Wir fordern einen offenen Zugang zu Bildungsangeboten für Geflüchtete ab dem ersten Tag!
Es muss ein unverzüglicher Zugang zu Krippen, Kitas, Schulen, Berufsbildungseinrichtungen, Hochschulen sowie zu Weiterbildungen und Anpassungsqualifizierungen gewährt und eine sofortige Inklusion in Regelsysteme sichergestellt werden, sobald diese möglich ist.
Das Recht auf Bildung ist ein universelles Menschenrecht, das für alle gleich gelten muss. Das international anerkannte Recht auf Bildung ist in diversen internationalen Abkommen und Dokumenten wie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) und der UN-Kinderrechtskonvention (1989) abgesichert, insbesondere der freie Zugang zu Bildung und die Chancengleichheit durch Bildung.
Die aktuelle Bildungslandschaft ist geprägt von Ausschluss, Segregation und Sondermaßnahmen gegenüber Geflüchteten. Schul- und Hochschulbesuch werden durch Regularien und Verfahrensweisen erschwert und verhindert. Wir fordern, dass Barrieren, die wesentlich zum Ausschluss vom Recht auf Bildung beitragen, vorbehaltslos beseitigt werden.
Sprachförderung ab dem ersten Tag
Integration beginnt dann, wenn Menschen miteinander ins Gespräch kommen, Vorurteile abbauen und sich auf gemeinsame Werte und Normen in einer Gesellschaft einigen. Dafür ist gegenseitiger Respekt und ein grund legendes Verständnis füreinander von Nöten. Sprache ist das unmittelbarste Mittel der Kommunikation und hilft Menschen dabei, sich zu verständigen.
Häufig führen Sprachprobleme zu Missverständnissen oder Problemen, die man eigentlich ganz einfach aus der Welt schaffen könnte. In unseren Augen ist es deshalb wichtig, dass Geflüchteten die Möglichkeit eröffnet wird, deutsch zu lernen.
Wir fordern kostenlose Angebote zur Sprachförderung und weitere Bildungsangebote von fachlich und pädagogisch qualifiziertem Personal ab dem ersten Tag.
Frühzeitige Erfassung des Bildungsniveaus
Wer flieht, tut dies oft nur mit den eigenen Kleidern am Leib. Viele Geflüchtete konnten keine Dokumente oder Zertifikate über ihren Schulabschluss oder Hochschulabschluss mitnehmen und können daher ihren Bildungsstand nicht offiziell nachweisen. Aus diesem Grund muss das Bildungsniveau von Geflüchteten so früh wie möglich erfasst werden, damit die Bildungseinrichtungen sich entsprechend vorbereiten können. Somit können Schulen und Hochschulen mit zusätzlichen Schüler*innen bzw. Studierenden rechnen und dementsprechend mehr Kapazitäten bereithalten. Selbstverständlich müssen die Bildungseinrichtungen hierzu ausreichend finanzielle Mittel vom Staat bereitgestellt bekommen.
Wir fordern faire und entgegenkommende Verfahren zur Feststellung des Bildungsniveaus von Geflüchteten, die nicht zum Ausschluss von Menschen mit geringem formalem Bildungsabschluss oder ohne Bildungsabschluss führen dürfen.
Es müssen Angebote zur Bildungsberatung geschaffen werden, die Geflüchteten ermöglichen, sich individuell über ihren bestmöglichen Bildungsweg zu informieren. Dabei müssen ihnen Bildungsangebote und Möglichkeiten weitere Qualifikationen zu erreichen aufgezeigt werden.
Frühkindliche Bildung
Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gilt auch für Geflüchtete und muss umgesetzt werden. Kindertagesstätten und ihre Träger*innen dürfen sich ihrer Verantwortung durch den Verweis auf volle Kapazitäten nicht entziehen. Die zusätzlich nötig werdenden Kapazitäten müssen bereits vorausschauend aufgestockt werden. Zudem sollen der Umgang mit Kindern mit Fluchterfahrungen und Traumata in die Fort- und Weiterbildungen von Erzieher*innen integriert werden.
Schulbildung
Geflüchtete gehören momentan zu den größten Verlierern des dreigliedrigen Schulsystems. Der Zugang zu Realschule und Gymnasium ist kaum gegeben, für den Großteil der Geflüchteten führt kein Weg an der Haupt- oder Mittelschule vorbei. Dadurch erleben wir eine dramatische Verschärfung des gesellschaftlichen Problems, dass aus dem Ausland kommende Menschen in Deutschland einen durchschnittlich deutlich schlechteren Zugang zu Realschulen und Gymnasien haben, als „Einheimische“.
Bildung ist aber ein Menschenrecht und kein Privileg für Staatsbürger*innen, und dieses Menschenrecht kann das dreigliedrige Schulsystem, wie wir es heute noch in einigen Bundesländern nahezu alternativlos vorfinden, nicht verwirklichen. Wir fordern daher langfristig eine Einführung einer inklusiven Gemeinschaftsschule, die es ermöglicht, jeden Menschen angemessen zu fordern und zu fördern.
Kurzfristig müssen Geflüchtete einen Zugang zu Realschulen und Gymnasien erhalten. Lehrkräfte, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten können, müssen verstärkt ausgebildet und eingestellt werden. Nur durch einen zügigen Spracherwerb wird es möglich sein, Geflüchtete auch innerhalb unseres missglückten Schulsystems die bestmöglichen Chancen zu gewähren.
Ebenso muss garantiert werden, dass Schulkinder nicht abgeschoben werden können, dies kann vor allem bei noch jüngeren Schulkindern zu einem unermesslichen Trauma führen, welches wir nicht zulassen dürfen. Auch nach der Schulzeit muss man den dann ehemaligen Schüler*innen die Gelegenheit geben, eine Ausbildung oder ein Studium aufzunehmen. Nur so können sich Menschen in unsere Gesellschaft und später auch in unseren Arbeitsmarkt integrieren, ohne ausgenutzt zu werden.
Ausbildung
Ein großer Teil der Geflüchteten ist im passenden Alter für eine Berufsausbildung. Hier gibt es sowohl für die Betriebe, als auch für die Vertriebenen einige Chancen. Während viele Betriebe diese Chancen bereits erkannt haben, lässt die Förderung der Regierungen zu wünschen übrig. Wir fordern eine Abschaffung der Unkosten für Sprachkurse, denn eine Ausbildung wird sowohl für den Ausbildenden als auch für die Auszubildenden deutlich einfacher mit sicheren Sprachfähigkeiten. Ebenso muss ein menschenwürdiger Lohn bezahlt werden, der sich keinen Cent unter dem gesetzlichen Mindestlohn befinden darf. Wie bereits für Schüler*innen gefordert müssen auch Geflüchtete in einem Ausbildungsverhältnis und eine gewisse Zeit danach vor Abschiebungen geschützt werden. Dies ist zum einen für die Geflüchteten wichtig, um sich eine sichere Existenz aufzubauen, doch auch für das Herkunftsland kann dies eine wichtige Entwicklungshilfe für eine Zeit des Wiederaufbaus und der Rückkehr werden, wenn die Menschen eine solide Ausbildung in Europa absolvieren konnten.
Hochschulbildung
Wir begrüßen, dass viele bayrische Hochschulen Gasthörer*innenschaften für Geflüchtete ermöglichen. Im Rahmen dieser Gasthörer*innenschaft sollen Zertifikate über die besuchten Kurse ausgestellt werden. Diese Gasthörer*innnenschaft muss komplett kostenlos sein! Allerdings kann die Gasthörer*innenschaft nur eine Zwischenlösung sein. In der Regel können Gasthörer*innen keine Hausarbeiten schreiben oder an Prüfungen teilnehmen und so auch keine Studienpunkte für ein Bachelor- oder Masterprogramm erwerben. Wir wollen die möglichst schnelle Integration in den regulären Studienbetrieb. Daher muss auch die Möglichkeit bestehen, offiziell Prüfungen abzulegen und ECTS-Punkte zu sammeln. Geflüchteten muss möglichst schnell ein Studium als ordentliche Studierende ermöglicht werden. Viele haben in ihrer Heimat bereits ein Studium begonnen und wollen dies selbstverständlich so schnell wie möglich weiterführen.
