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A5 Maßnahmen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit

6.12.2018

Monat für Monat werden neue Rekorde bei den Arbeitslosenzahlen vermeldet. Selbst bei der Gruppe der  Langzeitarbeitslosen ist neuerdings ein Rückgang zu verzeichnen. Waren es bis 2015 noch um die eine Millionen Langzeitarbeitslose, sind es im Juni 2017 nur noch knapp über 900.000 gewesen. Doch auch hier gilt, dass ein detaillierterer Blick in die Arbeitslosenstatistik auf immer noch vorliegende Probleme bei der  Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen hinweist. Grund für das Sinken der Langzeitarbeitslosigkeit ist hier nämlich nicht die erhöhte Integration von Langzeitarbeitslosen in den primären Arbeitsmarkt, sondern die Tatsache, dass immer mehr Kurzzeitarbeitslose innerhalb von 12 Monaten (also bevor sie statistisch gesehen als Langzeitarbeitslos gelten) in einen Job vermittelt werden. Im Jahr 2015 gab es noch 736.000 Neueintritte in die Langzeitarbeitslosigkeit, im Zeitraum Juli 2016 bis Juni 2017 waren das nur noch 655.000. Der Rückgang dieser Übertritte erklärt sich vor allem durch eine verstärkte Förderung von Arbeitslosen bevor sie Langzeitarbeitslos werden. Die absoluten Zahlen der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in den primären Arbeitsmarkt hat sich indes verschlechtert. Waren es im Jahre 2014 noch 199.000 Langzeitarbeitslose bei denen eine Integration 21 in den primären Arbeitsmarkt gelungen ist, waren das vom Juli 2016 bis zum Juni 2017 nur noch 178.000. 22 Von je 1.000 Langzeitarbeitslosen können im Folgemonat nur eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Bei den Kurzzeitarbeitslosen sind das 102. Mit ein Grund für diese Diskrepanz ist, dass Hartz-IV-Empfänger:innen deutlich weniger gefördert werden als Arbeitslose, die noch in der Arbeitslosenversicherung stecken. Rein rechnerisch gesehen werden für ALG-II-Bezieher:innen rund 1.800 Euro ausgegeben, bei Bezieher:innen  von ALG I 3.640 Euro. Maßnahmen der beruflichen Bildung bzw. die zu einem Abschluss führen werden für erstere kaum angeboten.

Wer ist von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen?

Im Jahresschnitt waren 2016 473.000 der damals insgesamt 993.000 Langzeitarbeitslosen zwischen einem und zwei Jahren arbeitslos, 199.000 zwischen zwei und drei, 120.000 zwischen drei und vier und 236.000 suchen schon seit mehr als vier Jahren nach einer Erwerbstätigkeit.

Von Arbeitslosigkeit sind Frauen etwas stärker betroffen als Männer. Vor allem aber Geringqualifizierte und  ältere Menschen haben ein deutlich höheres Risiko langzeitarbeitslos zu werden. So ist die Anzahl der Langzeitarbeitslosen über 55 konstant geblieben, die der Geringqualifizierten sogar gestiegen.

Was sind die Ursachen von Langzeitarbeitslosigkeit?

Erstmal bleibt festzuhalten, dass Langzeitarbeitslosigkeit ein Folgeproblem der Massenarbeitslosigkeit ist, die wenn man die Zahl der Unterbeschäftigten nimmt (die die tatsächliche Zahl der Arbeitslosigkeit trifft als die offizielle Arbeitslosenzahl der BA) momentan bei etwa 3,4 Millionen liegt. Dem gegenüber stehen aber nicht einmal 900.000 offene Stellen. In der Konkurrenz um diese freien Stellen werden Langzeitarbeitslose in der Regel den Kürzeren ziehen, zumal die Qualifikationsanforderungen der offenen Stellen und den Qualifikationen der Langzeitarbeitslosen eine große Diskrepanz aufweisen. Hinzu kommt, dass nur die Hälfte der Langzeitarbeitslosen eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen kann, wohingegen nur 20% der offenen Stellen keinen Berufsabschluss als Einstellungsvoraussetzung vorweisen.

Strukturschwache Regionen sind besonders stark von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. In Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit ist auch die Anzahl der Langzeitarbeitslosen deutlich höher. Selbst mit Berufsabschluss gestaltet sich das Finden einer Stelle in strukturschwachen Regionen deutlich schwieriger dar als in den strukturstarken.

Sozialer Arbeitsmarkt als Mittel zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit

Schon seit mehreren Jahren gibt es diverse vom Bund und Europäischen Sozialfonds geförderte Programme zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Eines davon ist das Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“, das noch bis zum Ende des Jahres läuft. Gefördert werden seit 2015 über 20.000 Langzeitarbeitslose, die seit mindestens 4 Jahren im SGB-II-Bezug, älter als 35 und alleinerziehend bzw. gesundheitlich eingeschränkt sind. Gefördert werden Arbeitsverhältnisse, die mindestens mit Mindestlohn vergütet werden. Die Maßnahmen sind auf drei bzw. zwei Jahren beschränkt.

Ebenfalls erfolgreich und in Baden-Württemberg und Thüringen bereits im größeren Rahmen vollzogen ist der sogenannte Passiv-Aktiv-Tausch. Hierbei werden die Regelleistung, die Kosten der Unterkunft und die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung dafür aufgewendet eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finanzieren. Die Evaluation des Projektes aus dem Jahr 2016 belegt die positiven arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Effekten.

Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition wurde die Einführung der Förderung von öffentlicher Beschäftigung („Teilhabe am Arbeitsmarkt für Alle“) als Regelinstrument innerhalb des SGBII festgeschrieben. Vorgesehen ist eine Milliarde pro Jahr für 150.000 Arbeitslose. Herunter gerechnet stellt das einer monatlichen Summe von 556 Euro pro Person. Damit würde sie zwar höher liegen als bei den sogenannten Ein-Euro-Jobs (406 Euro), aber deutlich niedriger als beim Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (1.253 Euro). Die Finanzierung regulärer Arbeitsplätze ist also nur annähernd gewährleistet, wenn dieses Regelinstrument auch mittels Passiv-Aktiv-Tausch finanziert wird. Ob die vorgesehene eine Milliarde Euro pro Jahr auch tatsächlich für die Förderung eines sozialen Arbeitsmarktes ausgegeben werden kann, ist aus heutiger Sicht ebenfalls fragwürdig. Seit der massiven Kürzung der Gelder für die Jobcenter im Jahre 2010 durch schwarz-gelb, werden Mittel für Eingliederungsleistungen dafür zweckentfremdet, um die Personal- und Verwaltungskosten zu decken. Für das Jahr 2016 hat diese Summe 900 Millionen Euro betragen, für dieses Jahr wird es voraussichtlich eine Milliarde sein.

Forderungen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit:

Einbettung eines flexiblen Regelinstrumentariums im SGB II, das auf individuelle Bedürfnisse der  Langzeitarbeitslosen eingeht: Die Absicht der Großen Koalition das Programm „Teilhabe am  Arbeitsmarkt für Alle“ im SGBII zu verankern ist zu begrüßen. Dennoch stellt es erstmal nur einen ersten Schritt dar. Ziel muss es sein, Fördermaßnahmen im SGBII-Recht so zu implementieren, dass Jobcenter vor Ort auf die individuellen Bedürfnisse und Problemlagen der Langzeitarbeitslosen eingehen können. Die Beteiligung an den Angeboten muss dabei freiwillig bleiben. Der Sozialpolitiker Stefan Sell schlägt dabei folgende Formulierung im SGBII vor:

(1) Für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten können auch Kosten übernommen werden. Die Arbeitsgelegenheiten sollen in der Regel von vorübergehender Dauer und für eine bessere Eingliederung des Hilfesuchenden in das Arbeitsleben geeignet sein.
(2) Werden für den Hilfesuchenden Arbeitsgelegenheiten geschaffen, kann ihm entweder das übliche Arbeitsentgelt oder Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden.
(3) Ist es im Einzelfall erforderlich, die Gewöhnung eines Hilfesuchenden an eine berufliche Tätigkeit besonders zu fördern, soll ihm für eine notwendige Dauer eine hierfür geeignete Tätigkeit oder Maßnahme angeboten werden. Während dieser Tätigkeit wird dem Hilfesuchenden eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt.
(4) Soweit es im Einzelfall geboten ist, kann auch durch Zuschüsse an den Arbeitgeber sowie durch sonstige geeignete Maßnahmen darauf hingewirkt werden, dass der Hilfeempfänger Arbeit findet.
(5) Der Träger der Grundsicherung soll Hilfeempfänger zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit bei der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern. Zu diesem Zweck kann dem Hilfeempfänger bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein im Regelfall befristeter Zuschuss gewährt werden.

Da insbesondere Alleinerziehende bzw. Haushalte mit Kindern, in denen beide Elternteile erwerbslos sind besonders von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, soll auf deren Förderung ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Die oben aufgegliederten Langzeitarbeitslosenzahlen zeigen, dass die anvisierten 150.000 geförderten Stellen nicht ausreichend sind und schrittweise auf etwa das doppelte erweitert werden müssen.

Die Erfahrungen insbesondere aus den Optionskommunen zeigen, dass eine individuelle Förderung am besten durch professionelle Beschäftigungsunternehmen, wie die Gesellschaft zur Förderung von Arbeit (GGFA) in Erlangen, realisiert werden. Die Bundesagentur muss deswegen die Kommunen dabei unterstützen entsprechende Strukturen vor Ort aufzubauen.

Jobcenter entlasten und ausreichende Ressourcen bereitstellen: Das Hartz-IV-System muss und kann entlastet werden, um Ressourcen für eine verbesserte Betreuung von Langzeitarbeitslosen
1 Forderungen sowie die obigen Zahlen stammen im Wesentlichen aus „arbeitsmarktaktuell“, Nr. 02/2018: „Langzeitarbeitslose: Aktionsprogramm gegen Perspektivlosigkeit erforderlich“
2 Sell, Stefan: „Hilfe zur Arbeit 2.0 – Pladoyer für eine Wiederbelebung der §§18-20 BSHG (alt) in einem SGBII (neu)“, Remagener Beiträge zur Sozialpolitik 19-2016 freizusetzen. Ein relevanter Teil der Leistungsberechtigten bezieht heute Hartz IV, weil das Erwerbseinkommen oder andere Sozialleistungen nicht reichen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Neben Verbesserungen auf der Lohnseite – etwa indem Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können – müssen die dem Hartz-IV-System vorgelagerten Leistungen, vor allem das Wohngeld und das Kindergeld, weiterentwickelt werden. Kein Haushalt mit einem Einkommen aus Vollzeit-Erwerbstätigkeit soll Hartz IV beziehen müssen, nur weil er Kinder hat oder die Wohnkosten zu hoch sind. Um ihre anspruchsvollen Aufgaben bewältigen zu können, benötigen die Jobcenter eine bessere Personalausstattung. Im Bundeshaushalt müssen die notwendigen Mittel für Personal- und Verwaltungskosten bereitgestellt werden. Dies ist heute nicht der Fall. Die Jobcenter sind gezwungen, Finanzmittel zu Lasten der aktiven Förderung (Eingliederungstitel) umzuschichten, um Personal- und Verwaltungskosten finanzieren zu können. Deswegen fordern wir das SGBII-Gesamtbudget für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten zusätzlich um eine Milliarde Euro zu erhöhen. Zur Förderung öffentliche Beschäftigung können die vorgesehenen eine Milliarde Euro ebenfalls nur ein erster Schritt sein. Wie oben bereits dargelegt können damit nämlich nur sozialversicherungspflichtige Stellen geschaffen werden, falls auch ein Passiv-Aktiv-Tausch vollzogen wird. Dabei liegt es in der Hand der Bundesländer, ob die jeweilige Landesregierung den Kommunen PAT erlaubt oder nicht. Bisher weigert sich zum Beispiel der Freistaat Bayern dieses Instrumentarium einzusetzen.

Stärkung der beruflichen Bildung: Arbeitslose sollen künftig einen Rechtsanspruch auf Beratung zur Weiterbildung erhalten. Die finanziellen Rahmenbedungen für Teilnehmende an einer abschlussbezogenen Weiterbildung müssen verbessert werden. Der Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen muss erleichtert werden. Dazu gehören zu den Fördermaßnahmen passende Angebote der Kinderbetreuung, Weiterbildung in Teilzeit. Insbesondere muss mit besonderen Angeboten auf Menschen mit negativen Bildungserfahrungen eingehen. Ebenso wie im Bereich der Arbeitslosenversicherung muss auch im Hartz-IV-System ein Haushaltstitel für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung geschaffen werden.

Für Ältere ab 50 Jahren muss die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes um bis zu sechs Monate verlängert werden, falls eine Integration in den Arbeitsmarkt trotz verbesserter Förderung nicht  früher gelingt. Die Teilnahme an einer Weiterbildung darf zukünftig nicht mehr auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden, das heißt, Zeiten einer Weiterbildung mindern nicht die Anspruchsdauer.

Die Hartz-IV-Regelsätze müssen grundlegend neu hergeleitet und auf ein bedarfsdeckendes Niveau angehoben werden. Die Regelsätze müssen wirksam vor Armut schützen und auch soziale Teilhabe ermöglichen. Die Hartz-IV-Sanktionen müssen abgeschafft werden. Wie der DGB fprdern wir eine Sachverständigenkommission einzusetzen, bestehend aus Wissenschaftler:innen, Vertreter:innen der Tarifparteien, von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie von Betroffenenorganisationen. Diese Kommission soll eine Empfehlung für den Gesetzgeber entwickeln.

A9 Mindesthonorare für Selbstständige

6.12.2018

1. Im Bereich selbstständige Tätigkeit muss eine Vergütung sichergestellt sein, die in ihrem wirtschaftlichen Gegenwert zumindest dem Mindestlohn für Angestellte entspricht, d.h. mindestens 16 EUR.
2. In geeigneten Branchen sollen Honorarordnungen nach dem Beispiel von HOAI, GOÄ, RVG, StBVV, etc. erlassen werden.
3. Soweit die Tätigkeit weder nach Zeitmaß abgegolten wird, noch die Mindestvergütung durch Honorarordnungen geregelt ist, soll gesetzgeberisch klargestellt werden, dass alle vertraglichen Vereinbarungen, die anfänglich vorhersehbar zu einer Erbringung von Leistungen mit einer wirtschaftlichen Vergütung, die geringer liegt als der Mindestlohn für Angestellte sittenwidrig und nichtig sind und der Auftraggeber von Gesetzeswegen ein angemessenes Honorar im Gegenwert des gesetzlichen Mindestlohns schuldet.

A8 Arbeitszeitverkürzung auf 35h pro Woche

29.11.2018

Arbeitszeitverkürzung auf 35h pro Woche

Die Bundes-SPD möge sich deswegen dafür einsetzen, das Arbeitszeitgesetz zu reformieren und eine 35h Woche, also eine durchschnittliche Arbeitszeit von 7h pro Tag bei vollem Lohnausgleich einzuführen.

A7 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Referentinnen und Referenten in Bildungsmaßnahmen

29.11.2018

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Referentinnen und Referenten in Bildungsmaßnahmen

Wir fordern, dass Referentinnen und Referenten in staatlich geförderten und/ oder staatlich anerkannten Bildungsmaßnahmen armutssicher und Lebensstandard sichernd beschäftigt werden. Die Bildungsträger schaffen derzeit staatlich subventionierte akademische Armutsjobs und bewirken so langfristig die Zunahme massiver Altersarmut. Der Netto-Stundenlohn von Referentinnen und Referentin liegt derzeit zum Teil unter 6,50 €.
Wir fordern:

  • Die Referenten sind sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen mit Einzahlungen auch des Arbeitgeberanteils in die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung
  • Alternativ kann für die (ohnehin vorgegebene) Stundenzahl der Maßnahme ein Rahmenvertrag über diese Anzahl der Stunden geschlossen werden. Für diese durch die Maßnahme vorgegebene Stundenzahl sind die Arbeitgeber verpflichtet in die Sozialversicherung für die Beschäftigten einzuzahlen (Arbeitgeberanteil). Der Referent/ die Referentin hat
    einen Anspruch auf Bezahlung der im Rahmenvertrag festgelegten Stunden.
  • Der Brutto-Stundenlohn muss mindestens dem Tarifvertrag entspre-
    chen.

Dies ist deshalb erforderlich, weil nicht davon auszugehen ist, dass die Beschäftigten dauerhaft beschäftigt werden, da dies ja von der Zuweisung von Maßnahmen abhängt. Es ist genau zu prüfen, ob es sich bei der Beschäftigung um eine Scheinselbständigkeit handelt.

