Politisches Engagement ist für uns Jusos keine Frage des Alters. Mehr denn je ist es wichtig, dass Jugendliche eine umfassende politische Bildung erhalten, damit die demokratischen Werte in unserer Gesellschaft aktiv gelebt und verteidigt werden. Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass der Frieden in Europa und die bestehenden Freiheiten in der Europäischen Union keine Selbstverständlichkeit sind. Die heutige Generation an Teenagern und jungen Erwachsenen ist in einem Europa aufgewachsen, in dem Freizügigkeit herrscht, in dem es eigentlich keine Binnengrenzen mehr gibt und man fast überall mit der gleichen Währung zahlen kann – ein Europa, in dem wahrhaftig #freistarten kann. Dass man jetzt allen Ortes wieder über Grenzkontrollen, Zäune, Euro- und EU-Austritte nachdenkt, ist sicher nicht auf das Meinungsbild der jungen Generation zurückzuführen. Unter allen demographischen Schichten fühlen sich „die Jungen“ noch am ehesten als Europäer*innen und schätzen die vorhandenen Freiheiten. Wie soll aber diese Generation ernsthaft für Europa und die Demokratie einstehen, wenn sie nicht das Ideal dahinter versteht oder wenn sie in unserer Gesellschaft nichts zu sagen haben?
Man muss gar nicht bis nach Europa denken, um festzustellen, dass jungen Menschen im politischen und gesellschaftlichen Alltag zu wenig Gehör geschenkt wird – wenn sie überhaupt als Meinungsträger*in ernst genommen werden. Die aktuell stattfindende Debatte unter dem Hashtag #diesejungenleute zeigt symptomatisch, wie allein hierzulande mit jungen Mandatsträger*innen, ja überhaupt mit meinungsstarken Jugendlichen umgegangen wird. Der in dieser Debatte aufgekommene Begriff der „Jugenddiskriminierung“ ist nicht weit hergeholt. Wer der Jugend mit so einer Abwertung begegnet, braucht sich nicht zu wundern, wenn irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem Motivation in Verdrossenheit oder gar in Destruktivität umschlägt.
Das Recht auf Beteiligung ist Grundprinzip der UN-Kinderrechtskonvention! Demokratie und Mitbestimmung sind Werte, die bereits im Kindesalter vermittelt und gelebt werden können. So sollten Kinder in Kinderkrippe, Kindergarten und Schule aktiv in sie betreffende Entscheidungen eingebunden werden, um ihnen von klein auf zu zeigen, dass ihre Meinung zählt. Wir als Jusos wollen mehr denn je dieses Recht einfordern und uns als politischer Jugendverband insbesondere für die Mitsprache von Jugendlichen einsetzen. Der Freistaat Bayern soll zu einem Musterbeispiel an Jugendpartizipation werden, auf kommunaler genauso wie auf Bezirks- und Landesebene.
Politische Bildung stärken
Damit demokratische Partizipation grundsätzlich bei jungen Menschen Interesse weckt, vor allem aber so neutral wie möglich an sie herangetragen wird, muss diese in Form von Bildung weiter verstärkt werden. Jugendlichen soll mit attraktiven Angeboten die Möglichkeit gegeben werden, Demokratie besser zu verstehen und somit auch schätzen zu lernen. Hierfür sollen Maßnahmen erarbeitet werden, welche auf Jugendliche zugeschnitten sind. Dieses politische Interesse zu fördern oder gar eine Grundlage dafür zu bieten, ist auch wertvoll für die Gesellschaft als solches. Wenn Menschen die Demokratie besser verstehen, können sie sich auch bewusstmachen, wo die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten liegen. Zudem ist politische Bildung wichtig, um die Gesellschaft vor Folgen durch Populismus zu schützen.
Mehr Jugendbeteiligungsformate
Aktive Beteiligung fängt meistens klein im Kommunalen an. Zu allererst sind die Städte und Gemeinden in der Pflicht, für öffentliche Angebote zu sorgen, über die Jugendliche sich politisch wie kulturell engagieren können. Entsprechende barrierefreie Räume sind ebenfalls zur Verfügung zu stellen. In ländlichen Gegenden scheitert es oft schon an dieser Hürde. Es ist schlichtweg kein Raum zur Entfaltung da, obwohl die Nachfrage bei den Jugendlichen da wäre. Hier müssen die betroffenen Kommunen endlich Abhilfe schaffen. Das ist aber nur der erste Schritt.