Menschen, die in ihrer früheren Heimat bereits ein Studium aufgenommen haben, sollen die Möglichkeit bekommen, dieses hier fortsetzen und abschließen zu können. Allerdings ist ohne vollständige Zeugnisdokumente an vielen Hochschulen keine Bewerbung möglich. Menschen, die fliehen müssen, haben aber häufig keine Gelegenheit, ihre Dokumente mitzunehmen und können sie in vielen Fällen auch später nicht besorgen. In manchen Ländern werden Zeugnisse und andere Dokumente von Behörden als Druckmittel zurückgehalten, um Menschen an der Flucht zu hindern, zur Rückkehr zu nötigen oder sie zum Militärdienst in Kriegsgebieten zu zwingen. Wir fordern daher, dass bei fehlenden Papieren oder Nachweisen alternative Hochschulzugangskriterien geschaffen werden, sodass die Kompetenzen schnell und kostenlos festgestellt werden.
Denkbar wären zum Beispiel Gespräche mit den potenziellen Studiumsanwärter*innen, zur Feststellung ihrer Qualifikation. Doch solche Angebote sind nicht von den ohnehin bereits unterbesetzten und überforderten Prüfungsämtern zu schultern, den Hochschulen müssen hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Nur so können faire und für alle ausreichende alternative Auswahlverfahren für Geflüchtete angeboten werden.
Um Geflüchteten, die ein Hochschulstudium in Deutschland aufnehmen wollen, dieses auch ermöglichen zu können, müssen an den Hochschulen Angebote zur Vorbereitung auf ein Studium, insbesondere der Spracherwerb im Hochschulkontext, geschaffen werden.
Wir fordern einen Bafög-Anspruch für alle Studierenden und einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nach § 56 SGB III für alle Auszubildenden, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Der BAföG-Bezug studienberechtigter Geflüchteter muss nach der Hochschulzulassung, analog zum Verfahren Studierender mit deutscher Staatsangehörigkeit, ohne Wartezeiten, ab dem ersten Tag möglich sein, ebenso der Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe für ausländische Auszubildende.
Den Zugang zu Bildung an ihren Status zu knüpfen oder abzuwarten, ob sie ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten sehen wir als unzumutbar und verantwortungslos an. Wir fordern einen sicheren aufenthaltsrechtlichen Status für Studierende während und nach dem Studium, der sich mindestens an entsprechenden Regelungen für Studierende aus Drittstaaten orientiert. Wer sich in einer Bildungs- oder Ausbildungsmaßnahme, sei es Schule, Ausbildung oder Studium, befindet, muss einen unbefristeten Aufenthaltsstatus erhalten.
Geflüchtete, denen der Zugang zu Hochschulen gewährt wird und die ein Hochschulstudium neu aufnehmen oder weiterführen, sollen durch studentische Mentor*innen individuell unterstützt und ihnen so das Zurechtfinden im Hochschulalltag erleichtert werden. Studierendenschaften sollen hierbei den Rahmen stellen und Mentoring- und entsprechende Buddyprogramme aufbauen.
Außerdem halten wir die Koordinierung an den einzelnen Hochschulen und den Austausch zwischen den Hochschulen für sehr wichtig. Aus diesem Grund, und damit man auch als interessierte*r Außenstehende*r eine Anlaufstelle hat, fordern wir die Etablierung von sogenannten „Flüchtlingsbeauftragten“ an allen bayerischen Hochschulen.