Dies sollte immer dann der Fall sein, wenn der Referent/ die Referentin ausschließlich bei einem Träger beschäftigt ist. In derartigen Fällen ist der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zwar mit allen Risiken und Nachteilen einer selbständigen Tätigkeit belastet; die Freiheit der freien Gestaltung des Arbeitsverhältnisses besteht jedoch durch die Vorgaben in der Maßnahme nicht. Die Nichteinhaltung soll als Ordnungswidrigkeit strafbewährt sein.

A3 Verbesserung der Absicherung bei Arbeitslosigkeit

29.11.2018

Verbesserung der Absicherung bei Arbeitslosigkeit

Von Arbeitslosigkeit sind alle Arbeitnehmer bedroht. Besonders die nicht aufhaltbare Digitalisierung schafft große Umbrüche. Bei der oft überraschend eintretenden Arbeitslosigkeit ist zur Arbeitssuche ein Jahr schnell vergangen. Deshalb soll sich die SPD-Fraktion und die Partei für folgende Änderungen im Arbeitslosengeld der Arbeitslosenversicherung einsetzen:

  • eine Ausdehnung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I auf zwei Jahre und
  • für eine (neue) Festlegung des „Schonvermögens“, d.h. Bezug von ALG II, auf den Betrag eines versteuerten Jahreseinkommens zur Zeit der Beschäftigung.
  • bei Arbeitnehmern mit über 20 Jahren Berufstätigkeit soll die Überprüfung der Vermögensverhältnisse entfallen.

RAG1 Paritätische Reihung bis zum Schluss

29.11.2018

Paritätische Reihung bis zum Schluss

Wir fordern die Streichung § 27, Abs. (1), Satz 3 der Satzung der BayernSPD.

RAG2 Reißverschluss ernst nehmen – alternierende Listenreihung durchziehen

29.11.2018

Reißverschluss ernst nehmen – alternierende Listenreihung durchziehen

Wir fordern eine Ergänzung am Ende des § 27, Abs. (1) der Satzung der BayernSPD durch folgenden Satz:

„Kann eine alternierende Reihung innerhalb der Gruppe der Stimmkreiskandidatinnen und -kandidaten, bzw. die Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten nicht erfolgen, werden die betreffenden Plätze durch die entsprechenden Listenkandidatinnen bzw. -kandidaten des fehlenden Geschlechts aufgefüllt. Erst wenn tatsächlich nur noch Kandidatinnen bzw. Kandidaten eines Geschlechts übrig sind, kann von der alternierenden Reihung abgewichen werden.“

A2 Arbeitgeberzuschuss für Beamtinnen und Beamten bei der Wahl ihrer Krankenversicherung - ohne finanzielle Nachteile / Einschränkungen

29.11.2018

Wir setzen uns weiterhin für die Bürgerversicherung ein. Als ersten Schritt positioniert sich die BayernSPD zu einer tatsächlichen Wahlfreiheit für Beamtinnen und Beamte bei
der Entscheidung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung und setzt sich für eine Regelung ein, die beinhaltet, dass der Freistaat Bayern als Arbeitgeber für die Bayerischen Beamtinnen und Beamten, die freiwillig Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind oder werden wollen, auch tatsächlich den Arbeitgeberanteil übernimmt – so wie Arbeitgeber bei anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

A1 Arbeits- und Ausbildungsbedingungen aktiv gestalten.

28.11.2018

Letztes Jahr hat die OECD-Bildungsstudie erneut gezeigt, was schon lange bekannt ist: In Deutschland, gerade in Bayern, hängen die Bildungschancen vom Geldbeutel und der sozialen Herkunft der Eltern ab. 2015 war die Quote der Azubis mit Abitur zum ersten Mal höher als die der Azubis mit Hauptschulabschluss. 1,22 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren haben keine abgeschlossene Ausbildung. Nur jede*r zweite Mittelschüler*in schafft direkt den Sprung von der Schule in die Ausbildung. Für Mittelschüler*innen bleiben in der bundesweiten Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammern fast zwei von drei Angeboten von vornherein verschlossen.
Gute Ausbildung jetzt!
Neben der schnelleren Genehmigung der Arbeitserlaubnis muss es eine Ausbildungsgarantie auch für Geflüchtete gelten. Damit ist für uns auch selbstverständlich: keine Abschiebung der Geflüchteten während der Ausbildung!
Viele Unternehmen sehen hingegen in der Ausbildung einen wirtschaftlichen Nachteil.  Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet einen oder mehrere Lehrlinge im dualen System aus.  Gleichzeitig klagt die Wirtschaft über den Fachkräftemangel. Deshalb fordern wir eine gesetzliche  Ausbildungsgarantie mit einer Mindestausbildungsvergütung : Alle Unternehmen mit über 10 Mitarbeiter*innen sollen dazu verpflichtet werden auszubilden. Betriebe, die nicht oder wenig ausbilden, sollen Umlagezahlungen an einen Ausbildungsfond entrichten und sich dadurch an den Ausbildungskosten beteiligen.

Die Qualität der Ausbildung ist nämlich ein zentraler Baustein für das weitere Arbeitsleben von jungen Menschen. Leider werden Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz und Ausbildungsmängel viel zu selten geahndet, da die Kontrollen und das Personal dazu fehlen. Ausbildungsrahmenpläne werden nicht bekannt gemacht und eingehalten, Ausbilder*innen stehen den Auszubildenden nicht zur Verfügung und Auszubildende müssen ausbildungsfremde Tätigkeiten wie Kaffee kochen oder Brotzeit holen durchführen. 44 % der befragten Azubis des Ausbildungsreports der DGB Bayern berichten über regelmäßige Überstunden. Von den Jugendlichen unter 18 Jahren arbeiten 15 % regelmäßig über 40 Stunden pro Woche. Das Personal in der Gewerbeaufsicht muss aufgestockt werden! Der Freistaat sollte, anstatt bei Cannabis oder etwas Lärm beim Feiern, lieber bei Verstößen bei der Ausbildung hart durchgreifen. Schwierig ist die Situation vor allem in Ausbildungsbetrieben die zu klein sind für eigene Betriebsrats- und JAV-Strukturen. Wenn in deiner Ausbildung zum*zur Maler*in dein*e Ausbilder*in gleichzeitig dein*e Chef*in ist, an wen wendest du dich, wenn du nur als billige Hilfskraft eingesetzt wirst und ausbildungsferne Tätigkeiten ausführen sollst? Der Zugriff auf die Auszubildenden, unabhängig der Strukturen ihres Ausbildungsbetriebes sind die Berufsschulen. Dafür ist es sinnvoll, Auszubildendenräte in den Berufsschulen als Partizipationsmöglichkeit zu etablieren. Auch müssen Anlaufstellen für Auszubildende in der Berufsschulen gestärkt werden, um in Konflikten mit dem Betrieb zu vermitteln, bei der Kontaktaufnahme zu Kammern, Gewerkschaften oder Berufsinteressensvertretung zu unterstützen und gegebenenfalls gemeinsam gegen ausbeuterische Ausbildungsbetriebe vorgehen zu können. Berufskammern und Gewerbeaufsichtsämter sind personell so auszustatten, dass es gewährleistet ist, dass sie die Ausbildungsqualität mindestens einmal jährlich in den Ausbildungsstätten kontrollieren können. Aufgaben gilt es zu konkretisieren, Berufsbildungsausschüssen muss ein Anhörungsrecht eingeräumt werden und ein Unterausschuss zur Ausbildungsqualität etabliert werden. Den Gewerkschaften des DGB ist ein gesetzlich verankertes, regelmäßiges Zugangsrecht zur Information der Berufsschüler*innen während der Unterrichtszeit in den Klassen an allen Berufsschulen zu gewähren
In Betrieben, die die nötige Anzahl Mitarbeiter*innen haben, ist das wirksamste Mittel gegen eine schlechte Ausbildungsqualität eine starke Jugend- und Ausbildungsvertretung. Junge Arbeitnehmer*innen können selbst am besten beurteilen, was sie benötigen, und können sich so zu guten Fachkräften entwickeln. Wir fordern, die Mitbestimmungsrechte junger Arbeitnehmer*innen und der Jugend- und Auszubildendenvertretungen  in  den  Betrieben  und Berufsschulen gesetzlich  zu  stärken  und  die  Jugend- und Auszubildendenvertretungen  (JAV)  daher  mit  weiteren  Rechten  auszustatten. Dazu gehört, die Mitbestimmungsgrenze bis 25 Jahre zu streichen. Wer eine Ausbildung macht, muss unabhängig vom Alter das Recht darauf haben, die Jugend- und Auszubildenden Vertretung zu wählen oder für sie zu kandidieren. Die Anpassung des entsprechenden Gesetzestextes (Betriebsverfassungsgesetz, Dritter Teil, Jugend- und Auszubildendenvertretung) muss angestrebt werden.  Zudem  fordern wir  eine klare Regelung zu Teilfreistellungen mit einer festen Staffelung  von  Teilfreistellungen  für  Jugend- und  Auszubildendenvertreter*innen, die jedoch nicht mit dem Ziel, einen Berufsabschluss zu erreichen, kollidieren dürfen und daher beschränkt bleiben müssen.
Unabdingbar ist es, gesetzlich zu verankern, dass auch Dual Studierende die JAV wählen dürfen, um gleichgestellt mit Auszubildenden eine Interessensvertretung und Ansprechpartner*innen zu haben.
Eine gute Ausbildung findet nicht nur im Betrieb, sondern auch an den Berufsschulen statt. Diese geben leider meistens ein trauriges Bild ab: Kaputte Zimmer und Sanitäranlagen, veraltete Lehrmaterialien oder undichte Fenster sind keine Seltenheit. Wenn wir gute Fachkräfte wollen, dürfen wir nicht in der Bildung sparen und Berufsschulen so sanieren und gestalten, dass sie tatsächlich Orte zum Lernen werden! Dafür müssen die Kommunen finanziell so ausgestattet werden, dass sie diese Aufgabe wahrnehmen können.
Zudem muss die Rückkehrpflicht in den Betrieb nach der Berufsschule unabhängig vom Alter  der*des Auszubildenden abgeschafft werden. Berufsschulwochen sollen wie die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit berücksichtigt werden.
Kostenfreies  Lernen  ist  für  uns  nicht  nur  eine  Forderung  für  die  Gestaltung  des  Lernens  an allgemeinbildenden   Schulen.  Auch   die  Berufsausbildung   sowie   das   duale   Studium sollen kostenfrei angeboten werden.
Selbiges gilt auch für Weiterbildungen: Lebenslangem Lernen wird heute extrem hohe Bedeutung zugemessen. Daher muss vom Landtag die Forderung nach der Kostenfreiheit von Meister- und Technikerausbildung beschlossen und unterstützt werden.
Gute Ausbildung braucht Zeit! Eine qualifizierte Ausbildung zu verantwortungsvollen Facharbeiter*innen  dauert  mindestens  drei  Jahre, denn sie  bildet nicht nur die Basis für eine interessantere und abwechslungsreichere Tätigkeit;  Gut qualifizierte Ausgebildete werden auch deutlich seltener erwerbslos als gering Qualifizierte. Dies kann eine zweijährige, vermeintlich “billigere“ Ausbildung,  wie sie viele Arbeitgeber*innen und das Wirtschaftsministerium anstreben, nicht leisten So eine  „Kurzausbildung“ sorgt nicht für die erforderliche umfassende Kompetenzvermittlung. Außerdem darf nicht dem Druck der*des Arbeitgebers*in nachgegeben werden und eine Modularisierung der Ausbildungsberufe muss verhindert werden. Die Modularisierung ist ein Mittel, die 3-jährige Berufsausbildung zu kürzen und an den einzelnen Betrieb anzupassen, was dem ursprünglichen Zweck widerspricht, dass Jugendliche für einen ganzen Beruf, keinen einzelnen Betrieb ausgebildet werden sollen.“
Zeit braucht es auch zum Lernen! Auszubildende  sollen  genügend  Zeit  haben,  um  sich  auf  ihre  Prüfung  vorbereiten  zu  können, deshalb sollen sie fünf Tage Sonderurlaub vor ihrer Abschlussprüfung bzw. gestreckten Prüfung bekommen.  Analog  dazu  müssen  auch  dual  Studierende  für  ihre  abschlussnotenrelevanten Prüfungen angemessen freigestellt werden.
Schlussendlich ist Sicherheit für Beschäftigte ein wichtiger Aspekt. Gerade für Jugendliche spielt die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis über die Ausbildung hinaus bestehen bleibt, eine gewichtige Rolle. Entscheidungen wie der Bezug einer Wohnung oder das Gründen einer Familie werden immer auch maßgeblich von der beruflichen Sicherheit geprägt, ebenso wie größere, immobile Investitionsentscheidungen. Wir fordern deshalb eine allgemeine Übernahmeverpflichtung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Gerade kurzfristige Ankündigungen hinsichtlich der Übernahme führen bei vielen Auszubildenden zu unnötig großer Unsicherheit und üben Leistungsdruck aus. Entsprechend fordern wir eine Ankündigungsfrist bei geplanter Nichtübernahme: Wird ein*e Auszubilden-de*r nicht übernommen, so muss dies ein Jahr vor Beendigung des Ausbil-dungsverhältnisses mitgeteilt werden und entsprechend durch wichtige Gründe erläutert werden. Lässt der*die Arbeitgeber*in diese Frist verstreichen, so besteht der Rechtsanspruch auf eine unbefristete Stelle in Vollzeit für den*die Auszubildende.
Unterstützung der Auszubildenden neben der Ausbildung
Selbst, wenn ein guter Ausbildungsplatz ergattert werden konnte, sind die Probleme noch längst nicht gelöst. Viele müssen noch daheim bei ihrer Familie wohnen, da ihre (Ausbildungs)vergütung nicht für eine eigene Wohnung und der Bezahlung für den Weg zur Arbeit reicht.
Es kann nicht sein, dass Auszubildende, die in Vollzeitausbildung erheblich zum Betriebserfolg beitragen, so wenig verdienen, dass sie sich ihr Leben damit alleine nicht leisten können. Die Ausbildungsvergütung muss Auszubildenden ein eigenständiges Leben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in allen Facetten ermöglichen. Daher fordern wir die Einführung einer  gesetzlichen, flächendeckenden Mindestausbildungsvergütung mindestens in Höhe des vollen, aktuellen Studierenden-BAföG-Satzes.
Von Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird vermehrt ein hohes Maß an Mobilität gefordert. Gerade Berufsschüler*innen sind durch die duale Ausbildung mit dem Wechsel zwischen Wohnort, Arbeits- und Schulstätte einem immer länger werdenden Weg bei der Ausbildung ausgeliefert. Dass die dadurch entstehenden Kosten in den allermeisten Fällen von den Auszubildenden selbst getragen werden müssen, stellt einen unzumutbaren Zustand dar! So zeigt der Ausbildungsreport der DGB-Jugend, dass Auszubildende im Durchschnitt 669 Euro im Jahr für Fahrtkosten im Rahmen ihrer Ausbildung aufbringen. Wir fordern deshalb die Einführung eines bayernweiten Schüler*innen-, Auszubildenden- und Studierendentickets. Dies hat steuerfinanziert zu erfolgen und muss Fahrten sowohl in den bayerischen Nahverkehrszügen als auch im örtlichen ÖPNV ermöglichen.
Was für Studierende schon Gang und Gebe ist, muss endlich auch bei Auszubildenden umgesetzt werden. Wenn das Geld nicht für eine eigene Wohnung reicht, gibt es die Möglichkeit für sie in ein Studierendenwohnheim zu ziehen.  Auch  ausreichend Angebote  an Auszubildendenwohnheimen  sind nötig, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu ermöglichen.