Die Ausgestaltung der Angebote für Kinder und Jugendliche darf nie über deren Köpfe hinweg diskutiert und entschieden werden. Warum sollte an Orten, die hauptsächlich von Jugendlichen genutzt werden – Spielplätze, Schulwege, Jugendtreffs – deren Miteinbeziehung nicht selbstverständlich sein? Es geht dabei nicht nur um kreative Prozesse oder ihre Einbeziehung als ehrenamtliche Helfer*innen. Auch bei der konkreten Projektplanung seitens der Kommune fordern wir vom ersten Schritt an Transparenz und eine aktive Mitsprache der betroffenen/beteiligten Jugendlichen auf Augenhöhe.
Ausrichtung an den Bedürfnissen junger Menschen
Jugendbeteiligungsformate müssen altersangemessen, niederschwellig und motivierend gestaltet werden. Hierfür sind innovative Methoden zur Gestaltung von Diskussions- und Gruppenprozessen einzusetzen.
Finanzielle Ressourcen
Zur breiten Bewerbung des Beteiligungsformates und für die Durchführung sind finanzielle Ressourcen vonnöten, die seitens der Gemeinde bereitzustellen sind. Förderungsmöglichkeiten seitens des Freistaates sind zu prüfen und zu nutzen.
Transparenz
Um die Selbstwirksamkeit zu stärken und nicht „Politikverdrossenheit“ zu fördern, müssen die tatsächlichen Auswirkungen der Ergebnisse auf Entscheidungen transparent dargestellt werden. Zu diesem Zwecke müssen analog Art. 18 (4) der Gemeindeordnung die Empfehlungen des Beteiligungsformates innerhalb einer Frist von drei Monaten im Gemeinderat behandelt werden. Bei den Gemeinderatssitzungen, bei denen die Anliegen des Beteiligungsformates behandelt werden, ist gewählten Vertreter*innen aus diesem Beteiligungsformat Rederecht einzuräumen. Den Jugendlichen ist über den Verlauf und die Auswirkungen ihrer eingereichten Empfehlung durch die Stadtspitze Bericht zu erstatten. Träger und Organisationen, die in dem Bereich tätig sind, wie die Schüler*innenvertretung, der Kreis-/Stadtjugendring und Träger der Jugendarbeit, sind bei der Bearbeitung des Konzeptes mit einzubeziehen.
Jugendräte und Jugendparlamente
In vielen Kommunen existieren bereits so genannte Jugendräte, genauso wie Senioren-, Behinderten- oder Migrations-/Ausländerräte. Ihr Aufgabenbereich und der Umfang ihres Mitspracherechts folgt jedoch keiner klaren Linie. Mancherorts haben Jugendräte Verantwortung über ein eigenes Budget und sind vollwertige Berater des Stadt- oder Gemeinderats, mancherorts sind sie reine Beratungsstellen nach außen oder ihre Verantwortung wird auf die Organisation von Grillfesten reduziert.
Wenn Kommunen schon einen Jugendrat einsetzen, müssen sie seine Funktion und dessen Gestaltungsmöglichkeiten ernst nehmen und ihn proaktiv an die Jugendlichen herantragen. Eine Möglichkeit, der Sache mehr Gewicht zu verleihen, ist die Weiterentwicklung hin zu Jugendparlamenten, begleitet von Fachkräften. Das Budget wäre dann ein „Haushalt im Haushalt“ und würde „unter kommunalpolitischen Bedingungen“ verteilt werden. Diese Form würde zusätzlich die politische Bildung der Beteiligten stärken, nicht nur zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung beitragen.
Als Alternative zu Jugendräten und Jugendparlamenten könnten Stadtschüler*innenvertretungen eingesetzt werden. Diese nehmen ein bildungs- und allgemeinpolitisches Mandat für die Belange von jungen Menschen ein und sind in den entsprechenden Ausschüssen der Kommunalpolitik antragsberechtigt. Die Arbeit den SSVen findet kontinuierlich statt. Wichtig ist, dass die Jugendliche über echte Entscheidungs- und Budgetkompetenzen verfügen, damit die Angebote keine Scheinpartizipation darstellen.
