wagen!

29.11.2018

Wir Jusos setzen uns für Toleranz, Akzeptanz und Gleichberechtigung der Geschlechter ein, weil wir sehen, dass unsere männlich und heteronormativ geprägte Gesellschaft Ungleichheiten gerade aufgrund dieser engstirnigen Fixierung reproduziert. Davon betroffen sind in unserer Gesellschaft besonders Frauen und auch Menschen, die sich in keinster Weis e in dieses binäre Geschlechtersystem von „Mann und Frau“ einordnen können und/oder wollen und auch nicht dem heteronormativen Bild der Gesellschaft entsprechen. Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen können, erfahren in diversen Bereichen alltägliche Diskriminierung und können kaum auf Unterstützungen hoffen.
Ein wichtiger Schritt diesbezüglich war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass es von nun im Geburtenregister nicht mehr nur eine Eintragung des männlichen und weiblichen Geschlechts, sondern auch eines dritten Geschlechts geben solle. Ausgelöst wurde dieser Beschluss durch eine Klage einer queeren Person – namens Vanja -, die im Kindesaltern dem weiblichen Geschlecht zugeordnet wurde, sich aber damit nicht identifizieren kann und will. Vanjas Antrag auf Änderung der Geschlechtsangabe im Geburtenregister in „inter“ wurde abgelehnt, woraufhin sie in allen Instanzen bis zum Bundesgerichtshof scheiterte. Erst die eingereichte Verfassungsbeschwerde war erfolgreich und wird nicht nur für Vanja, sondern auch für sehr viele Menschen mehr das Leben deutlich verbessern.
Allerdings müssen wir uns eingestehen, dass dieser Erfolg eben nur ein sehr kleiner Schritt in Richtung Akzeptanz von queeren Menschen ist. Gerade aus diesem Grund ist es die Aufgabe aller progressiven Kräfte, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Wir Jusos sind der Ansicht, dass die Einteilung der Menschen in zwei Geschlechter überwunden werden muss, da dadurch Unterdrückung, Diskriminierung und ganz einfach Schubladendenken reproduziert wird. Aus gerade diesem Grund müssen wir uns innerverbandlich mit diesem Thema auseinandersetzen.
Deswegen halten wir es für notwendig jegliche Mitgliedsanträge der SPD und die Eintragungen in der Mitgliederdatenbank MAVIS um ein weiteres, drittes Geschlecht zu erweitern und damit den Menschen mehr Freiraum in unserer Partei zu geben, ohne sie pauschal in ein Geschlecht einsortieren zu müssen.
Des Weiteren wird der Landesvorstand der Jusos Bayern damit beauftragt, einen Vorschlag zu erarbeiten wie mit queeren Genoss*innen in Bezug auf die Frauenquote und Frauenlistenplätze umzugehen ist.
Wir müssen mehr Queerfeminismus wagen.