S12 Selbstbestimmungsrecht von Schwangeren wiederherstellen – Pflichtberatung abschaffen

Status:
Nicht abgestimmt

 

FLINTA*-Personen in unserer Gesellschaft werden noch immer durch veraltete und rückwärtsgewandte Machtkonstellationen unterdrückt. Eine der effektivsten und perfidesten Formen dieser Unterdrückung ist die Fremdbestimmtheit über den gebährfähigen Körper. Allem voran wird schwangeren Personen die Entscheidungsfähigkeit über ihren eigenen Körper und so auch über ihr eigenes Leben abgesprochen.

Wird eine Person ungewollt schwanger und ist sich diese über das weitere Vorgehen nicht im Klaren, bekommt sie im Idealfall von ihrem*ihrer Gynäkolog*in Hinweise zu Beratungsangeboten. Gerade wenn ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden soll, ist ein Umgehen einer Pflichtberatung unmöglich, da erst nach erfolgtem Gespräch ein Beratungsschein ausgestellt wird. Diese Pflichtberatung muss zwar offiziell neutral und ergebnisoffen geführt werden, davon kann aber keine Rede sein, wenn in §219 (StGB) steht, dass die Beratung dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Also nicht etwa der Entscheidungsfindung der schwangeren Person. Die Beratung soll ebenfalls zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen und Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnen. Eine klare moralische Abwertung eines Abbruchs wird schon hier klar. Wie kann also ein Pflichtgespräch, das durch seine bloße Existenz klarmacht, dass Schwangeren keine Entscheidungsfindung ohne Beratung zugetraut wird, keine Belastung darstellen? An dieser Stelle möchten wir klarstellen, wie wichtig es ist, eine freiwillige Beratung in angemessener Nähe zur Verfügung zu haben, deshalb sprechen wir uns auch für die weitere kostendeckende Finanzierung von unabhängigen Beratungsstellen und den Ausbau gerade auch im ländlichen Raum aus. Trotzdem verhindert der Pflichtcharakter des Gesprächs und die Gesetzeslage eine ergebnisoffene Beratung und kann die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen belasten. Auch wenn die schwangere Person sich bereits vor dem Gespräch entschieden hat, macht die Pflichtberatung keinen Sinn, sie zeigt nur, dass hier ein Stück Mündigkeit abgesprochen wird. Die folgende Wartezeit von drei Tagen kann ebenfalls von einigen als belastend wahrgenommen werden, denn das Ziel ist klar, nämlich einen Abbruch zu verhindern. Die Beratung selbst sehen wir als Chance an, die Perspektiven eröffnet, ihr Pflichtcharakter aber ist eine Zumutung. Es soll die bestmögliche Beratung zur richtigen Entscheidung möglich sein und diese richtige Entscheidung ist nicht immer das Fortsetzen der Schwangerschaft.

Wir fordern deshalb:

  • Die Abschaffung von Beratungsscheinen und der stigmatisierenden Pflichtberatung durch die Streichung von §219 StGB. Beratungsstellen sollen trotzdem weiterhin als freiwilliges Angebot finanziert werden, die einen wichtigen Teil zur Aufklärung beitragen.
  • Beratungsstellen müssen auch im ländlichen Raum gut zugänglich und unabhängig von konfessionellen Weisungen sein.
  • Die Aufklärung muss auch durch die durchführenden Ärzt*innen möglich sein.
  • Die komplette Übernahme von Schwangerschaftsabbrüchen und gegebenenfalls die psychotherapeutische Begleitung durch die gesetzlichen Krankenkassen.
  • Besserer Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, denn sie sind Teil der Grundversorgung, die Länder müssen hier ihrem Versorgungsauftrag entgegenkommen.
  • Enttabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, dazu gehört die Aufklärung darüber und über Verhütung in der Schule. Öffentliche Informationsportale, die umfassend über die Möglichkeiten aufklären und die Streichung von §219a, denn auch dieser Paragraf stellt eine Bürde für Schwangere und Ärzt*innen dar. Sexuelle Selbstbestimmung ist nur möglich, wenn frühzeitig informiert und aufgeklärt wird und ein Abbruch frei von der Einflussnahme des Staates und konfessionellen Organen ist und vor der Androhung von Strafe.
  • Die Aufnahme von Abbruchsmöglichkeiten in den Lehrplan des Medizinstudiums.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Version der Antragskommission
Version der Antragskommission:

FLINTA*-Personen in unserer Gesellschaft werden noch immer durch veraltete und rückwärtsgewandte Machtkonstellationen unterdrückt. Eine der effektivsten und perfidesten Formen dieser Unterdrückung ist die Fremdbestimmtheit über den gebährfähigen Körper. Allem voran wird schwangeren Personen die Entscheidungsfähigkeit über ihren eigenen Körper und so auch über ihr eigenes Leben abgesprochen.

Wird eine Person ungewollt schwanger und ist sich diese über das weitere Vorgehen nicht im Klaren, bekommt sie im Idealfall von ihrem*ihrer Gynäkolog*in Hinweise zu Beratungsangeboten. Gerade wenn ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden soll, ist ein Umgehen einer Pflichtberatung unmöglich, da erst nach erfolgtem Gespräch ein Beratungsschein ausgestellt wird. Diese Pflichtberatung muss zwar offiziell neutral und ergebnisoffen geführt werden, davon kann aber keine Rede sein, wenn in §219 (StGB) steht, dass die Beratung dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Also nicht etwa der Entscheidungsfindung der schwangeren Person. Die Beratung soll ebenfalls zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen und Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnen. Eine klare moralische Abwertung eines Abbruchs wird schon hier klar. Wie kann also ein Pflichtgespräch, das durch seine bloße Existenz klarmacht, dass Schwangeren keine Entscheidungsfindung ohne Beratung zugetraut wird, keine Belastung darstellen? An dieser Stelle möchten wir klarstellen, wie wichtig es ist, eine freiwillige Beratung in angemessener Nähe zur Verfügung zu haben, deshalb sprechen wir uns auch für die weitere kostendeckende Finanzierung von unabhängigen Beratungsstellen und den Ausbau gerade auch im ländlichen Raum aus. Trotzdem verhindert der Pflichtcharakter des Gesprächs und die Gesetzeslage eine ergebnisoffene Beratung und kann die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen belasten. Auch wenn die schwangere Person sich bereits vor dem Gespräch entschieden hat, macht die Pflichtberatung keinen Sinn, sie zeigt nur, dass hier ein Stück Mündigkeit abgesprochen wird. Die folgende Wartezeit von drei Tagen kann ebenfalls von einigen als belastend wahrgenommen werden, denn das Ziel ist klar, nämlich einen Abbruch zu verhindern. Die Beratung selbst sehen wir als Chance an, die Perspektiven eröffnet, ihr Pflichtcharakter aber ist eine Zumutung. Es soll die bestmögliche Beratung zur richtigen Entscheidung möglich sein und diese richtige Entscheidung ist nicht immer das Fortsetzen der Schwangerschaft.

Wir fordern deshalb:

  • Beratungsstellen müssen auch im ländlichen Raum gut zugänglich und unabhängig von konfessionellen Weisungen sein.
  • Die Aufklärung muss auch durch die durchführenden Ärzt*innen möglich sein.
  • Die komplette Übernahme von Schwangerschaftsabbrüchen und gegebenenfalls die psychotherapeutische Begleitung durch die gesetzlichen Krankenkassen.
  • Besserer Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, denn sie sind Teil der Grundversorgung, die Länder müssen hier ihrem Versorgungsauftrag entgegenkommen.
  • Enttabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, dazu gehört die Aufklärung darüber und über Verhütung in der Schule. Sexuelle Selbstbestimmung ist nur möglich, wenn frühzeitig informiert und aufgeklärt wird und ein Abbruch frei von der Einflussnahme des Staates und konfessionellen Organen ist und vor der Androhung von Strafe.
  • Die Aufnahme von Abbruchsmöglichkeiten in den Lehrplan des Medizinstudiums.
Barrierefreies PDF: