A: Unsere Analyse
Das Ergebnis der Landtagswahl ist bitter, aber nicht überraschend. Für die bayerische Sozialdemokratie ist ein noch schlechteres Abschneiden als bei den Wahlen 2018 fatal. Die BayernSPD hat es nicht geschafft, die Arbeitnehmer*innen zu erreichen. Insbesondere auf dem Land haben wir keine Rolle gespielt. Unsere Hauptzielgruppe, Arbeiter*innen, Familien, Menschen mit niedrigem und normalem Einkommen, deren Leben wir verbessern wollen durch eine gerechtere Politik, haben in zu großer Zahl die demokratiefeindliche AfD der Sozialdemokratie vorgezogen. Dem populistischen, rassistischen und sexistischen Wahlkampf der AfD, CSU und Freien Wählern wusste die BayernSPD nichts entgegenzusetzen. Wir haben keine überzeugende Geschichte erzählen können, die die Bürger*innen erreicht hätte.
Die Parteien der aktuellen Ampelkoalition haben sowohl in Hessen als auch in Bayern Prozentpunkte verloren. In Bayern verpasste die FDP sogar den Wiedereinzug in den bayerischen Landtag.
Es braucht eine schonungslose Aufarbeitung des Wahlkampfes, die Fehler klar benennt und die Mitglieder in den Prozess einbindet.
Der Wahlkampf der BayernSPD war auf den Spitzenkandidaten Florian von Brunn zugeschnitten, der es auch als Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag über die vergangenen fünf Jahre nicht geschafft hat, Bekanntheit aufzubauen. Diese Problematik führte zu einem Wahlkampf für eine Person, die in der Fläche Bayerns gänzlich unbekannt war. Zusätzlich wurde die Kampagne und die Themen in einem kleinen Entscheidungskreis bestimmt, ohne die Mitglieder einzubinden und für die Themen und der Kampagne zu begeistern. So konnte auch das dauerhafte CSU-bashing nicht verhindert werden, dass die gesamte Kampagne über im Fokus stand und vielen Menschen negativ aufgefallen ist.
In den vergangenen fünf Jahren wurde es verpasst, in die Strukturen – gerade auf dem Land – Zeit zu investieren und diese zu festigen und zu unterstützen. Die Kandidierenden haben, gemeinsam mit den Ortsvereinen und ehrenamtlichen Helfer*innen ihr Bestes gegeben. Leider konnte dieser unermüdliche Einsatz die Strukturschwäche der Gesamtpartei auch nicht auffangen. Die Mitglieder haben den Glauben an die BayernSPD verloren und daran, dass sie eine Vision für ein gerechteres und bezahlbares Bayern mit Leben füllen kann. Die Themen der Kampagne wurden zu spät gesetzt. Es wurde verpasst, diese in das Gesamtbild und die Gesamterzählung der sozialdemokratischen Forderungen einzubetten.
Nicht zuletzt spielte auch die Politik der Ampelkoalition und die Unzufriedenheit mit eben dieser Bundesregierung im Wahlkampf eine Rolle. Die Schuldenbremse, der Sparzwang und die Tatsache, dass die Menschen mehr Zukunftsängste haben und weniger Geld in ihrem Geldbeutel trotz einer sozialdemokratisch-geführten Regierung. Der Ampelkoalition ist es nicht gelungen, diese Ängste zu adressieren und die Situation der Menschen zu verbessern.
Und anstatt die Fehler der Bundesregierung zu kritisieren, stellte sich die Spitze der Bayern-SPD groß als Kanzlerpartei dar und das, obwohl die Umfragewerte im Keller waren und die Ampel Regierung besonders in Bayern um Zustimmung ringt.
B: Wir brauchen eine radikalen Neustart BayernSPD
Die Landtagswahl, das desaströse Ergebnis, das Schlechteste in der Geschichte der bayerischen Sozialdemokratie, und die niedergeschlagene Stimmung an der Parteibasis haben gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann.
Die BayernSPD braucht einen Neustart! Die Entwicklungen der letzten Jahre, die im Wahlergebnis dieses Jahres gipfelten, zeigen, dass es ein “Weiter so!” auf keinen Fall geben darf.
Nach der Landtagswahl hat Bayern seine linke Stimme verloren – eine übergroße Mehrheit des Landtags besteht nun aus Konservativen und Rechtspopulisten und die stärkste Opposition bildet eine rechtsextreme neonazistische Partei. Im Kampf gegen eben jene Kräfte – gegen Rechts und für die Demokratie – braucht es eine starke Linke. Und im Einsatz für die richtigen Themen, für ein „bezahlbares Bayern“, für faire Löhne, bezahlbare Mieten und eine gerechte Gesellschaft, braucht es eine Partei, die sich um Menschen statt um Mandate kümmert.
Und wer, wenn nicht die Sozialdemokratie, soll diese Rolle einnehmen? Die SPD kann anders, das beweist uns die Geschichte. Wir kommen aus der Arbeiterbewegung, wir berufen uns auf linke Werte, wir wollen das Leben der Vielen verbessern.
Damit wir das wieder glaubhaft vermitteln, unsere Basis mit einem Aufbruchsgedanken motivieren und Politik für die Menschen auch mit notwendigen Mehrheiten erstreiten können, braucht es einen Neustart. Statt politischer Insolvenzverwaltung, die das Verschwinden der Sozialdemokratie und eine große Gefahr für die Demokratie in Bayern bedeuten würde, kämpfen wir für radikale Veränderungen in der BayernSPD, die ab sofort umgesetzt werden müssen!
C: Die Partei die wir wollen:
Wir fordern als Jusos Bayern einen Neustart, der die Beteiligung der Mitglieder ins Zentrum stellt. Eine vermeintliche Aufarbeitung hinter verschlossenen Türen, an der hauptsächlich Vorstandsmitglieder beteiligt sind, lehnen wir ab. Basierend auf unserer Analyse der Fehler, die in den vergangenen Jahren – und nicht nur in der Kampagne zur Landtagswahl gemacht wurden – schlagen wir eine inhaltliche Neuausrichtung vor, die sich an den fünf folgenden Punkten orientiert:
- Mitglieder first!
Das wichtigste Kapital der BayernSPD sind ihre stolzen Mitglieder. Wir sind Teil der Bewegung, die mit ihren Mitgliedern den 8-Stunden-Tag erkämpft und im Landtag und im Reichstag den Nazis die Stirn geboten hat. Die aktuelle Spitze der BayernSPD hat es jedoch verpasst, diese Mitglieder anzusprechen und einzubinden. Statt Führung von oben wollen wir eine Bewegung von unten. Unsere mehr als 50.000 Mitglieder sollen sich wieder mit der BayernSPD identifizieren. Überzeugung entsteht durch die Erfahrung, dass die eigene Perspektive und das eigene Engagement wichtig ist und gesehen wird. Wenn wir selbst es nicht schaffen, die eigenen Mitglieder zu überzeugen, wie sollen diese dann die Wähler*innen von der SPD überzeugen?
Konkret wollen wir:
Für den SPD Landesvorstand:
- Der Landesvorstand der BayernSPD muss regelmäßiger tagen. Dort müssen politische und strategische Fragen offen diskutiert und entschieden werden.