Gute Arbeit
Noch  immer  gibt  es reale  Lohnunterschiede  zwischen  Frauen  und  Männern  bei  gleichwertiger Tätigkeit  (Gender  Pay  Gap)  und  eine  generelle  Schlechterstellung  von  typisch „weiblichen“ Berufen. Stereotype    und    klassische Rollenbilder müssen daher aufgebrochen werden und gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten!  Wir fordern  die  verpflichtende  Angabe  des Gehaltes  bzw.  der  Eingruppierung  bereits  in  den  Stellenausschreibungen.  Ebenso  darf  keine pauschale  Ausgrenzung von Bewerber*innen ohne Berufserfahrung erfolgen. Berufserfahrung als Voraussetzung muss die Ausnahme sein und in der Stellenausschreibung begründet werden.
Wir  fordern  daher  die Einführung  von  gesetzlich  festgeschriebenen  anonymisierten  Bewerbungsverfahren.  Vor  dem ersten  persönlichen  Kontakt  zwischen  Arbeitgeber*innen  und  Arbeitnehmer*innen  soll  der einstellende Betrieb keine Informationen über Name, Alter, Geschlecht, Herkunft oder mögliche Behinderungen erhalten. Ebenso sind den Bewerbungen nicht länger Fotos beizufügen.
Da sachgrundlose Befristungen vielfach dazu missbraucht werden,  eine  Art  “Probezeit“  zu  generieren,  die  faktisch  weit  über  die  gesetzlichen  6  Monate hinausgeht,  fordern  wir  die  Abschaffung sachgrundloser  Befristungen.  Die  Sachgründe  für mögliche  Befristungen müssen  so eng wie  möglich definiert werden, um einen Missbrauch zu verhindern. So ist es nicht einzusehen, weshalb Berufseinsteiger*innen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz befristet eingestellt werden können. Dies betrifft junge Menschen besonders häufig, laut statistischem Bundesamt sind über 56 Prozent der befristet Beschäftigten unter 30. Der Übergang in eine Anschlussbeschäftigung wird dadurch nicht erleichtert – im Gegenteil – die „Generation befristet“ wird manifestiert. Befristungen erhöhen bei einem Stellenwechsel sowohl das Risiko wieder befristet beschäftigt zu werden, als auch das Arbeitslosigkeitsrisiko. Insbesondere befristete Stellen im öffentlichen Dienst erhöhen das Risiko von Befristungsketten.
Ebenso unnötig ist der Sachgrund der Erprobung in § 14 Abs. 1 Nr. 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz, die Probezeit ist zu diesem Zwecke völlig ausreichend.
Dies gilt auch für die weitere Einschränkung und Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen. Das Normalarbeitsverhältnis muss wieder normal werden – damit junge Leute planen können! Das Mittel der Leiharbeit muss wieder auf seinen ursprünglichen Sinn und Zweck zurückgeführt werden: der Abdeckung von Auftragsspitzen. Da Arbeitnehmer*innen in Leiharbeit jedoch genauso viel leisten wie die Stammbelegschaft muss verpflichtend festgeschrieben werden, dass beide die gleiche Entlohnung und die gleichen Sonderzahlungen beziehen. Leiharbeiter*innen sind keine Arbeiter*innen zweiter Klasse. Sie werden in Zeiten florierender Auftragslagen eingesetzt und können somit leicht fair entlohnt werden. Zur Unterbindung eines dauerhaften Leiharbeitseinsatzes gilt es, Leiharbeiter*innen nach einem Jahr in die Stammbelegschaft unbefristet zu übernehmen.
Wichtig ist ebenso, dass die Landesregierung mit gutem Beispiel voran geht und als Voraussetzung für öffentliche Vergaben und Förderungen die Innerbetriebliche Mitbestimmung und Tariftreue festlegt.
Positive Beispiele von Betriebs- und Personalratsarbeit sollten von der Landesregierung gewertschätzt und öffentlich gewürdigt werden, beispielsweise beim Erhalt der Standortsicherheit oder kreative Innovationen die zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt haben.
Um gezielt gegen die Verhinderung von Betriebswahlen und Betriebsratsarbeit vorgehen zu können, sollen Schwerpunktsstaatsanwaltschaften zur juristischen Verfolgung gebildet werden.
Gute Arbeit lebt von einer gut ausgestatteten Arbeitnehmer*innenvertretung. Betriebs- und Personalräte vertreten die Interessen der Arbeiter*innen gegenüber der Gegenseite und brauchen dafür auch geeignete Mittel, um auf gleicher Augenhöhe agieren und das Bestmögliche für diejenigen, die sie vertreten, herauszuholen. Informations und Mitbestimmungsrechte dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sie müssen in der Realität auch eingefordert werden dürfen, auch mit dem Mittel von Sanktionsrechten. Vor allem im Bereich der prekär Beschäftigten innerhalb eines Betriebs wie Leiharbeitsverträgen sind die Befugnisse der Arbeitnehmer*innenvertretung besonders wichtig und ihre Befugnisse auszuweiten und zu verfestigen. Dazu gehört die Präzisierung des Informationsrechts sowie die Anrechnung von im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer*innen zur Größe des Betriebsrates. Außerdem braucht es ein echtes Mitbestimmungsrecht. Der Betriebsrat muss den von der*dem Arbeitgeber*in angegebenen Bedarf von Leiharbeitnehmer*innen bestätigen und deren Einsatz zustimmen. Der Betriebsrat muss über die Vergabe von „Gewerken“ an Fremdfirmen mitbestimmen können und den Einsatz von Fremdfirmen verweigern können.

Betriebliche Mitbestimmung muss auch in die Lage versetzt werden, die über Werkverträge „innerbetrieblich ausgelagerten“ Teile der Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen wieder – zumindest mittelbar – in ihren Vertretungsbereich zu integrieren und die dort herrschenden Arbeitsbedingungen zu thematisieren. Daher fordern wir die Einführung der Mitbestimmungspflicht des Betriebsrates beim Abschluss von Werkverträgen.
Planen können ist in Zeiten, in denen die Familienplanung ansteht oder nahe Angehörige gepflegt werden müssen oftmals schwierig. Zur  Gestaltung  flexibler  Arbeitszeitmodelle  fordern  wir  deshalb  verschiedene  Punkte  und Regelungen:

  • Einführung einer Arbeitsversicherung zur Absicherung längerer Auszeiten, wobei während der Beschäftigung  ein  Zeitguthaben  angespart  wird  und  eine  finanzielle  Absicherung  für  Zeiten reduzierter Arbeitszeit besteht.
  • Arbeitszeitkonten  für  alle  Arbeitnehmer*innen,  um  eine  Kontrolle  gesetzlicher  Vorgaben  und tariflicher  Vorgaben  gewährleisten  zu können  und  Beschäftigten  einen  Überblick  über ihre Arbeitszeit zu
    bieten.
  • Weiter  sind  flexible  und  individuelle  Lösungen  von  Arbeitszeitmodellen  gerade  da  bisher möglich,  wo  Arbeitnehmer*innen  Mitbestimmungsmöglichkeiten  haben.  Dort  wo  es  keine betrieblichen oder tariflichen Regelungen gibt, muss es Initiativen und Anreize geben, solche zu schaffen.

Weiterbildung ist ein zentrales Element in der heutigen Arbeitspraxis. Aus diesem Grund müssen verbindliche   Qualitätsanforderungen   für   die   Lernprozessgestaltung   beschrieben   werden, beispielsweise   durch   die   Verankerung   eines   Fortbildungsrahmenplanes,   analog   zu   den Rahmenplänen in der beruflichen Ausbildung. Bildungsanbieter*innen in  der beruflichen Fortbildung sollten  zukünftig  ein  anerkanntes  Qualitätssicherungssystem verpflichtend anwenden.  Ein Beratungsangebot zum Fortbildungsziel, über Prüfungsstruktur, Prüfungsablauf, Prüfungsmethoden und über die Zulassungsvoraussetzungen zur Prüfung  muss von der*dem Bildungsanbieter*in sichergestellt werden.  Der Anspruch auf zehn Tage Bildungsurlaub muss endlich auch in Bayern gelten! Damit wird man endlich der  Stärkung  der ehrenamtlichen Arbeit gerecht. Wer sich  ehrenamtlich engagiert darf keine Nachteile in Ausbildung und Arbeit fürchten.
Die Struktur des Arbeitsmarktes wird sich in den kommenden Jahren vor allem im Zuge der Digitalisierung verändern, die Arbeitsplätze in der Industrie werden weniger. Andere Bereiche werden jedoch mit Sicherheit wachsen: der Bedarf an Personal in den Sozial- und Gesundheitsberufen kann schon jetzt nicht gedeckt werden. Die Berufe sind vor allem wegen der schlechten Bezahlung und der hohen Arbeitsbelastung unattraktiv.
Eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe wird es in den kommenden Jahren sein, diese Berufe attraktiv zu machen. Die Kommunen, Bezirke und Länder sind oftmals Träger von sozialen Einrichtungen, Krankenhäusern und Kinderbetreuungseinrichtungen. An dieser Stelle kann direkt Einfluss auf Arbeitsbedingungen und Entlohnung genommen werden. Jedoch müssen auch in Bereichen der freien Träger Verbesserungen erzielt werden. Auch das ist Aufgabe der öffentlichen Hand, da diese deren Tätigkeiten finanziert.
Der öffentliche Dienst, mit dem Arbeitgeber Freistaat Bayern, hat Vorbildcharakter. In den letzten Jahren kommt es jedoch auch hier zu einer immer weiteren Verdichtung von Arbeit. Der Freistaat Bayern muss der Verantwortung gerecht werden und für ausreichende Personalausstattung sorgen und über die Erhöhung der Mittel im Haushalt des Freistaats Bayern die Kommunen in der Umsetzung unterstützen. Der öffentliche Dienst darf nicht kaputt gespart werden!
Auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge kommt der öffentlichen Hand als Auftraggeber*in eine Vorbildfunktion zu. Deshalb muss auch auf Landesebene in Bayern endlich ein „Tariftreue- und Vergabegesetz“ eingeführt werden, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifbindungen, Mindestlohn sowie Arbeitsschutz- und Nachhaltigkeitsstrategie bei der Auftragnehmer*in koppelt.
Die Vorbildrolle des Bundeslandes beschränkt sich jedoch nicht nur auf den öffentlichen Dienst. Auch in der aktiven Arbeitsmarktpolitik muss eine Vorreiterrolle ernstgenommen werden. Der öffentliche Beschäftigungssektor bietet die Möglichkeit, Menschen, die über jahrelange Arbeitslosigkeit ins Abseits der Gesellschaft gestellt wurden, zu Erwerbsarbeit und somit zur Teilhabe zu verhelfen. Dafür müssen die Kommunen mit finanziellen Mitteln des Landes ausgestattet werden. Dies bietet die Möglichkeit, Menschen die hoffnungslos in Harz IV und ab Erreichen des Rentenalters oder bei Arbeitsunfähigkeit SGB XII beziehen, zu Sozialversicherungspflichtiger Anstellung zurück zu kommen.
Wir Jusos treten dafür ein, den Sonntag für so viele Menschen wie möglich arbeitsfrei zu gestalten. Daher lehnen wir im besonderen auch die Sonntagsöffnung im Einzelhandel ab. Gemeinsam mit Kirchen und Gewerkschaften kämpfen wir gegen Initiativen von Supermarktkonzernen und Marktradikalen den Sonntag weiter hin zu einem normalen Werktag zu wandeln. Der Einsatz gegen die Sonntagsöffnungen beinhaltet für uns ebenso den Kampf gegen verkaufsoffene Sonntage. Hier wollen wir darauf hinwirken, dass sich Kommunalpolitiker*innen der SPD solidarisch mit Gewerkschaften sowie den Beschäftigten im Einzelhandel verhalten und sich gegen verkaufsoffene Sonntage einsetzen.