Wir fordern die Begrenzung der maximal möglichen Anzahl von Stiftungsprofessuren pro kleinster fachlicher Organisationseinheit an Universitäten und Hochschule für angewandte Wissenschaften. Darüber hinaus fordern wir erneut eine angemessene Erhöhung der Grundfinanzierung von Universitäten und HAWs.
Die Universitäten und Hochschulen sind seit Jahren unterfinanziert und gleichzeitig mit einem seit Jahren anhaltenden Anstieg an Erstsemesterstudierenden konfrontiert. Drittmittel, also Gelder, die nicht vom Staat, sondern u.a. von Unternehmen oder unternehmensnahen Stiftungen kommen, sind für die Universitäten und Hochschulen deshalb wichtige Quellen zur Finanzierung von Forschungsaktivitäten. Immer mehr Aufgaben in Forschung und Lehre werden auf diese Weise von der öffentlichen Hand in private Hände übergeben. Neben Projektgeldern oder Laborausstattungen sind Stiftungsprofessuren ein beliebtes Mittel von Unternehmen, um die Forschung in einem bestimmten Fachgebiet zu fördern. Laut einer Studie des Stiftungsverbands für die Deutsche Wissenschaft ist die Zahl der Stiftungslehrstühle in Deutschland in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen. Waren 2009 noch weniger als 2% aller Professuren an deutschen Universitäten Stiftungsprofessuren, liegt die Zahl aktuell bei etwa 2,5% und umfasst mittlerweile rund 660 aktuell laufende Stiftungsprofessuren. Dabei ist noch anzumerken, dass die meisten Stiftungslehrstühle in nur wenigen Bundesländern zu finden sind, insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg und dass sie meist für die Wirtschaftswissenschaften und die MINT-Fächer vorgesehen sind.
Die kürzlich bekannt gewordene Zuwendung von 20 Stiftungsprofessuren für das Institut für Wirtschaftswissenschaften der TU München durch die gemeinnützige Dieter-Schwarz-Stiftung, die zum Gründer der Supermarktkette Lidl gehört, zeigt das Erfordernis, die maximal mögliche Anzahl dieser finanzierten Stellen für ein Universitätsinstitut oder – Department bzw eine HAW-Fakultät zu begrenzen, stellt sich doch die berechtigte Frage, wie unabhängig hier wirklich gearbeitet werden kann, wenn immerhin mehr als ein Drittel eines Fachbereichs von einem Stifter finanziert wird.
Neben der Gefahr einer Beeinflussung der Forschung und Lehre durch das geldgebende Unternehmen/die geldgebende Stiftung ist eine derart große Zuweisung an Stiftungsprofessuren auch deshalb abzulehnen, weil sie das Ungleichgewicht unter den Universitäten und Hochschulen weiter verstärkt. Universitäten wie die TU, die zu den Exzellenz-Universitäten zählen und somit deutlich mehr Forschungsgelder einwerben, ziehen dadurch natürlich auch Spitzenpersonal verstärkt an sich. Dieses Spitzenpersonal bringt wiederum intensivere Kontakte zu großen Unternehmen mit, die bereit sind, Stiftungsprofessuren oder andere Forschungsgelder zur Verfügung zu stellen. Ferner stellen Stiftungsprofessuren auch einen Eingriff in die Fachliche Ausrichtung der Universitäten und Hochschulen dar. So werden Stiftungsprofessuren meist für die Dauer von 5 Jahren, teilweise nur länger, finanziert, die Professor*innen auf diesen Stellen jedoch erhalten diese auf Lebenszeit bzw. unbefristet. Die Universität bzw. HAW verpflichtet sich bei der Annahme einer Stiftungsprofessur, nach Ende der Finanzierung durch das Unternehmen oder die Stiftung, die Stelle durch eigene Haushaltsmitte weiterzuführen – nach Ablauf der Förderzeit müssen somit andere Stellen eingespart worden sein. Auf diese Weise kann ein Forschungsgebiet durch ein Unternehmen/eine Stiftung in eine Universität oder HAW hineingetragen werden, die dann auch nach Ablauf der Förderzeit und dann durch staatliche Gelder vorangetrieben wird. Dies stellt eine inakzeptable Beeinflussung Dritter in die Forschungsrichtung der Universitäten und HAWs dar, der unbedingt durch Deckelung möglicher Stiftungsprofessuren entgegengewirkt werden muss.