Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion sowie die SPD-Bundesminister*innen werden aufgefordert, sich für einen Abschiebungsstopp von Afghan*innen einzusetzen und keine weiteren Rückführungen durchzuführe, bis sich die Lage vor Ort signifikant verbessert hat.
Die Sicherheitslag in Afghanistan hat sich in den letzten drei Jahren deutlich verschlechtert und ist so schlecht wie noch nie seit Ende der Taliban-Herrschaft im Hagr 2001. Die Zahl der zivilen Opfer ist dramatisch hoch.
Im Jahr 2017 wurden laut UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) knapp 11.500 Menschen getötet oder verletzt – das vierte Jahr in Folge gab es mehr als 10.000 zivile Opfer. 42 Prozent der Opfer waren Frauen und Kinder. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden bereits 763 Menschen getötet und mehr als 2.200 verletzt.
Menschen sterben bei Anschlägen oder durch Bomben und Minen, bei Kämpfen der Sicherheitskräfte mit bewaffneten Gruppen wie den Taliban oder bei Kampfhandlungen zwischen bewaffneten Gruppen. Dennoch hat Deutschland seit Oktober 2016 in 13 Sammelabschiebungen bereits 234 Afghan*innen abgeschoben. Das verstößt gegen geltendes Völkerrecht. Es ist verboten, Menschen in Länder zurückzuschicken, in denen ihnen unmenschliche Behandlung, Gefahr für Leib und Leben oder Verfolgung droht. Dieses Verbot ist unter anderem in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert. Es kennt keine Ausnahmen. Es gilt für alle Menschen.
Bislang gilt wegen der fragilen Sicherheitslage und dem Anschlag auf die Deutsche Botschaft im Mai 2017 ein weitgehender Abschiebestopp. Die Bundesländer dürfen nur Straftäter, Gefährder oder Menschen, die bei der Identitätsfeststellung nicht mitwirken, in das Land zurückschicken. In Zukunft könnten sie wieder alle abgelehnten Asylbewerber*innen abschieben, also auch Familien mit Kindern oder traumatisierte junge Männer. Die Bundeskanzlerin und die Union begründen diese Kehrtwende ausdrücklich mit dem neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes.
Tatsächlich schreibt das Auswärtige Amt in seinem neuen Asyllagebericht von Anfang Juni 2018, dass die Aufnahmefähigkeit „der genutzten Ausweichmöglichkeiten, vor allem im Umfeld größerer Städte, […] durch die hohe Zahl der Binnenvertriebenen und der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan bereits stark in Anspruch genommen“ ist. Zudem sei die Nutzung von Überlandstraßen oftmals lebensgefährlich. Annähernd zwei Millionen Menschen wurden bereits aufgrund des bewaffneten Konflikts innerhalb ihrer Heimat vertrieben. Das Land ist mit der Versorgung dieser Menschen überfordert. Vertriebene und Rückkehrer finden sich in elenden Bedingungen wieder uns sind permanent in Gefahr, erneut vertrieben zu werden oder ihr Leben zu verlieren. Im ganzen Land herrsche eine so bezeichnete „volatile Sicherheitslage“. Eine Veränderung der Sicherheitslage gegenüber den Beweggründen für den Abschiebestopp im Mai 2017 ist somit nicht vorhanden.
Wir als Sozialdemokratische Partei Deutschlands haben uns immer zur humanitären Flüchtlingspolitik bekannt. Das Recht auf Asyl muss auch in Zukunft unangetastet bleiben. Richtlinie für die Aufnahme von Schutzsuchenden ist und bleibt allein die humanitäre und rechtliche Verantwortung Deutschlands. Der Schutz vor Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen darf niemals eine Frage des wirtschaftlichen Vorteils oder rein populistisch geprägten Diskussionen sein.
Wir halten daran fest, dass Abschiebungen in Länder nicht erfolgen, in denen für die Menschen unmittelbare Gefahr besteht, Opfer eines Krieges oder eines bewaffneten Konflikts zu werden. Wir werden keinen Menschen in die Perspektivlosigkeit und Lebensgefahr abschieben.
Da die Sicherheitslage in Afghanistan kein sicheres Leben zulässt, werden wir als SPD keinen Antrag zur Aufhebung des Abschiebestopps nach Afghanistan zustimmen. Wir als SPD werden in der Bundesregierung darauf drängen, den Abschiebestopp fortbestehen zu lassen und Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen, bis sich die Lage vor Ort signifikant verbessert.
Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion sowie die SPD-Bundesminister*innen werden aufgefordert, sich für einen Abschiebungsstopp von Afghan*innen einzusetzen und keine weiteren Rückführungen durchzuführe, bis sich die Lage vor Ort signifikant verbessert hat.