Schülermitverwaltung und Auszubildendenräte
Die Schüler*innenvertretungsstruktur an den meisten Schulen fußt auf einem repräsentativen Vertretungssystem. Wir haben also Klassensprecher*innen, die ihre Klasse vertreten und bei der Klassensprecher*innenversammlung Schulsprecher*innen wählen, die die Schüler*innen der gesamten Schule vertreten. Diese bilden zusammen mit interessierten Schüler*innen und den Klassensprecher*innen die SMV. Dies wird an verschiedenen Schulen unterschiedlich geregelt, die SMV hat bisher an den Schulen auch sehr viele Organisatorische Aufgaben. Diese Möglichkeit soll weiterhin erhalten bleiben, trotzdem wünschen wir uns eine grundlegende Reform in diesem Bereich. Das oberste Gremium der Schüler*innenvertretung ist die regelmäßig (mind. Einmal im Monat) tagende Klassensprecher*innenkonferenz. Diese Wählt weiterhin Schulsprecher*innen. Dieses Gremium soll auch eine finanzielle Ausstattung erhalten durch Landesmittel, die es fähig macht Aktionen zu organisieren. Das Gremium hat außerdem noch das Recht auf die Entsendung von zwei Schüler*innen in jede Fachkonferenz. Die Schüler*innen besitzen dort eine beratende Funktion. Das Schulforum wird in der bestehenden Form abgeschafft. Die Hauptakteur*innen der Schule sind Lehrer*innen und Schüler*innen, die von nun an in einem paritätisch besetztem Gremium die Entscheidungen vom Schulforum übernehmen. Die Größe dieses Gremiums bemisst sich an der Schulgröße.
Endlich Wahlen ab 14 – für Landtags-, Bezirkstags- und Kommunalwahlen!
Die Grundform demokratischer Beteiligung ist die freie, geheime Wahl. Gerade hier sind Jugendliche immer noch von der politischen Mitgestaltung ausgeschlossen, was einfach nicht mehr zeitgemäß ist – um zu nicht zu sagen „antidemokratisch“. Der Vorschlag, ein Wahlrecht ab 16 im Freistaat Bayern einzuführen, stößt vor allem bei der CSU regelmäßig auf strikte Ablehnung, obwohl es inzwischen in anderen Bundesländern schon erfolgreich angewendet wird. In den Köpfen mancher Christsozialen haben Jugendliche in diesem Alter noch nicht ausreichend Lebenserfahrung, um politisch urteilsfähig zu sein. Deshalb könnten Sie auch die Rechtsfolgen ihrer Handlungen nicht abschätzen. Wir sind der Meinung, dass junge Menschen durchaus in der Lage sind, politisch mitzubestimmen. Ab 14 Jahren darf man sich sowohl die Religions- als auch die Parteizugehörigkeit selbst aussuchen. Wir sind der Meinung, wer so weitreichende Entschei-dungen treffen darf, sollte auch schon wählen dürfen.
Eine weitere angebliche Binsenweisheit besagt, dass Jugendliche anfälliger für den Einfluss von Extremisten seien. Allein ein Blick auf das Wahlverhalten bei der Bundestagswahl 2017 zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Bundesweit bei den 18- bis 29-Jährigen ist nach Umfragen die AfD nur sechststärkste Kraft geworden, gleichauf mit der Linken. Die Aussage, dass die Ränder bei den Jugendlichen grundsätzlich populärer wären, ist genauso pauschal und falsch wie alle Argumente, die von den Gegnern der Herabsetzung des Wahlalters kommen. Kein Bundesland, das sein Wahlalter herabgesetzt hat, ist dadurch umgestürzt worden.
Wir fordern daher das aktive und passive Wahlrecht im Freistaat Bayern auf 14 Jahre – zuerst bei den Kommunalwahlen 2020 und dann mit den Landtags- und Bezirkstagswahlen 2023 auch ab Landesebene.