A4 Dokumentierte Aufklärungspflicht von Arbeitgeber*innen beim Einstellungsverfahren über die Folgen von Minijobs

Bis zur Sozialversicherungspflicht ab dem 1. Euro bzw. Abschaffung von Minijobs, sollen weitere Hürden für den Einsatz und Abruf solcher prekären Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden.

Wir fordern, dass Arbeitgeber*innen bim Bewerbungs- bzw. Einstellungsverfahren über die Folgen dokumentiert aufklären. Zwingend in der Dokumentation müssen die Negativfolgen von Minijobs, wie beispielsweise geringes Einkommen, fehlende Weiterbildungs- und Karriereperspektiven, sowie geringfügiger Rentenanspruch enthalten sein, ggf. auch in einfacher Sprache. Arbeitnehmer*innen müssen diese schriftlich zur Kenntnis nehmen.

Nichtsdestoweniger halten wir fest an der Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro.

Begründung:

Minijob und geringfügige Teilzeit waren ursprünglich insbesondere im Kontext Wiedereinstieg nach familienbedingten (Kinderbetreuung/Pflege) Erwerbsunterbrechungen als arbeitsmarktpolitische Maßnahme mit dem Ziel der Brücke in den Arbeitsmarkt etabliert. Tatsächlich  nehmen mehr Frauen insgesamt und auch zu einem früheren Zeitpunkt nach der Elternzeit ihre Berufstätigkeit auf – das jedoch bei fast gleichbleibendem Arbeitsvolumen. Ein Ausbau und Weitereinstieg im Sinne Aufstieg aus solchen Arbeitsverhältnissen ist in den seltensten Fällen möglich, ist doch in Deutschland die Präsenzkultur anstelle Effizienzkultur nach wie vor vorherrschend im Kontext Karrierewege.

Vielen Frauen sind die langfristigen Konsequenzen von Arbeitsverhältnissen wie Minijob bzw. geringfügiger Teilzeit  mit dem aktuellen Familieneinkommen getragen durch den Haupternährer für sich selbst nicht bewusst, solange die Paarbeziehung anhält bzw. der Haupternährer weder durch Arbeitslosigkeit noch Krankheit oder Trennung / Scheidung als Familienhaupteinkommensquelle wegfällt.

Ziel muss sein, Minijob & Co langfristig auf dem Arbeitsmarkt zu verbannen und zwingend Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro zu fordern. Dennoch – auf dem Weg dahin, gilt den Einsatz und Abruf von Minijob & co auf beiden Seiten – Arbeitnehmer_innen – sowie Arbeitgeber_innenseits – möglichst unattraktiv zu gestalten und Missbrauch zu vermeiden durch zusätzliche Hürden für Arbeitgeber_innen einerseits und Bewusstseinsschärfung der mittel- und langfristigen Konsequenzen dieser Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitnehmer_innen andererseits.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Bis zur Sozialversicherungspflicht ab dem 1. Euro bzw. Abschaffung von Minijobs, sollen weitere Hürden für den Einsatz und Abruf solcher prekären Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden.

Wir fordern, dass Arbeitgeber*innen bim Bewerbungs- bzw. Einstellungsverfahren über die Folgen dokumentiert aufklären. Zwingend in der Dokumentation müssen die Rechte der/des Beschäftigten, z.B. hinsichtlich der Einhaltung von Gesetzen wie zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung, Betriebsverfassung und der Geltung von Tarifverträgen ebenso wie mögliche Negativfolgen von Minijobs hinsichtlich der Rentenansprüche und zwar in allgemeinverständlicher Form. ArbeitnehmerInnen müssen die Kenntnisnahme und das Verstehen schriftlich bestätigen.

Nichtsdestoweniger halten wir fest an der Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro nach dem Modell des DGB.

Beschluss-PDF: