A3 Tariftreue und volle Transparenz bei Gehältern: Drittreichstes Bundesland mit weiß-blauen Niedriglöhnen

Bayern ist nach Bezeichnung der Staatsregierung ein Hochlohnland und im Vergleich des Bruttoinlandsprodukts (BIP) je Einwohner im Jahr 2021 in Deutschland das drittreichste Bundesland. Tatsächlich ist Bayern aber ein Land mit einem hohen Niedriglohnanteil und hohem Gender-Pay-Gap.

Über Löhne und Gehälter muss in der Öffentlichkeit gesprochen werden. Es braucht eine Debatte über die Wertigkeit von Berufen. Einen geschlechterspezifischen Lohnunterschied nehmen wir nicht mehr hin. Daher plädieren wir für die sofortige Einführung einer korrekten Mindestgehaltsangabe in Stellenanzeigen.

Wir fordern, dass bei der Veröffentlichung der Löhne und Gehälter eine der folgenden Varianten aufgeführt werden muss:

  • Bei Vollzeit- und Teilzeitstellen unter Angabe der Wochenarbeitszeit entweder das Jahresgehalt, das Monatsgehalt oder die Stundenentlohnung in Euro als Bruttoentlohnung.
  • Bei sonstigen Beschäftigungsverhältnissen die Stundenvergütung in Euro als Bruttoentlohnung.

Wir fordern die Einführung eines Tariftreue- und Vergabegesetz für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, das folgende Regelungen enthält:

  • Verpflichtung des Unternehmens zur Abgabe einer Tariftreueerklärung für Branchen im Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG),
  • Verpflichtung des Unternehmens zur Abgabe einer Tariftreueerklärung im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs,
  • Verpflichtung des Unternehmens zur Abgabe einer Erklärung, mindestens den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen,
  • Verpflichtung des Unternehmens gleiches Einkommen für gleichwertige Arbeit zu gewährleisten.

Um Tariftreue und Mindestlohn bei den unter das Gesetz fallenden Auftragsvergaben zu gewährleisten, werden entsprechende Regelungen zu Nachweispflichten, Kontrollen und Sanktionierung von Verstößen getroffen.

Begründung:

Im europäischen Vergleich wird deutlich, dass das Niedriglohnrisiko in Bayern vergleichsweise hoch ist. In Ländern wie Schweden, Belgien, Finnland und Frankreich beträgt der Niedriglohnanteil teils deutlich unter 10 Prozent. Bayern liegt deutlich darüber:

„In Bayern ist das Niedriglohnrisiko besonders hoch für Beschäftigte in einem Minijob (knapp 70 %), gering Qualifizierte (38,2 %), Jüngere unter 25 Jahren (37,1 %) sowie Beschäftigte aus Kleinunternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten (knapp 34 %)“. Ebenso sind Frauen in Bayern einem überdurchschnittlichen Niedriglohnrisiko (24,6 %) ausgesetzt. Aus diesem Grund sind sie im bayerischen Niedriglohnsektor mit 71,2 Prozent auch deutlich überrepräsentiert, während nur 28,8 Prozent der Niedriglohnbeschäftigten männlich sind.“

Beschäftigte im Niedriglohnsektor trifft ein fast dreimal so hohes Armutsrisiko (16,3 %) wie abhängig Beschäftigte insgesamt (5,5 %). Die Folge eines geringen Einkommens im Arbeitsleben ist Altersarmut. Besserung ist zurzeit nicht in Sicht, der Niedriglohnsektor vergrößert sich rasant.

Dazu kommt ein gravierendes Gender-Pay-Gap. Die immer noch weit verbreitete Gewohnheit, nicht über das eigene Gehalt zu sprechen, ist allgegenwärtig und folgenschwer. Dies führt ferner dazu, dass in sogenannten „Frauenberufen“ deutlich geringere Gehälter bezahlt werden. Arbeitgeber*innen lehnen Tarifbindungen immer häufiger ab. Insgesamt ist die Anzahl der Menschen, die nach Tarif bezahlt werden, rückläufig. Nicht einmal die Hälfe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bayern ist in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt. Die Steigerung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro ist ein entscheidender Schritt zur Besserung. Von dem höheren Mindestlohn werden in Bayern rund eine Million Menschen profitieren, darunter viele Familien und Alleinerziehende mit Kindern.

Durch das Tariftreue- und Vergabegesetz sollen nur noch Unternehmen staatliche Aufträge erhalten, die nach Tarifvertrag zahlen. Denn der Freistaat vergibt öffentliche Aufträge an Unternehmen in Milliardenhöhe. Wer von diesen Aufträgen profitieren will, muss seine Beschäftigten fair bezahlen. Mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz wird Lohndumping der Riegel vorgeschoben. Denn fairer Lohn für gute Arbeit stützt auch den bayerischen Wirtschaftsstandort.

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