Adressat*innen: Bezirkskonferenz der Jusos Oberbayern, SPD Bezirksparteitag,
Bezirksvorstand der SPD Oberbayern, Landeskonferenz der Jusos Bayern, Landesparteitag
der Bayern SPD, SPD Landesvorstand, Juso Bundeskongress, SPD Bundesparteitag
Das Sommerfest der SPD Bundestagsfraktion im vergangenen Sommer ist durch die
Angriffe mittels KO-Tropfen in trauriger Erinnerung geblieben. Nun hat die
Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen eingestellt, da kein Täter ermittelt werden
konnte. Für die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden von FINTAs*(Frauen, Inter,
Non Binary, Trans, Agender) in der SPD ein fatales Zeichen.
Im Grundgesetz steht in Artikel 3 Absatz 3:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder
politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen
seiner Behinderung benachteiligt werden.”
Trotzdem erfährt die Hälfte der Gesellschaft täglich eine Benachteiligung aufgrund
des eigenen Geschlechts. Wir kämpfen für eine gerechte Gesellschaft und echte
Gleichstellung aller Geschlechter in unserer Gesellschaft. Dabei sollten wir den
Blick in unserer eigenen Partei nicht verschließen.
Stammtischrunden in Ortsvereinen, Vorstandssitzungen, Konferenzen auf den
unterschiedlichsten Ebenen sind aktuell für FINTA*-Personen kein sicherer Ort.
Angefangen bei unangenehmen Sprüchen, grenzüberschreitendem Verhalten bis hin zu
sexueller Belästigung. All das ist Alltag in unserer Partei und die meisten FINTA*s
haben es bereits erlebt.
Sexismus ist die Diskriminierung, Unterdrückung und Abwertung einer Person aufgrund
ihres Geschlechts. Sexismus ist geprägt von den traditionellen Rollenbildern und der
Vorstellung, dass Männer aufgrund ihres Geschlechts überlegen sind.
Sexismus beginnt nicht erst mit sexueller Belästigung oder offen sexistischen
Sprüchen. Sexismus beginnt bereits viel früher. Bemerkungen, Berührungen oder das
Verhalten von vielen unserer Genossen ist unangenehm und überschreitet Grenzen.
Ein weiteres Problem stellt das Misgendern von TINA* (Trans, Inter, Nicht Binär,
Agender) Genoss*innen da. Diese verletzende Praxis kann unbeabsichtigt aber auch
absichtlich passieren, im letzteren Fall mit dem Bewusstsein und dem Kalkül verletzen
zu wollen. Das Misgendern ist nur eine der Formen, mit der Transfeindlichkeit zum
Ausdruck gebracht wird. Unangebrachte Fragen, Ausgrenzung und verletzende Kommentare
sind weitere Formen, die auch bei uns vorkommen. Als Feminist*innen können und wollen
wir solche Verhaltensweisen nicht akzeptieren! Wir stehen solidarisch an der Seite
unserer TINA*-Genoss*innen und verurteilen jede Form der Ausgrenzung und Verletzung,
die diese innerhalb unserer Partei erfahren.
Dass sich in unserer Partei dennoch viele FINTA*s engagieren, hat sich die SPD nicht
allein selbst zu verdanken, sondern basiert häufig auf dem Durchhaltevermögen der
individuellen Personen, die sich diesen Problemen entgegenstellen.
Um ein Raum zu werden in dem sich FINTA*s sicher fühlen und gerne sind, müssen wir
weiterhin an unserem Feminismus arbeiten und diesen auch innerparteilich hochhalten.
Für uns ist klar: Unser Feminismus schließt niemanden aus, wir stehen an der Seite
von allen, die Sexismus, Transfeindlichkeit oder Einschränkungen ihres
Selbstbestimmungsrechtes erfahren, sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer
Strukturen. Unser Feminismus ist ein queerer Feminismus, der vor allem
Gesellschaftliches in den Blick nimmt und von überholten Vorstellungen, die
wissenschaftlich widerlegt sind, Abstand nimmt.
Opfer zu schützen heißt, ihnen zu glauben, sie kurz- und langfristig zu unterstützen
und Täter*innen zu konfrontieren. Wenn Vorfälle unter den Teppich gekehrt werden,
führt das dazu, dass Opfer sich alleine fühlen und Täter*innen an anderer Stelle
weitermachen können. Nur wenn Sexismus offen zur Sprache gebracht wird, schützen wir
potentielle Opfer. Dabei sind wir alle gefordert, denn wir alle können Zeug*innen von
sexistischem Verhalten werden und am besten schützen wir Opfer durch sofortiges
Einschreiten in der Situation. Denn:
Wer schweigt, stimmt zu!
“Silence is Violence”, “Wer schweigt, stimmt zu”, “Wegschauen ist wie Zuschlagen” –
es gibt viele markige Parolen, die alle dasselbe beschreiben – und sie sind
zutreffend. Für Betroffene ist es egal, warum Umstehende nicht einschreiten und ihnen
nicht helfen. Denn es macht für die unmittelbaren Auswirkungen der Übergriffe keinen
Unterschied, ob jemand nichts tut, weil er*sie Angst hat, es nicht als Übergriff
wahrnimmt oder es wirklich in Ordnung findet, was gerade passiert. Darum fordern wir
alle Genoss*innen auf, aufmerksam zu sein: Lasst Übergriffe jeder Art nicht einfach
stehen! Widersprecht, greift ein. Lasst Betroffene nicht allein und lasst Täter*innen
nicht das Gefühl, ihr Verhalten sei in Ordnung! Wir fordern deshalb konsequente
offene Aufarbeitung diskriminierender Vorfälle innerhalb der Partei und ein
entsprechendes Bildungsprogramm auf allen Ebenen, um Menschen für sexistisches und
queerfeindliches Verhalten zu sensibilisieren und Einschreiten zu trainieren.
Sexismus geht größtenteils von Männern aus, doch alle Menschen können Misogynie und
Sexismus internalisiert haben und diskriminierendes Verhalten an den Tag legen.
Sexismus ist in jedem Fall inakzeptabel und muss sanktioniert werden ungeachtet des
Geschlechts der Täter*innen bzw. des Opfers. Um dies besonders sichtbar zu machen,
sprechen wir explizit von Täter*innen.
Täter*innen schützen, heißt Probleme kriegen!
“Wer schweigt, stimmt zu!” gilt gerade auch für Vorstände, die Täter*innen decken,
warum auch immer. Es gibt keine Rechtfertigung, Übergriffigkeit zu decken.
Auch bei uns gibt es Machtstrukturen, die dazu führen, dass Einzelne mit
Fehlverhalten ungestraft davonkommen können, während Opfer oft aus Angst vor
negativer Presse für die SPD oder persönliche Konsequenzen innerhalb des Verbandes
schweigen. Das ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr. Nicht die Person, die
Fehlverhalten anspricht und damit eventuell negative Presse ermöglicht, ist dafür
verantwortlich, sondern die Person, die sich Fehl verhalten hat.
Jeder Mensch wurde unterschiedlich sozialisiert und hat unterschiedliche persönliche
Grenzen. Dadurch kann es zu unbewussten und ungewollten Grenzüberschreitungen kommen.
Trotzdem sind das Grenzüberschreitungen denen nachgegangen werden muss und das heißt
nicht, dass wir Menschen direkt verbannen möchten, sondern vielmehr, dass wir, in
solchen Fällen, mit Bildungsarbeit und dem gemeinsamen Gespräch für eine Atmosphäre
sorgen wollen, in der wir uns wohlfühlen können. Bei bewussten, wiederholten und
systematischen Grenzüberschreitungen erwarten wir harte und unmittelbare
Konsequenzen.
Eine Partei, die sich immer wieder darauf beruft, feministisch zu sein und in der
Tradition von (queer)feministischen Freiheitskämpfer*innen zu stehen, hat die
Pflicht, diese Standards auch in den eigenen Reihen anzuwenden, Verdachtsfällen aktiv
nachzugehen und Täter*innen konsequent zu sanktionieren.
Es ist die Aufgabe von uns allen, diskriminierendes und übergriffiges Verhalten zu
verurteilen und zu sanktionieren. Wir fordern den Bezirksvorstand der SPD Oberbayern,
den Landesvorstand der Bayern SPD und den Vorstand der Bundespartei auf, endlich zu
handeln und FINTA*s in der Partei zur Seite zu stehen. Wir erwarten, dass Konzepte
zum Schutz von FINTA*s und zur Sanktionierung von sexistischem und übergriffigem
Verhalten erarbeitet und vorgestellt werden. Diese müssen so konkret wie möglich
regeln, wie mit solchen Fällen umgegangen werden soll. Insbesondere erwarten wir,
dass sich alle Vorstände verpflichten, sich an diese Konzepte zu halten. An erster
Stelle muss hierbei zwingend die Sicherheit von FINTA*s stehen. Täter*innen muss klar
sein, dass die SPD keine Partei ist, in der sie sicher sind oder geschützt werden.
Unsere Forderungen, kurz zusammengefasst:
- Das Einrichten einer anonymen, bürokratiearmen und zentralen Beschwerdestelle
innerhalb der SPD. - Eine konsequente Aufarbeitung der Beschwerden.
- Aufmerksamkeit für das Thema, in dem vor Veranstaltungen ausdrücklich auf dieses
Problem hingewiesen wird und über die interne wie auch über externe
Beschwerdemöglichkeiten informiert wird. - Ein durch die Vorstände der SPD Bayern und Oberbayern erarbeitetes Konzept zum
Schutz von FINTA*s inklusive Sanktionen für Täter*innen - Sensibilisierung der Mitglieder für Sexismus und Queerfeindlichkeit und
Empowerment zum Einschreiten – Solidarität mit allen Betroffenen! - Das Ende des Täter*innen-Schutzes!
- (Queer-)Feminismus in der SPD etablieren!
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Aktion | Seite | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Nicht abgestimmt | Ä3 zum G1 | 30, 85, 95, 180, 190, 465, 470, 490, 517 | Ufra | Ersetze "FINTA*" durch "FLINTA*" | |||
Nicht abgestimmt | Ä1 zum G1 | 455 | Ufra | streiche: \"den Bezirksvorstand der SPD Oberbayern\" ersetze durch \"die Bezirksvorstände der SPD Bayern\" | |||
Nicht abgestimmt | Ä2 zum G1 | 515 | Ufra | Streiche "Oberbayern" ergänze "der Bezirke" |