- Der Landesvorstand ist nach dem Landesparteitag das höchste Beschlussfassende Gremium. Wir erwarten, dass Entscheidungen über Ausgaben und langfristige Finanzen auch in diesem Gremium getroffen werden
- Der Landesvorstand ist ein Gremium der BayernSPD und nicht mit der
Landtagsfraktion gleichzusetzen. Wir setzen uns dafür ein, in Zukunft weniger Abgeordnete im Landesvorstand zu haben, um neben Funktionär*innen auch ehrenamtliche Mitglieder stärker einzubinden
- Der Landesvorstand muss ein Gremium werden, in dem gearbeitet wird. Sollte dies in der aktuellen Größe unmöglich sein, setzen wir uns für die Verkleinerung des Gremiums ein
- Das Präsidium ist für die alltägliche Arbeit der BayernSPD verantwortlich und befugt, Entscheidungen zu treffen. Aus den Treffen des Präsidiums muss in Zukunft an den gesamten Landesvorstand berichtet werden, um eine Einbindung in die
Vorstandsarbeit zu gewährleisten
Einbindung der Mitglieder und Ortsvereine:
- Mehr durch die Bayern SPD organisierte und entwickelte Mitmachmöglichkeiten vor Ort und direkte Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder. Beispiele hierfür sind neben Kongressen auch UBKV-Schalten, Weiterbildungsmöglichkeiten, Seminare und Rethorik-Workshops
- Einen Zukunftskongress, bei dem sich die Mitglieder direkt in die Neuausrichtung der BayernSPD einbringen können. Der Zukunftskongress soll nicht nur durch die Parteispitze, sondern gemeinsam mit dem ganzen Landesvorstand und den Arbeitsgemeinschaften ausgerichtet werden.
- die Gremienarbeit der BayernSPD ist häufig zu kurzfristig und familienunfreundlich. Eine unserer Hauptzielgruppen sind Familien. Durch unsere aktuelle Vorgehensweise nehmen wir ihnen die Möglichkeit sich in der Partei federführend einzubringen
- Für zukünftige Kampagnen soll es Möglichkeiten der Einbringung geben und auch die Vorstellung der Kampagne und der Inhalte muss neben den Kandidierenden auch den Mitgliedern vorab zugänglich sein
- Mehr Wertschätzung der Mitglieder, indem ihre Stimme wirklich gehört wird. Schluss mit der Scheinbeteiligung!
Strukturen verändern:
- wir wollen die Wahltermine innerhalb der Untergliederungen der BayernSPD vereinheitlichen, sodass Hauptamtliche entlastet werden, Bildungsprogramme entsprechend angeboten werden können und Delegiertenlisten eine längere
Gültigkeit haben
- Wahlen in allen Ortsvereinen in Bayern in einem Zeitraum und anschließenden Bildungsangeboten, die terminlich schon feststehen
- Wahlen in Unterbezirken und Kreisverbänden in Bayern in einem bestimmten Zeitraum
- Wahlen in den Bezirken in einem bestimmten Zeitraum
So schaffen wir auch eine für unsere Mitglieder nachvollziehbare Terminierung und können uns auf Delegiertenlisten und gewählte Vorstände verlassen. Zusätzlich können entsprechend auf diese Ebene abgestimmte Bildungsangebote geschaffen werden.
- Politik für unsere Leute – radikaler Fokus auf materielle Themen
Gerade in Zeiten von immer größerer Spaltung zwischen Arm und Reich bleiben viele unserer Leute auf der Strecke. Wir wollen eine bayerische SPD, die niemanden allein lässt und diejenigen in den Mittelpunkt stellt, die darauf angewiesen sind, mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wir wollen das Vertrauen unserer Leute in uns und in den Sozialstaat zurückgewinnen, nicht mit zentralisierten Kampagnen von oben, sondern mit vielen kleinen Initiativen vor Ort. Arbeitnehmer*innen haben Rechte und die erkämpfen wir gemeinsam mit ihnen in der Kneipe, im Betrieb und im Parlament. Durch eine Politik, die wirtschaftlichen Abstieg verhindert, bekommen wir auch die Rechtspopulisten in Bayern wieder klein.
Konkret wollen wir:
- Forderungen wie bezahlbaren Wohnraum oder bezahlbare Energie stärker in eine Gesamterzählung integrieren und zeigen, dass wir eine Gesamtanalyse haben, die wir mit konkreten Forderungen hinterlegen.
- Mehr Druck auf die SPD im Bund aufbauen, sozialpolitische Themen in der Ampel konsequenter und umfangreicher durchzusetzen.
- Neue verteilungspolitische Instrumente wie beispielsweise das Grunderbe, um zu zeigen, dass wir eigene politische Ideen entwickeln und nicht nur Forderungen wiederkauen.
- Stadt und Land – Hand in Hand
Viele von unseren Leuten in den Städten haben das Vertrauen in uns verloren. Zugleich droht die Sozialdemokratie in ländlichen Regionen komplett zu verschwinden. Dem wollen wir durch eine klare Strategie für die Städte sowie den ländlichen Raum entgegenwirken. Wir sind keine zentralisierte Partei von oben, sondern eine starke Stimme vor Ort, die die lokalen Sorgen und Probleme auf dem Schirm hat. Gleichzeitig sind wir nicht inhaltlich beliebig, sondern arbeiten mit einem übergeordneten politischen Ziel.
Die Kommunalwahlen 2026 werden die BayernSPD auf eine harte Probe stellen. Insbesondere auf dem Land haben wir kein Mittel, um gegen die konservativen zu punkten und in den Städten verlieren wir regelmäßig gegen die Grünen. Als gesamte Partei braucht es eine frühzeitig entwickelte Strategie und Unterstützung von der Landesebene für die Kommunen, damit wir einen starken Wahlkampf vor Ort machen können und unsere Genoss*innen in Gemeinde- und Stadträte, sowie Kreistage bringen und auch unsere Bürgermeister*innen Unterstützung erfahren. Dafür braucht es einen Austausch zwischen Kommunalpolitiker*innen und inhaltliche Angebote und Abstimmungsmöglichkeiten in den Kommunen.
Konkret wollen wir:
- lokale Initiativen und Projekte unserer Kreisverbände und Strukturen vor Ort mit Ressourcen und Reichweite der Bayern SPD unterstützen, wenn sie in unsere Gesamterzählung passen.
- Regelmäßig stattfindende Vernetzungsformate für Großstädte sowie den ländlichen Raum, um sich über die jeweils spezifischen Herausforderungen und Erfahrungen zu Lösungswegen auszutauschen.
- Unsere Verankerung vor Ort nutzen und unsere Bürgermeister*innen und Kommunalpolitiker*innen strukturiert einbinden, wenn wir politische Strategien entwickeln
- eine Strategie zum Umgang mit der AfD vor Ort
- Eine Strategie der Gesamtpartei zu den Kommunalwahlen 2026
- Partei als gesellschaftliche Bewegung verstehen
Wir müssen wieder stärker mit gesellschaftlichen Akteur*innen zusammenarbeiten. Wir wollen nicht nur für die SPD werben, sondern vor allem inhaltliche Ziele erreichen. Wir stellen durch eine erfolgreiche Oppositionsarbeit im Land und durch konkrete Bündnisse und Initiativen vor Ort Vertrauen wieder her und etablieren langfristige Kooperationen und Zusammenarbeit. Wir entwickeln eine Strategie, um unsere Arbeit enger mit der Arbeit von Sozialverbänden, Gewerkschaften, etc. zu verzahnen. Wir setzen den Kampf gegen Rechts ganz oben auf unsere Agenda, im Parlament in unseren politischen Positionierungen aber vor allem auch deutlich sichtbar auf der Straße.
Konkret wollen wir:
- uns wieder lauter und fokussierter an zivilgesellschaftlichen Bewegungen und Bündnissen beteiligen.
- insbesondere den zivilgesellschaftlichen Kampf gegen Rechts in den vielfältigen Kooperationen vor Ort als Bayern SPD unterstützen.
- offener sein für zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die mit spezifischen Expertisen und ihrem Profil das inhaltliche und personelle Angebot der Bayern SPD verbessern können.
- die Weiterführung der Unterstützung für Endstation Rechts. Dieser Verein leistet eine starke antifaschistische Arbeit und muss auch in den kommenden Jahren unterstützt werden bei diesem Engagement
- Ein neues Miteinander – Solidarität beginnt in der eigenen Partei
Wir wollen endlich die Polarisierung nach der engen Entscheidung und harten Auseinandersetzung um den Parteivorsitz der BayernSPD 2021 überwinden. Wir stehen vor so großen Herausforderungen, sodass wir wirklich jede Person brauchen, wir wollen alle Interessen einbeziehen. Während wir intern streiten und um Mandate kämpfen, wird die politische Rechte stärker. Schlagkraft und Erfolg für unsere politischen Ziele entwickeln wir nur gemeinsam mit einer offenen Mitmachkultur, ehrlichem und konstruktivem Feedback und einer breit getragenen inhaltlichen Grundlage.
D: Faschisten raus aus den Parlamenten mit konsequenter materialistischer Politik
Eine rechtsextreme und eine rechtspopulistische Partei sind bei der Landtagswahl als Gewinnerinnen hervorgegangen. Unsere Analyse für die steigende Abwendung von demokratischen Parteien ist die Frustration der Bevölkerung über ökonomische Ungleichheit und Abstiegsängste, verbunden mit der Anerkennung, dass nationalistisches Gedankengut in Deutschland nie weg war und in weiten Teilen der Gesellschaft anschlussfähig ist. Dahingehend lässt sich auch eine zunehmend globalisierungskritische Einstellung erkennen. Damit mobilisiert die AfD verschiedene Zielgruppen und missbraucht ökonomisch enttäuschte Wähler*innen für ihre nationalistische Hetze.
Die derzeitige Bundesregierung ist durchzogen von verkorksten Projekten. Durch die große ideologische Bandbreite, die die Ampel abdeckt, sind wirkliche Fortschritte der sogenannten „Fortschrittskoalition“ in keiner Richtung möglich. Die SPD wird zwischen dem grünen Heizungsgesetz und dem gelben Spardiktat zerrieben und bringt zu wenig ökonomische Vorschläge ein. Dies führt zu einer massiven Unzufriedenheit unserer Leute. Eine sozialdemokratische Regierung, die keine materiellen Verbesserungen erzielt, erzeugt Frustration, die noch durch mediale Berichte über den “Ampel-Streit” angeheizt wird.
Multiple Krisen haben insbesondere diejenigen mit geringem Einkommen und Vermögen in unserer Gesellschaft an den Rand der Existenz getrieben. Die AfD schafft es, in diesen Bevölkerungsgruppen durch Hetze und destruktive Kampagnen die berechtigte Wut der Menschen für sich zu nutzen. Auch als Jusos haben wir es in den letzten Jahren oftmals verpasst, die Themen zu adressieren, die ein Großteil unserer Zielgruppe als drängend erlebt. Oftmals werden wir öffentlich auf Themen reduziert, die gemeinhin als Teil eines Kulturkampfs beschrieben werden. Wir halten daran fest, dass Themen wie
Selbstbestimmung und Gleichberechtigung aller Geschlechter wichtige Themen sind.
Unsere Antwort ist also nicht, diese Themen weniger stark zu bearbeiten. Unsere Antwort hierauf ist, die materielle Dimension dieser Fragestellungen stärker zu betonen und darüber hinaus materielle Themen wieder stärker in unsere Arbeit und vor allem unsere Kampagnen und in unsere Öffentlichkeitsarbeit aufzunehmen. Eine weitere und bisher von uns Jusos in der Analyse vernachlässigte Grundlage für den Erfolg der AfD sind die Abstiegsängste von Menschen mit mittlerem Einkommen. Unsere sozialpolitischen Maßnahmen und Forderungen adressieren vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen und in Armut. Während wir auch in dieser Gruppe kaum eine Verbesserung des Lebens erreichen, vergessen wir diejenigen zu adressieren, die zwar über mittlere Einkommen verfügen, aber sich dennoch berechtigte Sorgen um ihre ökonomische Sicherheit machen. Menschen, die AfD wählen oder es in Erwägung ziehen, befinden sich überwiegend nicht in einer finanziell prekären Situation, aber sie fühlen sich vor möglichen Krisen in der Zukunft nicht ausreichend geschützt.
Weltweiter Wettbewerb verstärkt Unsicherheiten und Abstiegsängste. Auch ist diese Gruppe stark von Steigerungen der Lebenshaltungskosten betroffen, auch sie erleben, dass der Erwerb von Wohneigentum für sie vermutlich niemals möglich sein wird. Daraus resultiert ein Erleben der Verschlechterung der eigenen ökonomischen Situation gegenüber der Elterngeneration.
Diese Unzufriedenheit wird von uns Jusos politisch bislang nicht ausreichend adressiert, unsere Sozialpolitik bezieht sich vor allem auf die untersten Einkommen. Daher müssen wir neben sozialpolitischen Maßnahmen auch deutlich verstärkt verteilungspolitische Instrumente in den Diskurs einbringen. Dabei wollen wir nicht nur von ganz oben nach ganz unten umverteilen, sondern wir wollen ganz oben wegnehmen und es allen darunter geben. Der Verteilungskonflikt verläuft zwischen den reichsten 10% und den anderen 90%, nicht nur zwischen den reichsten und ärmsten 10%.
Wir als Jusos Bayern stellen uns entschieden gegen die Entwicklungen, welche den sozialen Abstieg von Millionen bei gleichbleibenden Reichtum der Wenigen billigend in Kauf nimmt. Bereits im vergangenen Herbst haben wir auf die Gefahr von rechts in ökonomischen Krisen hingewiesen und uns in Bündnissen wie Genug ist Genug eingebracht. Die Entwicklungen haben uns Recht gegeben. Deswegen bekräftigen wir unsere Forderung, die programmatische Entwicklung der SPD auf Bundesebene sowie der Bundesregierung verstärkt an materiellen Fragen auszurichten und den Sozialstaat wieder sichtbar und spürbar zu machen. Es gilt die ökonomische Absicherung der Menschen in den Vordergrund der Politik zu stellen.
Egal ob in der Bildungspolitik, beim bezahlbaren Wohnen oder der Mobilität müssen wir Verteilungsfragen klar adressieren und materialistische Politik umsetzen.
Unabhängig von allen materiellen Fragen spricht die AfD auch einen Teil der Bevölkerung an, der offen rechtsextrem ist und eine Abschaffung unserer Demokratie will. Dem werden wir uns auch weiterhin an der Seite von Antifaschist*innen in Bayern und darüber hinaus auf der Straße und im Parlament entgegenstellen. Wir werden die Normalisierung von Rechtsextremismus nicht hinnehmen und immer laut widersprechen. Wir beteiligen uns an Demonstrationen und Blockaden gegen rechte Aufmärsche und werden in unserem Umfeld nicht müde, auf die faschistische Ausrichtung der AfD hinzuweisen.
Aus vielen Teilen der Partei hören wir Stimmen, die fordern, dass wir das Thema Migration nun stärker ins Zentrum rücken und mit einem schärferen Kurs adressieren müssen. Dem werden wir uns mit aller Kraft entgegenstellen. Die Narrative, dass Geflüchtete den “einfachen Leuten” die Wohnungen oder Arbeitsplätze wegnehmen, sind schlicht falsch. Ja, wir befinden uns in einem Verteilungskampf in unserer Gesellschaft. Und ja, diese Verteilungskämpfe müssen wir hart führen. Aber der Verteilungskampf darf aus sozialdemokratischer Sicht nicht zwischen Arbeiter*innen und Geflüchteten, sondern muss zwischen den reichsten 10% und den übrigen 90% geführt werden. Wohnraum steht immer noch leer, weil Spekulation mehr Geld bringt als Vermietung. Neue Bauprojekte werden aus Renditegründen eingestampft, den Kommunen und Ländern fehlt das Geld für neue Bauprojekte. Das Problem sind nicht die Geflüchteten, das Problem sind die Superreichen in unserem Land. Die Haltung der Sozialdemokratie muss klar sein: Say it loud, say it clear, refugees are welcome here!
E: Forderungen an uns selbst – Wo wir stärker und besser werden müssen
Die Jusos sind das linke Gewissen der SPD. Wir setzen an uns den Anspruch als Jungsozialist*innen, die Sozialdemokratie an ihre Aufgabe als Vertreterin der Arbeiter*innenschaft, der Leute mit niedrigem und mittlerem Einkommen und derer, die in unserer Gesellschaft abgehängt und vergessen werden. Zeitgleich sehen wir uns Jusos ls Stimme der Jugend in unserer Partei – als die Stimme für Schüler*innen, Azubis und Studierende und für die Belange junger Menschen und ihrer Zukunft. Wir partizipieren an der parteiinternen Demokratie, um an Debatten teilzunehmen, in die Partei hinein zu wirken und unsere Inhalte durchzusetzen.
Wir sind Teil von Bewegungen auf der Straße und nehmen an zivilgesellschaftlichen Debatten teil. Wir sind stark, weil wir viele sind und sich unsere engagierten Mitglieder vor Ort einbringen.
In den vergangenen Monaten haben wir gesehen, dass wir diese Stärke nicht mehr in dem Maße entfalten können, wie wir es einmal konnten.
In parteiinternen Debatten und auf Parteitagen sehen wir, dass wir nicht mehr so präsent innerhalb der SPD sind, wie wir es einmal waren. Personaldebatten und Auseinandersetzungen in der Vergangenheit haben unsere Stellung geschwächt. Wir wollen als Jugendverband wieder eine stärkere Rolle innerhalb der SPD einnehmen und als linkes Gewissen verstanden werden, das die progressiven Kräfte in der Partei einen und den Kurs der Partei hin zu einer Ausrichtung bewegen kann, der die Antworten auf die Fragen unserer Zeit gibt. Dazu wollen wir auf Bayern-Ebene, in den Bezirken und den Unterbezirken in der Partei arbeiten und uns in Gremien und an inhaltlichen Debatten beteiligen. Durch mehr personelle Kontinuität und geregelte Übergabeprozesse wollen wir ein besseres Wissensmanagement über Partizipation in der SPD erreichen und uns besser auf die innerparteiliche Arbeit einstellen. Zudem wollen auch wir unseren Fokus auf die Beantwortung von materialistischen Fragen legen und wirtschafts- und sozialpolitischen Ungleichheit bekämpfen, so wie wir es von der Partei erwarten.
Die U18 Wahlen haben gezeigt, dass auch bei Jugendlichen der Rechtspopulismus und Rechtsextremismus immer mehr verfängt. Die Ergebnisse der Landtagswahl haben gezeigt, dass die SPD bei den jüngeren Wähler*innen die schlechtesten Ergebnisse geholt hat.
Wir müssen uns als Verband wieder darum bemühen, den jungen Menschen und ihren Interessen eine Stimme zu geben. Wir wollen Zukunftsperspektiven schaffen und Lösungen aufzeigen, für die Probleme, die junge Menschen aktuell bisweilen an Politik und an älteren Generationen verzweifeln lassen.
Zudem wollen wir unsere Verbindung zu zivilgesellschaftlichen Bewegungen und zur Klimabewegung wieder stärken. Als Jugendverband sehen wir unsere Rolle nicht nur innerhalb der Partei, in der wir Kurskorrekturen erreichen wollen, sondern auch in Bewegungen und auf der Straße, um Druck von außen auf die politischen Entscheidungsträger*innen auszuüben und den Diskurs mitzuprägen. An dieser Doppelstrategie halten wir fest.
Wir Jusos stehen Schulter an Schulter mit der Gewerkschaftsjugend. Die Interessen der arbeitenden Klasse sind die, die wir als Jusos und SPD vertreten müssen.
Gerade fällt auf, dass die SPD schon seit langer Zeit keine Arbeiter*innenpartei ist. Doch gerade diese Verantwortung ist uns historisch gewachsen, wir wollen ein besseres Leben für die Vielen!
Wir müssen es als Jusos schaffen, den Arbeitskampf der Gewerkschaftsjugend zu unterstützen und zu stärken, auf die Art und Weise, wie sie uns braucht und will.
Wir müssen als SPD wieder an den Punkt gelangen, an dem wir als verlässliche Partnerin der Gewerkschaften im Parlament angesehen werden. Wir als Jusos sind mitverantwortlich dafür, die SPD wieder an diesen Punkt zu bringen. Unter anderem müssen wir dafür die Stimmen von Menschen mit und in Ausbildung in unserer Partei und auch bei uns Jusos wieder stärker hörbar machen.
Wir müssen unsere Strukturarbeit verbessern. In ganz Bayern haben zahlreiche Jusos für Landtag und Bezirkstage kandidiert. Wir wollen diese engagierten jungen Menschen stärker in unseren Verband einbinden. Unsere Jugendwahlkampagne hat gezeigt, dass sich die Juso-Strukturen vor Ort in Bayern stark unterscheiden. Insgesamt haben wir einen Rückgang aktiver Strukturen zu verzeichnen. In manchen Gegenden haben wir besonders wenige aktive Unterbezirke. Das müssen wir ändern! Wir wollen Jusoarbeit wieder attraktiv machen und Möglichkeiten und Angebote schaffen, die junge Menschen für Politik begeistern und es ihnen ermöglichen, sich aktiv auf allen Ebenen einzubringen.
Wir wollen unsere Mitgliederstrukturen reaktivieren, unsere Funktionär*innen besser ausbilden – organisatorisch wie inhaltlich – und neue Mitglieder erreichen. Unser Ziel ist es, die Strukturen der Bezirke, Unterbezirke und Kreisverbände wieder stärker an die Jusos Bayern zu binden und untereinander zu vernetzen. Dafür werden wir mit inhaltlichen Debatten, die wir bei den Jusos Bayern führen, zu unseren Untergliederungen vor Ort gehen und in Absprache mit den Bezirken Diskussionsangebote schaffen. Wir wollen direkt mit unseren Mitgliedern ins Gespräch kommen und über inhaltliche Debatten Identifikation mit den Jusos Bayern schaffen.
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Aktion | Seite | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Annahme | Ä1 zum Y1 | 57 | Jusos Oberpfalz | Füge ein: \"Außerdem versagte die SPD völlig im Management der Affäre rund um das antisemitische Flugblatt in Aiwangers Schultasche. Die Chance, zunehmenden Antisemitismus in der Gesellschaft hervorzuheben und zu problematisieren wurde verpasst. Die Partei konnte der Wähler*innenschaft nicht vermitteln, dass es ihr tatsächlich viel mehr um die Sache als um politisches Kapital ging.\" | |||
Annahme | Ä2 zum Y1 | 128 | Jusos Oberpfalz | Füge ein: "Gleichzeitig darf der Landesvorstand nicht zum Sprungbrett verkommen." | |||
Annahme | Ä3 zum Y1 | Z. 268 | Jusos OBB | Organisatorische und strukturelle Neuaufstellung Als Sozialdemokratische Partei haben wir von unserer Substanz gezehrt. Notwendige strukturelle Reformen wurden verschoben oder ignoriert. Ergebnisse früherer struktureller Debatten innerhalb der Partei und der Organisationskommission fanden keine Umsetzung. Daher finden wir uns nach der Landtagswahl in einer Realität wieder, die uns zeigt, dass unsere althergebrachten Formen der Organisation und Struktur weder kampagnenfähig noch tragfähig und nicht im geringsten belastbar sind. Es ist deshalb an der Zeit, die organisatorischen Fundamente der Partei kompromisslos umzustrukturieren und zu verbessern, bereits angestoßene Strukturprozesse in der SPD umzusetzen. Auch die Strukturen unseres eigenen Verbandes haben dabei noch Optimierungsbedarf. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ehrenamtliches Engagement und hauptamtliche Strukturen zielgerichtet zur Ermöglichung von Kampagnenfähigkeit, kreativer Entfaltung, demokratischer Teilhabe und Belastbarkeit umgebaut werden. - Es braucht eine Bestandsaufnahme der aktiven und inaktiven Strukturen und Gliederungen der BayernSPD, um Strukturmaßnahmen dort umzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Und gezielt anzupassen - Wir müssen Verband und Partei im Hinblick auf die Kampagnenfähigkeit und demokratische Teilhabe umstrukturieren und die Ergebnisse der OrgaKom konsequent umsetzen - Zur Umsetzung von Parteireformbeschlüssen wollen wir ein Monitoring |
A: Unsere Analyse
Das Ergebnis der Landtagswahl ist bitter, aber nicht überraschend. Für die bayerische Sozialdemokratie ist ein noch schlechteres Abschneiden als bei den Wahlen 2018 fatal. Die BayernSPD hat es nicht geschafft, die Arbeitnehmer*innen zu erreichen. Insbesondere auf dem Land haben wir keine Rolle gespielt. Unsere Hauptzielgruppe, Arbeiter*innen, Familien, Menschen mit niedrigem und normalem Einkommen, deren Leben wir verbessern wollen durch eine gerechtere Politik, haben in zu großer Zahl die demokratiefeindliche AfD der Sozialdemokratie vorgezogen. Dem populistischen, rassistischen und sexistischen Wahlkampf der AfD, CSU und Freien Wählern wusste die BayernSPD nichts entgegenzusetzen. Wir haben keine überzeugende Geschichte erzählen können, die die Bürger*innen erreicht hätte.
Die Parteien der aktuellen Ampelkoalition haben sowohl in Hessen als auch in Bayern Prozentpunkte verloren. In Bayern verpasste die FDP sogar den Wiedereinzug in den bayerischen Landtag.
Es braucht eine schonungslose Aufarbeitung des Wahlkampfes, die Fehler klar benennt und die Mitglieder in den Prozess einbindet.
Der Wahlkampf der BayernSPD war auf den Spitzenkandidaten Florian von Brunn zugeschnitten, der es auch als Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag über die vergangenen fünf Jahre nicht geschafft hat, Bekanntheit aufzubauen. Diese Problematik führte zu einem Wahlkampf für eine Person, die in der Fläche Bayerns gänzlich unbekannt war. Zusätzlich wurde die Kampagne und die Themen in einem kleinen Entscheidungskreis bestimmt, ohne die Mitglieder einzubinden und für die Themen und der Kampagne zu begeistern. So konnte auch das dauerhafte CSU-bashing nicht verhindert werden, dass die gesamte Kampagne über im Fokus stand und vielen Menschen negativ aufgefallen ist.
In den vergangenen fünf Jahren wurde es verpasst, in die Strukturen – gerade auf dem Land – Zeit zu investieren und diese zu festigen und zu unterstützen. Die Kandidierenden haben, gemeinsam mit den Ortsvereinen und ehrenamtlichen Helfer*innen ihr Bestes gegeben. Leider konnte dieser unermüdliche Einsatz die Strukturschwäche der Gesamtpartei auch nicht auffangen. Die Mitglieder haben den Glauben an die BayernSPD verloren und daran, dass sie eine Vision für ein gerechteres und bezahlbares Bayern mit Leben füllen kann. Die Themen der Kampagne wurden zu spät gesetzt. Es wurde verpasst, diese in das Gesamtbild und die Gesamterzählung der sozialdemokratischen Forderungen einzubetten.
Nicht zuletzt spielte auch die Politik der Ampelkoalition und die Unzufriedenheit mit eben dieser Bundesregierung im Wahlkampf eine Rolle. Die Schuldenbremse, der Sparzwang und die Tatsache, dass die Menschen mehr Zukunftsängste haben und weniger Geld in ihrem Geldbeutel trotz einer sozialdemokratisch-geführten Regierung. Der Ampelkoalition ist es nicht gelungen, diese Ängste zu adressieren und die Situation der Menschen zu verbessern.
Und anstatt die Fehler der Bundesregierung zu kritisieren, stellte sich die Spitze der Bayern-SPD groß als Kanzlerpartei dar und das, obwohl die Umfragewerte im Keller waren und die Ampel Regierung besonders in Bayern um Zustimmung ringt.
Außerdem versagte die SPD völlig im Management der Affäre rund um das antisemitische Flugblatt in Aiwangers Schultasche. Die Chance, zunehmenden Antisemitismus in der Gesellschaft hervorzuheben und zu problematisieren wurde verpasst. Die Partei konnte der Wähler*innenschaft nicht vermitteln, dass es ihr tatsächlich viel mehr um die Sache als um politisches Kapital ging.
B: Wir brauchen eine radikalen Neustart BayernSPD
Die Landtagswahl, das desaströse Ergebnis, das Schlechteste in der Geschichte der bayerischen Sozialdemokratie, und die niedergeschlagene Stimmung an der Parteibasis haben gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann.
Die BayernSPD braucht einen Neustart! Die Entwicklungen der letzten Jahre, die im Wahlergebnis dieses Jahres gipfelten, zeigen, dass es ein “Weiter so!” auf keinen Fall geben darf.
Nach der Landtagswahl hat Bayern seine linke Stimme verloren – eine übergroße Mehrheit des Landtags besteht nun aus Konservativen und Rechtspopulisten und die stärkste Opposition bildet eine rechtsextreme neonazistische Partei. Im Kampf gegen eben jene Kräfte – gegen Rechts und für die Demokratie – braucht es eine starke Linke. Und im Einsatz für die richtigen Themen, für ein „bezahlbares Bayern“, für faire Löhne, bezahlbare Mieten und eine gerechte Gesellschaft, braucht es eine Partei, die sich um Menschen statt um Mandate kümmert.
Und wer, wenn nicht die Sozialdemokratie, soll diese Rolle einnehmen? Die SPD kann anders, das beweist uns die Geschichte. Wir kommen aus der Arbeiterbewegung, wir berufen uns auf linke Werte, wir wollen das Leben der Vielen verbessern.
Damit wir das wieder glaubhaft vermitteln, unsere Basis mit einem Aufbruchsgedanken motivieren und Politik für die Menschen auch mit notwendigen Mehrheiten erstreiten können, braucht es einen Neustart. Statt politischer Insolvenzverwaltung, die das Verschwinden der Sozialdemokratie und eine große Gefahr für die Demokratie in Bayern bedeuten würde, kämpfen wir für radikale Veränderungen in der BayernSPD, die ab sofort umgesetzt werden müssen!
C: Die Partei die wir wollen:
Wir fordern als Jusos Bayern einen Neustart, der die Beteiligung der Mitglieder ins Zentrum stellt. Eine vermeintliche Aufarbeitung hinter verschlossenen Türen, an der hauptsächlich Vorstandsmitglieder beteiligt sind, lehnen wir ab. Basierend auf unserer Analyse der Fehler, die in den vergangenen Jahren – und nicht nur in der Kampagne zur Landtagswahl gemacht wurden – schlagen wir eine inhaltliche Neuausrichtung vor, die sich an den fünf folgenden Punkten orientiert:
- Mitglieder first!
Das wichtigste Kapital der BayernSPD sind ihre stolzen Mitglieder. Wir sind Teil der Bewegung, die mit ihren Mitgliedern den 8-Stunden-Tag erkämpft und im Landtag und im Reichstag den Nazis die Stirn geboten hat. Die aktuelle Spitze der BayernSPD hat es jedoch verpasst, diese Mitglieder anzusprechen und einzubinden. Statt Führung von oben wollen wir eine Bewegung von unten. Unsere mehr als 50.000 Mitglieder sollen sich wieder mit der BayernSPD identifizieren. Überzeugung entsteht durch die Erfahrung, dass die eigene Perspektive und das eigene Engagement wichtig ist und gesehen wird. Wenn wir selbst es nicht schaffen, die eigenen Mitglieder zu überzeugen, wie sollen diese dann die Wähler*innen von der SPD überzeugen?
Konkret wollen wir:
Für den SPD Landesvorstand:
- Der Landesvorstand der BayernSPD muss regelmäßiger tagen. Dort müssen politische und strategische Fragen offen diskutiert und entschieden werden.
- Der Landesvorstand ist nach dem Landesparteitag das höchste Beschlussfassende Gremium. Wir erwarten, dass Entscheidungen über Ausgaben und langfristige Finanzen auch in diesem Gremium getroffen werden
- Der Landesvorstand ist ein Gremium der BayernSPD und nicht mit der
Landtagsfraktion gleichzusetzen. Wir setzen uns dafür ein, in Zukunft weniger Abgeordnete im Landesvorstand zu haben, um neben Funktionär*innen auch ehrenamtliche Mitglieder stärker einzubinden. Gleichzeitig darf der Landesvorstand nicht zum Sprungbrett verkommen.
- Der Landesvorstand muss ein Gremium werden, in dem gearbeitet wird. Sollte dies in der aktuellen Größe unmöglich sein, setzen wir uns für die Verkleinerung des Gremiums ein
- Das Präsidium ist für die alltägliche Arbeit der BayernSPD verantwortlich und befugt, Entscheidungen zu treffen. Aus den Treffen des Präsidiums muss in Zukunft an den gesamten Landesvorstand berichtet werden, um eine Einbindung in die
Vorstandsarbeit zu gewährleisten
Einbindung der Mitglieder und Ortsvereine:
- Mehr durch die Bayern SPD organisierte und entwickelte Mitmachmöglichkeiten vor Ort und direkte Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder. Beispiele hierfür sind neben Kongressen auch UBKV-Schalten, Weiterbildungsmöglichkeiten, Seminare und Rethorik-Workshops
- Einen Zukunftskongress, bei dem sich die Mitglieder direkt in die Neuausrichtung der BayernSPD einbringen können. Der Zukunftskongress soll nicht nur durch die Parteispitze, sondern gemeinsam mit dem ganzen Landesvorstand und den Arbeitsgemeinschaften ausgerichtet werden.
- die Gremienarbeit der BayernSPD ist häufig zu kurzfristig und familienunfreundlich. Eine unserer Hauptzielgruppen sind Familien. Durch unsere aktuelle Vorgehensweise nehmen wir ihnen die Möglichkeit sich in der Partei federführend einzubringen
- Für zukünftige Kampagnen soll es Möglichkeiten der Einbringung geben und auch die Vorstellung der Kampagne und der Inhalte muss neben den Kandidierenden auch den Mitgliedern vorab zugänglich sein
- Mehr Wertschätzung der Mitglieder, indem ihre Stimme wirklich gehört wird. Schluss mit der Scheinbeteiligung!
Strukturen verändern:
- wir wollen die Wahltermine innerhalb der Untergliederungen der BayernSPD vereinheitlichen, sodass Hauptamtliche entlastet werden, Bildungsprogramme entsprechend angeboten werden können und Delegiertenlisten eine längere
Gültigkeit haben
- Wahlen in allen Ortsvereinen in Bayern in einem Zeitraum und anschließenden Bildungsangeboten, die terminlich schon feststehen
- Wahlen in Unterbezirken und Kreisverbänden in Bayern in einem bestimmten Zeitraum
- Wahlen in den Bezirken in einem bestimmten Zeitraum
So schaffen wir auch eine für unsere Mitglieder nachvollziehbare Terminierung und können uns auf Delegiertenlisten und gewählte Vorstände verlassen. Zusätzlich können entsprechend auf diese Ebene abgestimmte Bildungsangebote geschaffen werden.
- Politik für unsere Leute – radikaler Fokus auf materielle Themen
Gerade in Zeiten von immer größerer Spaltung zwischen Arm und Reich bleiben viele unserer Leute auf der Strecke. Wir wollen eine bayerische SPD, die niemanden allein lässt und diejenigen in den Mittelpunkt stellt, die darauf angewiesen sind, mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wir wollen das Vertrauen unserer Leute in uns und in den Sozialstaat zurückgewinnen, nicht mit zentralisierten Kampagnen von oben, sondern mit vielen kleinen Initiativen vor Ort. Arbeitnehmer*innen haben Rechte und die erkämpfen wir gemeinsam mit ihnen in der Kneipe, im Betrieb und im Parlament. Durch eine Politik, die wirtschaftlichen Abstieg verhindert, bekommen wir auch die Rechtspopulisten in Bayern wieder klein.
Konkret wollen wir:
- Forderungen wie bezahlbaren Wohnraum oder bezahlbare Energie stärker in eine Gesamterzählung integrieren und zeigen, dass wir eine Gesamtanalyse haben, die wir mit konkreten Forderungen hinterlegen.
- Mehr Druck auf die SPD im Bund aufbauen, sozialpolitische Themen in der Ampel konsequenter und umfangreicher durchzusetzen.
- Neue verteilungspolitische Instrumente wie beispielsweise das Grunderbe, um zu zeigen, dass wir eigene politische Ideen entwickeln und nicht nur Forderungen wiederkauen.
- Stadt und Land – Hand in Hand
Viele von unseren Leuten in den Städten haben das Vertrauen in uns verloren. Zugleich droht die Sozialdemokratie in ländlichen Regionen komplett zu verschwinden. Dem wollen wir durch eine klare Strategie für die Städte sowie den ländlichen Raum entgegenwirken. Wir sind keine zentralisierte Partei von oben, sondern eine starke Stimme vor Ort, die die lokalen Sorgen und Probleme auf dem Schirm hat. Gleichzeitig sind wir nicht inhaltlich beliebig, sondern arbeiten mit einem übergeordneten politischen Ziel.
Die Kommunalwahlen 2026 werden die BayernSPD auf eine harte Probe stellen. Insbesondere auf dem Land haben wir kein Mittel, um gegen die konservativen zu punkten und in den Städten verlieren wir regelmäßig gegen die Grünen. Als gesamte Partei braucht es eine frühzeitig entwickelte Strategie und Unterstützung von der Landesebene für die Kommunen, damit wir einen starken Wahlkampf vor Ort machen können und unsere Genoss*innen in Gemeinde- und Stadträte, sowie Kreistage bringen und auch unsere Bürgermeister*innen Unterstützung erfahren. Dafür braucht es einen Austausch zwischen Kommunalpolitiker*innen und inhaltliche Angebote und Abstimmungsmöglichkeiten in den Kommunen.
Konkret wollen wir:
- lokale Initiativen und Projekte unserer Kreisverbände und Strukturen vor Ort mit Ressourcen und Reichweite der Bayern SPD unterstützen, wenn sie in unsere Gesamterzählung passen.
- Regelmäßig stattfindende Vernetzungsformate für Großstädte sowie den ländlichen Raum, um sich über die jeweils spezifischen Herausforderungen und Erfahrungen zu Lösungswegen auszutauschen.
- Unsere Verankerung vor Ort nutzen und unsere Bürgermeister*innen und Kommunalpolitiker*innen strukturiert einbinden, wenn wir politische Strategien entwickeln
- eine Strategie zum Umgang mit der AfD vor Ort
- Eine Strategie der Gesamtpartei zu den Kommunalwahlen 2026
- Partei als gesellschaftliche Bewegung verstehen
Wir müssen wieder stärker mit gesellschaftlichen Akteur*innen zusammenarbeiten. Wir wollen nicht nur für die SPD werben, sondern vor allem inhaltliche Ziele erreichen. Wir stellen durch eine erfolgreiche Oppositionsarbeit im Land und durch konkrete Bündnisse und Initiativen vor Ort Vertrauen wieder her und etablieren langfristige Kooperationen und Zusammenarbeit. Wir entwickeln eine Strategie, um unsere Arbeit enger mit der Arbeit von Sozialverbänden, Gewerkschaften, etc. zu verzahnen. Wir setzen den Kampf gegen Rechts ganz oben auf unsere Agenda, im Parlament in unseren politischen Positionierungen aber vor allem auch deutlich sichtbar auf der Straße.
Konkret wollen wir:
- uns wieder lauter und fokussierter an zivilgesellschaftlichen Bewegungen und Bündnissen beteiligen.
- insbesondere den zivilgesellschaftlichen Kampf gegen Rechts in den vielfältigen Kooperationen vor Ort als Bayern SPD unterstützen.
- offener sein für zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die mit spezifischen Expertisen und ihrem Profil das inhaltliche und personelle Angebot der Bayern SPD verbessern können.
- die Weiterführung der Unterstützung für Endstation Rechts. Dieser Verein leistet eine starke antifaschistische Arbeit und muss auch in den kommenden Jahren unterstützt werden bei diesem Engagement
- Ein neues Miteinander – Solidarität beginnt in der eigenen Partei
Wir wollen endlich die Polarisierung nach der engen Entscheidung und harten Auseinandersetzung um den Parteivorsitz der BayernSPD 2021 überwinden. Wir stehen vor so großen Herausforderungen, sodass wir wirklich jede Person brauchen, wir wollen alle Interessen einbeziehen. Während wir intern streiten und um Mandate kämpfen, wird die politische Rechte stärker. Schlagkraft und Erfolg für unsere politischen Ziele entwickeln wir nur gemeinsam mit einer offenen Mitmachkultur, ehrlichem und konstruktivem Feedback und einer breit getragenen inhaltlichen Grundlage.
Organisatorische und strukturelle Neuaufstellung
Als Sozialdemokratische Partei haben wir von unserer Substanz gezehrt. Notwendige strukturelle Reformen wurden verschoben oder ignoriert. Ergebnisse früherer struktureller Debatten innerhalb der Partei und der Organisationskommission fanden keine Umsetzung. Daher finden wir uns nach der Landtagswahl in einer Realität wieder, die uns zeigt, dass unsere althergebrachten Formen der Organisation und Struktur weder kampagnenfähig noch tragfähig und nicht im geringsten belastbar sind.
Es ist deshalb an der Zeit, die organisatorischen Fundamente der Partei kompromisslos umzustrukturieren und zu verbessern, bereits angestoßene Strukturprozesse in der SPD umzusetzen. Auch die Strukturen unseres eigenen Verbandes haben dabei noch Optimierungsbedarf. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ehrenamtliches Engagement und hauptamtliche Strukturen zielgerichtet zur Ermöglichung von Kampagnenfähigkeit, kreativer Entfaltung, demokratischer Teilhabe und Belastbarkeit umgebaut werden.
– Es braucht eine Bestandsaufnahme der aktiven und inaktiven Strukturen und Gliederungen der BayernSPD, um Strukturmaßnahmen dort umzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Und gezielt anzupassen
– Wir müssen Verband und Partei im Hinblick auf die Kampagnenfähigkeit und demokratische Teilhabe umstrukturieren und die Ergebnisse der OrgaKom konsequent umsetzen
– Zur Umsetzung von Parteireformbeschlüssen wollen wir ein Monitoring
D: Faschisten raus aus den Parlamenten mit konsequenter materialistischer Politik
Eine rechtsextreme und eine rechtspopulistische Partei sind bei der Landtagswahl als Gewinnerinnen hervorgegangen. Unsere Analyse für die steigende Abwendung von demokratischen Parteien ist die Frustration der Bevölkerung über ökonomische Ungleichheit und Abstiegsängste, verbunden mit der Anerkennung, dass nationalistisches Gedankengut in Deutschland nie weg war und in weiten Teilen der Gesellschaft anschlussfähig ist. Dahingehend lässt sich auch eine zunehmend globalisierungskritische Einstellung erkennen. Damit mobilisiert die AfD verschiedene Zielgruppen und missbraucht ökonomisch enttäuschte Wähler*innen für ihre nationalistische Hetze.
Die derzeitige Bundesregierung ist durchzogen von verkorksten Projekten. Durch die große ideologische Bandbreite, die die Ampel abdeckt, sind wirkliche Fortschritte der sogenannten „Fortschrittskoalition“ in keiner Richtung möglich. Die SPD wird zwischen dem grünen Heizungsgesetz und dem gelben Spardiktat zerrieben und bringt zu wenig ökonomische Vorschläge ein. Dies führt zu einer massiven Unzufriedenheit unserer Leute. Eine sozialdemokratische Regierung, die keine materiellen Verbesserungen erzielt, erzeugt Frustration, die noch durch mediale Berichte über den “Ampel-Streit” angeheizt wird.
Multiple Krisen haben insbesondere diejenigen mit geringem Einkommen und Vermögen in unserer Gesellschaft an den Rand der Existenz getrieben. Die AfD schafft es, in diesen Bevölkerungsgruppen durch Hetze und destruktive Kampagnen die berechtigte Wut der Menschen für sich zu nutzen. Auch als Jusos haben wir es in den letzten Jahren oftmals verpasst, die Themen zu adressieren, die ein Großteil unserer Zielgruppe als drängend erlebt. Oftmals werden wir öffentlich auf Themen reduziert, die gemeinhin als Teil eines Kulturkampfs beschrieben werden. Wir halten daran fest, dass Themen wie
Selbstbestimmung und Gleichberechtigung aller Geschlechter wichtige Themen sind.
Unsere Antwort ist also nicht, diese Themen weniger stark zu bearbeiten. Unsere Antwort hierauf ist, die materielle Dimension dieser Fragestellungen stärker zu betonen und darüber hinaus materielle Themen wieder stärker in unsere Arbeit und vor allem unsere Kampagnen und in unsere Öffentlichkeitsarbeit aufzunehmen. Eine weitere und bisher von uns Jusos in der Analyse vernachlässigte Grundlage für den Erfolg der AfD sind die Abstiegsängste von Menschen mit mittlerem Einkommen. Unsere sozialpolitischen Maßnahmen und Forderungen adressieren vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen und in Armut. Während wir auch in dieser Gruppe kaum eine Verbesserung des Lebens erreichen, vergessen wir diejenigen zu adressieren, die zwar über mittlere Einkommen verfügen, aber sich dennoch berechtigte Sorgen um ihre ökonomische Sicherheit machen. Menschen, die AfD wählen oder es in Erwägung ziehen, befinden sich überwiegend nicht in einer finanziell prekären Situation, aber sie fühlen sich vor möglichen Krisen in der Zukunft nicht ausreichend geschützt.
Weltweiter Wettbewerb verstärkt Unsicherheiten und Abstiegsängste. Auch ist diese Gruppe stark von Steigerungen der Lebenshaltungskosten betroffen, auch sie erleben, dass der Erwerb von Wohneigentum für sie vermutlich niemals möglich sein wird. Daraus resultiert ein Erleben der Verschlechterung der eigenen ökonomischen Situation gegenüber der Elterngeneration.
Diese Unzufriedenheit wird von uns Jusos politisch bislang nicht ausreichend adressiert, unsere Sozialpolitik bezieht sich vor allem auf die untersten Einkommen. Daher müssen wir neben sozialpolitischen Maßnahmen auch deutlich verstärkt verteilungspolitische Instrumente in den Diskurs einbringen. Dabei wollen wir nicht nur von ganz oben nach ganz unten umverteilen, sondern wir wollen ganz oben wegnehmen und es allen darunter geben. Der Verteilungskonflikt verläuft zwischen den reichsten 10% und den anderen 90%, nicht nur zwischen den reichsten und ärmsten 10%.
Wir als Jusos Bayern stellen uns entschieden gegen die Entwicklungen, welche den sozialen Abstieg von Millionen bei gleichbleibenden Reichtum der Wenigen billigend in Kauf nimmt. Bereits im vergangenen Herbst haben wir auf die Gefahr von rechts in ökonomischen Krisen hingewiesen und uns in Bündnissen wie Genug ist Genug eingebracht. Die Entwicklungen haben uns Recht gegeben. Deswegen bekräftigen wir unsere Forderung, die programmatische Entwicklung der SPD auf Bundesebene sowie der Bundesregierung verstärkt an materiellen Fragen auszurichten und den Sozialstaat wieder sichtbar und spürbar zu machen. Es gilt die ökonomische Absicherung der Menschen in den Vordergrund der Politik zu stellen.
Egal ob in der Bildungspolitik, beim bezahlbaren Wohnen oder der Mobilität müssen wir Verteilungsfragen klar adressieren und materialistische Politik umsetzen.
Unabhängig von allen materiellen Fragen spricht die AfD auch einen Teil der Bevölkerung an, der offen rechtsextrem ist und eine Abschaffung unserer Demokratie will. Dem werden wir uns auch weiterhin an der Seite von Antifaschist*innen in Bayern und darüber hinaus auf der Straße und im Parlament entgegenstellen. Wir werden die Normalisierung von Rechtsextremismus nicht hinnehmen und immer laut widersprechen. Wir beteiligen uns an Demonstrationen und Blockaden gegen rechte Aufmärsche und werden in unserem Umfeld nicht müde, auf die faschistische Ausrichtung der AfD hinzuweisen.
Aus vielen Teilen der Partei hören wir Stimmen, die fordern, dass wir das Thema Migration nun stärker ins Zentrum rücken und mit einem schärferen Kurs adressieren müssen. Dem werden wir uns mit aller Kraft entgegenstellen. Die Narrative, dass Geflüchtete den “einfachen Leuten” die Wohnungen oder Arbeitsplätze wegnehmen, sind schlicht falsch. Ja, wir befinden uns in einem Verteilungskampf in unserer Gesellschaft. Und ja, diese Verteilungskämpfe müssen wir hart führen. Aber der Verteilungskampf darf aus sozialdemokratischer Sicht nicht zwischen Arbeiter*innen und Geflüchteten, sondern muss zwischen den reichsten 10% und den übrigen 90% geführt werden. Wohnraum steht immer noch leer, weil Spekulation mehr Geld bringt als Vermietung. Neue Bauprojekte werden aus Renditegründen eingestampft, den Kommunen und Ländern fehlt das Geld für neue Bauprojekte. Das Problem sind nicht die Geflüchteten, das Problem sind die Superreichen in unserem Land. Die Haltung der Sozialdemokratie muss klar sein: Say it loud, say it clear, refugees are welcome here!
E: Forderungen an uns selbst – Wo wir stärker und besser werden müssen
Die Jusos sind das linke Gewissen der SPD. Wir setzen an uns den Anspruch als Jungsozialist*innen, die Sozialdemokratie an ihre Aufgabe als Vertreterin der Arbeiter*innenschaft, der Leute mit niedrigem und mittlerem Einkommen und derer, die in unserer Gesellschaft abgehängt und vergessen werden. Zeitgleich sehen wir uns Jusos ls Stimme der Jugend in unserer Partei – als die Stimme für Schüler*innen, Azubis und Studierende und für die Belange junger Menschen und ihrer Zukunft. Wir partizipieren an der parteiinternen Demokratie, um an Debatten teilzunehmen, in die Partei hinein zu wirken und unsere Inhalte durchzusetzen.
Wir sind Teil von Bewegungen auf der Straße und nehmen an zivilgesellschaftlichen Debatten teil. Wir sind stark, weil wir viele sind und sich unsere engagierten Mitglieder vor Ort einbringen.
In den vergangenen Monaten haben wir gesehen, dass wir diese Stärke nicht mehr in dem Maße entfalten können, wie wir es einmal konnten.
In parteiinternen Debatten und auf Parteitagen sehen wir, dass wir nicht mehr so präsent innerhalb der SPD sind, wie wir es einmal waren. Personaldebatten und Auseinandersetzungen in der Vergangenheit haben unsere Stellung geschwächt. Wir wollen als Jugendverband wieder eine stärkere Rolle innerhalb der SPD einnehmen und als linkes Gewissen verstanden werden, das die progressiven Kräfte in der Partei einen und den Kurs der Partei hin zu einer Ausrichtung bewegen kann, der die Antworten auf die Fragen unserer Zeit gibt. Dazu wollen wir auf Bayern-Ebene, in den Bezirken und den Unterbezirken in der Partei arbeiten und uns in Gremien und an inhaltlichen Debatten beteiligen. Durch mehr personelle Kontinuität und geregelte Übergabeprozesse wollen wir ein besseres Wissensmanagement über Partizipation in der SPD erreichen und uns besser auf die innerparteiliche Arbeit einstellen. Zudem wollen auch wir unseren Fokus auf die Beantwortung von materialistischen Fragen legen und wirtschafts- und sozialpolitischen Ungleichheit bekämpfen, so wie wir es von der Partei erwarten.
Die U18 Wahlen haben gezeigt, dass auch bei Jugendlichen der Rechtspopulismus und Rechtsextremismus immer mehr verfängt. Die Ergebnisse der Landtagswahl haben gezeigt, dass die SPD bei den jüngeren Wähler*innen die schlechtesten Ergebnisse geholt hat.
Wir müssen uns als Verband wieder darum bemühen, den jungen Menschen und ihren Interessen eine Stimme zu geben. Wir wollen Zukunftsperspektiven schaffen und Lösungen aufzeigen, für die Probleme, die junge Menschen aktuell bisweilen an Politik und an älteren Generationen verzweifeln lassen.
Zudem wollen wir unsere Verbindung zu zivilgesellschaftlichen Bewegungen und zur Klimabewegung wieder stärken. Als Jugendverband sehen wir unsere Rolle nicht nur innerhalb der Partei, in der wir Kurskorrekturen erreichen wollen, sondern auch in Bewegungen und auf der Straße, um Druck von außen auf die politischen Entscheidungsträger*innen auszuüben und den Diskurs mitzuprägen. An dieser Doppelstrategie halten wir fest.
Wir Jusos stehen Schulter an Schulter mit der Gewerkschaftsjugend. Die Interessen der arbeitenden Klasse sind die, die wir als Jusos und SPD vertreten müssen.
Gerade fällt auf, dass die SPD schon seit langer Zeit keine Arbeiter*innenpartei ist. Doch gerade diese Verantwortung ist uns historisch gewachsen, wir wollen ein besseres Leben für die Vielen!
Wir müssen es als Jusos schaffen, den Arbeitskampf der Gewerkschaftsjugend zu unterstützen und zu stärken, auf die Art und Weise, wie sie uns braucht und will.
Wir müssen als SPD wieder an den Punkt gelangen, an dem wir als verlässliche Partnerin der Gewerkschaften im Parlament angesehen werden. Wir als Jusos sind mitverantwortlich dafür, die SPD wieder an diesen Punkt zu bringen. Unter anderem müssen wir dafür die Stimmen von Menschen mit und in Ausbildung in unserer Partei und auch bei uns Jusos wieder stärker hörbar machen.
Wir müssen unsere Strukturarbeit verbessern. In ganz Bayern haben zahlreiche Jusos für Landtag und Bezirkstage kandidiert. Wir wollen diese engagierten jungen Menschen stärker in unseren Verband einbinden. Unsere Jugendwahlkampagne hat gezeigt, dass sich die Juso-Strukturen vor Ort in Bayern stark unterscheiden. Insgesamt haben wir einen Rückgang aktiver Strukturen zu verzeichnen. In manchen Gegenden haben wir besonders wenige aktive Unterbezirke. Das müssen wir ändern! Wir wollen Jusoarbeit wieder attraktiv machen und Möglichkeiten und Angebote schaffen, die junge Menschen für Politik begeistern und es ihnen ermöglichen, sich aktiv auf allen Ebenen einzubringen.
Wir wollen unsere Mitgliederstrukturen reaktivieren, unsere Funktionär*innen besser ausbilden – organisatorisch wie inhaltlich – und neue Mitglieder erreichen. Unser Ziel ist es, die Strukturen der Bezirke, Unterbezirke und Kreisverbände wieder stärker an die Jusos Bayern zu binden und untereinander zu vernetzen. Dafür werden wir mit inhaltlichen Debatten, die wir bei den Jusos Bayern führen, zu unseren Untergliederungen vor Ort gehen und in Absprache mit den Bezirken Diskussionsangebote schaffen. Wir wollen direkt mit unseren Mitgliedern ins Gespräch kommen und über inhaltliche Debatten Identifikation mit den Jusos Bayern schaffen.